"Eklatante Verletzung der roten Linien" Palästinenser umsiedeln? Trumps Pläne treffen auf Widerstand
Donald Trump hat einen radikalen Vorschlag für den Umgang mit Palästinensern in Gaza vorgelegt. Aus Israel gibt es dafür von rechtsextremen Politikern Zuspruch.
US-Präsident Donald Trump ist mit seiner Idee einer Umsiedlung von Bewohnern des zerstörten Gazastreifens in andere arabische Länder bei den Betroffenen auf entschiedene Ablehnung gestoßen. Nur rechtsextreme Politiker in Israel wie Finanzminister Bezalel Smotrich oder der frühere Polizeiminister Itamar Ben-Gvir begrüßten den Vorschlag, die im Gazastreifen herrschende Hamas kündigte umgehend Widerstand an.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas warnte vor einer möglichen Vertreibung der Bewohner des Küstenstreifens, die "eine eklatante Verletzung der roten Linien" darstellen würde. "Unser Volk wird unerschütterlich bleiben und seine Heimat nicht verlassen", stand in einer Erklärung des Präsidentenbüros in Ramallah im Westjordanland.
Trump will langfristige Umsiedlung
Trump bezeichnete das kriegsverwüstete Palästinensergebiet am Samstag als "Abrissgebiet", für einen Frieden im Nahen Osten sei es "zu räumen". Im Laufe der Jahrhunderte habe es im Gazastreifen bereits "viele, viele Konflikte" gegeben, sagte Trump an Bord der Air Force One vor Journalisten. Es müsse "irgendetwas" geschehen. "Sie sprechen da von anderthalb Millionen Menschen, und wir räumen einfach alles weg", führte der neue US-Präsident mit Blick auf die Menschen im Gazastreifen aus, wobei er eine deutlich niedrigere Einwohnerzahl nannte als die allgemeine Schätzung von 2,4 Millionen Einwohnern. Die Umsiedlung könne "vorübergehend oder langfristig" sein.
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Trump hat nach eigenen Angaben den Vorschlag bereits mit dem jordanischen König Abdullah II. erörtert. Voraussichtlich am Sonntag werde er auch mit dem ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi darüber sprechen. "Ich möchte, dass Ägypten Menschen aufnimmt. Und ich möchte, dass Jordanien Menschen aufnimmt", sagte Trump.
Ägypten und Jordanien wiesen Trumps Vorschlag jedoch zunächst zurück. Jordaniens Außenminister Aiman al-Safadi erklärte, sein Land sei strikt gegen Zwangsumsiedlungen von Palästinensern. "Unsere ablehnende Haltung hinsichtlich einer Vertreibung von Palästinensern steht und wird sich nicht ändern", betonte Safadi. Ägypten bekräftigte ebenfalls, es sei gegen die Verletzung der Rechte der Palästinenser durch Vertreibung oder Förderung der Umsiedlung von Palästinensern von ihrem Land, sei es vorübergehend oder auf lange Sicht.
Ägypten hatte schon in der Vergangenheit jede "erzwungene Umsiedlung" von Palästinensern aus dem Gazastreifen in die Sinai-Wüste abgelehnt. Al-Sisi warnte, ein solches Vorgehen könne den 1979 geschlossenen Friedensvertrag seines Landes mit Israel gefährden. In Jordanien sind nach UN-Angaben bereits 2,3 Millionen palästinensische Flüchtlinge registriert.
Die Mehrheit der Menschen im Gazastreifen ist seit dem Beginn des Krieges, der durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden war, innerhalb des Palästinensergebiets vertrieben worden, viele von ihnen bereits mehrfach. Seit dem 19. Januar gilt für zunächst sechs Wochen eine Waffenruhe im Gazastreifen, in deren Verlauf die Hamas insgesamt 33 ihrer israelischen Geiseln freilassen soll.
"Fast alles ist zerstört und die Menschen sterben dort", sagte Trump zur Lage im Gazastreifen. "Deshalb würde ich lieber mit einigen arabischen Ländern zusammenarbeiten und an einem anderen Ort Wohnungen bauen, wo sie vielleicht zur Abwechslung einmal in Frieden leben können."
Israelischer Minister lobt Idee
"Die Idee, für sie andere Orte zu finden, in denen sie ein besseres Leben beginnen können, ist eine großartige Idee", lobte der israelische Minister Smotrich Trumps Vorstoß. "Nach Jahren der Glorifizierung von Terrorismus werden sie in der Lage sein, ein neues und gutes Leben an anderen Orten aufzubauen", fügte der rechtsextreme Politiker mit Blick auf die Herrschaft der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen hinzu.
Smotrich will nach eigenen Angaben mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und dem Kabinett daran arbeiten, Trumps Plan "so bald wie möglich umzusetzen". Nur unkonventionelle Überlegungen zur Beilegung des Nahost-Konflikts könnten eine "Lösung des Friedens und der Sicherheit" bringen, sagte er.
Hamas lehnt Plan ab
Die Hamas lehnt eine Umsiedlungsaktion hingegen entschieden ab. "Wie es im Laufe der Jahrzehnte jeden Plan für Vertreibung und alternative Heimatländer zunichte gemacht hat, wird unser Volk auch solche Vorhaben zunichte machen", sagte das Hamas-Politbüro-Mitglied Bassem Naim am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.
Die mit der Hamas verbündete Miliz Islamischer Dschihad nannte Trumps Vorstoß "erbärmlich". Er fördere "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit", "indem unser Volk gezwungen wird, sein Land zu verlassen".
Die 2,4 Millionen Einwohner des Gazastreifens sind zumeist palästinensische Flüchtlinge oder deren Nachfahren. Ihre Umsiedlung aus dem Gazastreifen in andere Länder würde bei den Palästinensern düstere Erinnerungen an ein Ereignis wecken, das in der arabischen Welt als "Nakba", also "Katastrophe", bekannt ist: Die Massenvertreibung von Palästinensern im Zuge von Israels Staatsgründung 1948.
Gaza großflächig zerstört
Durch die Luftangriffe und Kämpfe im Gaza-Krieg wurden große Teile der Infrastruktur des Palästinensergebietes dem Erdboden gleichgemacht. Nach einer UN-Analyse waren am 1. Dezember etwa 69 Prozent der Gebäude im Gazastreifen zerstört oder beschädigt. Die Hälfte der Krankenhäuser und ein Großteil der Schulen sind nicht mehr in Betrieb.
Trump ist ein entschiedener Unterstützer Israels. Er kündigte am Samstag eine Ausweitung der US-Rüstungslieferungen an: "Viele Dinge, die von Israel bestellt und bezahlt, aber von Biden nicht geliefert wurden, sind jetzt auf dem Weg." Der israelische Außenminister Gideon Saar reagierte erfreut. "Danke, Präsident Trump", schrieb er im Onlinedienst X.
Der US-Präsident nannte keine konkreten Waffen. Laut der Nachrichtenseite "Axios" hat er das US-Verteidigungsministerium angeordnet, die Sperre für die Lieferung von 2000-Pfund-Bomben aufzuheben, die sein Vorgänger Joe Biden wegen des israelischen Bodeneinsatzes im Gazastreifen verhängt hatte.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp