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Donald Trump in Butler: So extrem war seine Rückkehr an den Attentats-Ort


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Wahlkampf kulthafter als je zuvor
Trumps mysteriöse Engelsbotschaft


06.10.2024Lesedauer: 6 Min.
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Donald Trumps Rückkehr nach Butler: t-online-Korrespondent Bastian Brauns berichtet von dem Event. (Quelle: t-online)
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In Butler war Donald Trump dem Tod nur knapp entkommen. Drei Monate später gibt er hier den Unbezwingbaren. Sein Wahlkampfauftritt wird zu einem Festival des Populismus – mit einem ganz besonderen Gast.

Bastian Brauns berichtet aus Butler, Pennsylvania

Am frühen Abend verkündet Donald Trumps Sohn Eric in Butler vor Zehntausenden Menschen, worum es wirklich geht. "Ich liebe euch alle so sehr. Ich meine das wirklich so. Das ist Familie. Das ist nicht Politik", sagt er. "Leute, wirklich. Es geht hier nicht um Politik. Es geht hier um eine Bewegung der absoluten Liebe", so Eric Trump. Und darum müsse Donald Trump wiedergewählt werden. "Wir lieben dich", schallt es im Chor aus der Menge zurück.

Auf diesem vermeintlich unpolitischen "Festival der Liebe" steht neben ihm seine Ehefrau Lara, inzwischen die Parteivorsitzende der Republikaner. Es ist Familie. Und sie möchte sich darum kümmern, wie sie sagt, dass die Demokraten bei der Wahl nicht wieder betrügen würden. Ihre Botschaft: "Wer vorhat, bei dieser Wahl zu betrügen, den werden wir finden und verfolgen."

Donald Trump und sein Wahlkampfteam sind zurückgekehrt nach Butler, wo er im Juli nur knapp einem Attentatsversuch entging. Zum zweiten Mal also will er in jener scheinbar unbedeutende Kleinstadt im tiefen Westen von Pennsylvania auftreten, rund 50 Kilometer vor den Toren der früheren Stahlstadt Pittsburgh gelegen. Im Zweiten Weltkrieg wurde in Butler der Jeep als dringend benötigtes Transportmittel erfunden. Der letzte demokratische Präsidentschaftskandidat, der hier gewinnen konnte, war Lyndon B. Johnson im Jahr 1964.

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Für die Republikaner und erst recht für Donald Trump ist Butler in dem Swing State eigentlich eine sichere Bank. Doch es geht hier um ein Signal, das über diesen wichtigen Bundesstaat hinaus ins ganze Land wirken soll. Jeder, der glaubt, dass Trump womöglich Strahlkraft verloren haben könnte, soll in Butler eines Besseren belehrt werden. Es soll mehr sein als nur die Wiederauferstehung Trumps nach dem Attentat. Es soll ein Festival der Unbesiegbarkeit sein. Was heute in Butler passiert, soll ebenfalls historisch sein, weil es den Grundstein für seinen Wahlsieg in genau einem Monat legen soll.

Über Eric und Lara Trump weht an diesem Samstag ein gigantisches Banner im Wind – die amerikanische Flagge aus weiß-roten Streifen und weißen Sternen auf blauem Grund. Hochgezogen von zwei mobilen Baukränen. Genau hier hatte Donald Trump auch im Juli gestanden, als er nur knapp den Schüssen des Attentäters entkam. Die Flagge hing damals auch über ihm. Im Wind hatte sie sich dabei verheddert. Für die Anwesenden heute ein Symbol Gottes. Denn die Form soll die eines Kreuzes oder eines Engels gewesen sein. Die Trump-Kampagne hat die "Engels-Flagge" darum überall platziert, selbst auf den Presseausweisen für die Reporter.

