Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Waffen für die Ukraine Scholz wird vorgeführt
Frankreich hat angekündigt, leichte Panzer an die Ukraine zu liefern. Warum das gefährliche Folgen für Deutschland und Europa haben kann.
"Nicht ohne unsere Verbündeten": Das war die Erklärung, die Bundeskanzler Olaf Scholz immer wie eine Monstranz vor sich hertrug, wenn Deutschland um schwere Waffen für die Ukraine gebeten wurde. Man unterstütze die Ukraine voll und ganz, aber in enger Koordination mit den europäischen Partnern und den USA, ergänzte er oft.
Nun muss der deutsche Regierungschef erleben, wie Frankreich ihn vorführt. Denn aus dem dortigen Präsidentenpalast wurde am Mittwoch gestreut, man werde "leichte Kampfpanzer" in die Ukraine senden. Und stolz tönt man im Élysée, dies sei das erste Mal, dass Panzer westlicher Bauart geliefert würden.
Sieht man näher hin, erweist sich die Geste als nicht ganz so groß. Es geht um alte Spähpanzer, und Frankreich lag bei den Waffenlieferungen bislang deutlich hinter Deutschland zurück. Aber wie so oft kommt es auch hier auf die Symbolik an. Und die ist deutlich: Frankreich liefert, Deutschland duckt sich weg.
Es geht um die Macht in Europa
Dahinter steckt auch ein Kampf um die Macht in Europa. Schon in der Vergangenheit hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versucht, Deutschland die Führungsrolle streitig zu machen. Als er merkte, dass Donald Trump die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mochte, biederte er sich flugs beim damaligen US-Präsidenten als dessen Mann in Europa an. Als "Bromance" verspotteten die Medien diesen Versuch, wenngleich der kläglich endete, weil selbst Profi-Charmeur Macron beim amerikanischen Egomanen nicht dauerhaft landen konnte.
Jetzt unternimmt Macron einen neuen Anlauf, sein Land als wichtigste politische Kraft in der EU zu etablieren. Dass er überhaupt diese Chance hat, liegt daran, dass Scholz noch relativ frisch im Amt und seine Position in der EU noch nicht stabil ist.
Es liegt aber auch an Olaf Scholz selbst. Denn der Kanzler macht zwar gerne Ankündigungen mit Wumms und manchmal sogar Doppelwumms. Doch die Umsetzung bleibt er oft schuldig. Verstärkt wird dies durch eine mangelhafte Kommunikation. So hat Deutschland seine anfängliche große Zurückhaltung bei der Unterstützung der Ukraine schon längst aufgegeben. Der Eindruck, Deutschland liefere nichts als Helme und leere Worte, bröckelt nur langsam. Im Baltikum und in Polen hat man kein Vertrauen mehr in den deutschen Partner.
Hier könnte Scholz wohl von Macron lernen, der sich auf große Ankündigungen versteht. Und damit im Gegensatz zu seinem deutschen Amtskollegen oft als "Macher" wirkt.
Macron könnte sich verkalkulieren
Aber es geht nicht nur um Worte. Deutschland wirkt nach wie vor zaudernd. Ganz so, als habe es die alte Rolle jener Nachkriegsnation, die sich nur durch ständige Demutsgesten und militärische Zurückhaltung wieder einen Platz in der internationalen Weltordnung erarbeiten kann, noch nicht abgestreift. Dabei haben sich die Zeiten geändert. Die Gegenwart bestellt eben jene Führung bei Scholz, die zu liefern er einmal versprochen hat. Das würde aber auch bedeuten, mit mutigen Entscheidungen voranzugehen, anstatt nach rechts und nach links zu linsen, was die Nachbarn denn so tun. Sonst ist der Führungsanspruch dauerhaft verspielt. Was für die größte Volkswirtschaft Europas fatal wäre.
Emmanuel Macron muss seinerseits aufpassen, dass er sich nicht verkalkuliert. Sein Land hat mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen, die Energiekrise wirkt sich dort noch viel drastischer aus als in Deutschland. Für den französischen Präsidenten ist es viel wichtiger, diese in den Griff zu bekommen, als der wichtigste Mann Europas zu werden. Sonst dürfte der rechtsextremen Anti-Europäerin Marine Le Pen der Sieg bei der nächsten Präsidentschaftswahl sicher sein. Dann wären Scholz und Macron gleichermaßen verantwortlich dafür, die Zukunft Europas verspielt zu haben.
- Eigene Recherchen