Auch Mark Henry hat sich davon inspirieren lassen. Er arbeitet als Künstler und hat auf dem Rallye-Gelände seine Maler-Staffelei aufgestellt. "Donald Trump hat eine Affinität zu Engel Michael", sagt er. Als er bei dem Attentat auf Trump die Fahne über ihm erblickt habe, sei ihm darum die Idee gekommen, beides zu einem Schutzengel-Porträt zu vereinen. "Ich rede nicht gerne über Politik, sondern über Leidenschaft", sagt er. Dass aber die Regierung das Geld lieber an illegale Einwanderer statt an Amerikaner gebe, das passt ihm nicht.

Auch darum setzt Mark Henry all seine Hoffnung auf Trump. Und der kommt schließlich nicht einfach so zurück. Mit seinem Privatflugzeug "Trump Force One", die der Präsidentenmaschine "Air Force One" nachempfunden ist, fliegt er über dem Festivalgelände ein und lässt eine Extrarunde über seinen jubelnden Anhängern drehen. Zuvor waren außerdem Fallschirmspringer mit wehender US-Flagge abgesprungen und landeten genau an jenem Punkt am Boden, wo der Trump-Attentäter schließlich erschossen worden war. Noch eine solche Symbolik der Unbezwingbarkeit.

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Bis Trump vom Flughafen kommt, tritt nach Eric und Lara Trump noch Vizekandidat J. D. Vance auf. Als er von den verhinderten Attentaten auf Trump in Butler und später an dessen Golfklub in Florida spricht, sagt Vance konsequent: "They did it" und "They did it again", also "Sie haben es getan" und "Sie haben es wieder getan". Damit meint Vance aber nicht die Attentäter. Er spielt auf die Demokraten an. Ganz so, als wäre alles ein Plot gewesen, um Trump endgültig zu erledigen.

Die Attentate auf Trump fügt Vance damit ein in die schon bekannten Erzählungen: "Sie" haben bei der Wahl betrogen. "Sie" hetzen Trump, dem Unschuldigen, die Justiz auf den Hals. Und weil auch das nicht gelingt, versuchen "sie", ihn schließlich umzubringen, mehrfach. Aber Trump, das soll hier in Butler die Botschaft sein, ist stärker und gewissermaßen übermenschlich. Auch dank Gottes Hilfe.

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Tatsächlich sind an diesem Tag mehr als 20.000 Menschen dem Ruf ihres Anführers der "Make America Great Again"-Bewegung gefolgt. Schon am Morgen um 6 Uhr hat sich die Schlange vor dem Rallye-Gelände gebildet, einer großen Wiese neben dem kleinen Regionalflughafen, wo sonst nur einmal im Jahr eine Landwirtschaftsmesse stattfindet. Gegen 10 Uhr stehen die Anhänger bereits über mehrere Kilometer an. Mehr als 12 Stunden werden sie in der prallen Sonne ausharren, bis sie Trump sprechen hören, beim MAGA-Woodstock in Pennsylvania.

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Das Attentat und seine Folgen sind in Butler allgegenwärtig. Bei dem gescheiterten Attentat auf Donald Trump wurde der Präsidentschaftskandidat leicht am Ohr verletzt. Ein Feuerwehrmann aus der Region erlag hingegen seinen Verletzungen im Publikum auf der Tribüne. Dort, wo Corey Comperatore im Juli gesessen hatte, bevor ihn die Schüsse des Attentäters trafen, liegt heute seine gelbe Feuerwehruniform.

Im Publikum warten Lisa und Charles Buttermore auf Donald Trump. Sie kommen aus der Gegend, kannten den getöteten Feuerwehrmann aber nicht persönlich. Sie sind gezielt zu dieser zweiten Trump-Rallye gekommen, um ihre Solidarität mit Trump zu zeigen. Denn, so sagen sie, in den USA gehe es für viele immer mehr bergab.

"Der Sohn unserer Nachbarn ist an einer Überdosis gestorben", sagt Lisa. Der sei süchtig nach Opiod-Schmerzmittlen geworden und habe dann Fentanyl genommen. "Ich kann diese Schreie seiner Eltern einfach nicht vergessen", sagt sie. Ihre Augen wirken abwesend, so als hätte sie sie gerade wieder gehört. "Sie haben ihn vor seinem Computer gefunden", erklärt Charles. Als er selbst zu Hilfe gekommen sei, habe er nichts mehr machen können. "Er war schon ganz kalt und steif." Der Vorfall habe sich allerdings 2018 ereignet. Der Präsident hieß damals Donald Trump.

Christopher Wess erinnert sich noch an den Tag im Juli, als die Schüsse fielen. "Das war eine ziemlich traumatische Erfahrung", sagt er. Weil bei dem Schusswechsel auch Teile der großen Lautsprecher zu Boden stürzten, habe er sich auf seine Frau und seinen Sohn geworfen, damit ihnen nichts passiert. "Meine Frau hat danach nicht gut geschlafen. Und ich habe ein paar Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung", sagt Wess. Zweifel, dass Trump die Wahl gewinnt, hat er nicht. "Er hat bisher jede Wahl gewonnen", sagt er und spielt damit auf die Behauptung an, die Demokraten hätten die Wahl 2020 von Trump gestohlen.

Als Trump schließlich auf die Bühne kommt, will er zunächst gemeinsam mit seinen Anhängern um Corey Comperatore trauern. Und um Wahlkampf zu machen. "Corey hätte das gewollt, da bin ich sicher", sagt Trump auf der Bühne. Dann blickt er in den Himmel und grüßt den dort verorteten Feuerwehrmann. "Es gibt Menschen, die nicht umsonst gestorben sind", sagt Trump. Für die Inszenierung lässt er sogar einen Opernsänger einfliegen, der auf der Bühne neben ihm nach einer Trauerminute eine Arie singt. Auch den New Yorker Künstler Scott Lobaido lässt er kommen. Auf der Bühne malt dieser die amerikanische Flagge auf eine Leinwand, mit dem Konterfei des Feuerwehrmanns.

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Der Höhepunkt der gegenseitigen Beschwörung aber ist an diesem Abend der reichste Mann der Welt: Elon Musk, Besitzer von Tesla, X und SpaceX greift damit zum ersten Mal nicht nur mit Millionen-Spenden und bissigen Posts auf seiner Plattform in den Wahlkampf ein, sondern auch mit seiner Anwesenheit. Auf dem Kopf trägt er eine schwarze MAGA-Mütze, springt auf die Bühne, stellt sich ans Mikrofron und spricht eine Warnung aus. Wer jetzt nicht wählen gehe oder vergesse, sich zu registrieren, der müsse damit rechnen, dass "diese Wahl die letzte sei". Das, so Musk, sei seine Prophezeiung. Denn die Demokraten würden nicht nur die freie Rede, sondern auch das Wahlrecht abschaffen wollen.

"Charakter zeigt sich, wenn man unter Beschuss steht", sagt Musk dann neben Trump stehend und macht sich über den noch im Amt befindlichen US-Präsidenten lustig. Biden könne nicht mal die Treppen zu seinem Flugzeug hochsteigen. Trump hingegen würde sogar einem Attentat widerstehen. "Amerika ist doch das Land der Mutigen", sagt Musk. Darum sollten sich alle gut überlegen, von wem sie repräsentiert werden wollten.

Als Donald Trump nach Elon Musk noch immer redet, verlassen die Menschen bereits in Massen das Gelände. Dabei haben sie den ganzen Tag auf Trump gewartet. Aber nach mehr als 12 Stunden werden bei einigen die Beine schwach. Eine Frau sagt: "Wäre er früher auf die Bühne gekommen, hätte ich mir alles angehört." Eine andere: "Wir haben Hunde zu Hause." Gegen menschliche und tierische Bedürfnisse wie Müdigkeit oder Hunger kann selbst Trumps "Liebes“-Kult nichts ausrichten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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