Demokraten im US-Wahlkampf: Kamala Harris – wer ist ihr Vize Tim Walz?

Er war einer von zwei Favoriten im Rennen um die Vizepräsidentschaftskandidatur der Demokraten. Nun hat sich Kamala Harris für Tim Walz entschieden.

Seit Dienstagabend (Ortszeit) ist es offiziell: Tim Walz ist der US-Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten. Gemeinsam mit Kamala Harris wollen sie das Duo Trump/Vance bezwingen. Das Votum auf dem Parteitag war allerdings nur zeremonieller Natur.

Wegen wahlrechtlicher Bestimmungen hatten die Demokraten Harris als Präsidentschaftskandidatin und Tim Walz als ihren sogenannten "Running Mate" bereits online bestätigt. Am Mittwochabend wird der 60-Jährige, der seit 2018 Gouverneur des an Kanada grenzenden Bundestaats Minnesota ist, seine erste große Rede auf dem Parteitag halten.

Walz positioniert sich selbst als moderater, aber dennoch progressiver Demokrat. Seine Kampagne baut auf seiner Erfahrung als Lehrer und American-Football-Trainer auf. Als Coach war er erfolgreich. Sein Team von der Mankato West High School in Minnesota konnte unter seiner Führung im Jahr 1999 die Meisterschaft im Bundesstaat gewinnen. Champion will er auch mit Kamala Harris bei den Präsidentschaftswahlen werden.

Mit seiner Art fiel der heutige Vizepräsidentschaftskandidat damals im ländlichen Minnesota auf. "Eine ungestüme, laute, energiegeladene Person zu haben, war für die Menschen in der Umgebung wirklich fremd. Seine Energie war anders als das, was unsere Gemeinschaft gewohnt war", erklärt Dan Clement, ein ehemaliger Highschool-Football-Spieler unter Walz der "Washington Post". Diese Energie bringt der heute 60-Jährige auch in den US-Wahlkampf mit – und überzeugt die Wählerinnen und Wähler mit seiner "Dad Energy", wie es in einem Video auf der Plattform TikTok heißt.

Der Gouverneur gilt als besonders nahbar

Als Walz' große Stärke gilt seine Nahbarkeit. Er wirkt wie der freundliche Vater von nebenan, der dem zugezogenen jungen Paar bei der Reparatur des Autos hilft oder ihnen wie selbstverständlich die Heckenschere ausleiht. Seine berufliche Karriere als Soldat, Lehrer und Football-Trainer verleiht ihm laut seiner ehemaligen Senatskollegin Heidi Heitkamp das Image eines "Menschen mit gelebter Erfahrung". Walz' Karriere sei vergleichbar mit der von "so vielen Menschen im ländlichen Amerika", sagt Heitkamp dem Wirtschaftsmagazin "Forbes".

Das macht Walz für die Präsidentschaftskandidatin Harris äußerst wertvoll, denn der Kalifornierin hängt der Nimbus der liberalen Großstadtlinken an – einer Gruppe, von denen sich die traditionelle Arbeiterschicht in den USA vernachlässigt fühlt. Walz könnte genau diese Menschen abholen und ihre Stimmen in das Lager der Demokraten führen.

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Doch nicht nur seine berufliche Karriere macht Tim Walz in den Augen vieler US-Demokraten zum idealen Kandidaten auf das Amt des Vizepräsidenten. Moderate Wähler schätzen ihn wegen seines Images als Familienmensch. Seine Frau Gwen ist ebenfalls Lehrerin, die sich insbesondere für Bildungschancen von Gefängnisinsassen einsetzt.

Walz kämpft für Abtreibungsrechte

Die Geburt der beiden Töchter Hope und Gus war für das Ehepaar Walz nur durch künstliche Befruchtung möglich. Auch deshalb setzt sich der Gouverneur von Minnesota intensiv für Abtreibungsrechte und Hilfe für Menschen ein, die auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen können. "Wenn Sie noch nie persönlich durch die Hölle der Unfruchtbarkeit gegangen sind, garantiere ich Ihnen, dass jemand, den Sie kennen, dies getan hat", sagte Walz im März während seiner Rede zur Lage des Staates.

Walz' Kinder zeigen sich öffentlich mit ihrem Vater. Vor Kurzem ging ein Video aus dem vergangenen Jahr viral, das den Gouverneur mit seiner Tochter Hope auf der Minnesota State Fair zeigt – einem Jahrmarkt, auf dem Bauern aus dem ganzen Bundesstaat ihre Produkte vorstellen können. Dort versuchte Tim Walz seiner Tochter, einer überzeugten Vegetarierin, die Qualität des Truthahns näherzubringen. Sie solle doch einen Corn Dog, ein mit Teig ummanteltes Truthahnwürstchen probieren. "Aber Truthahn ist Fleisch", sagt Hope in dem Video. "Nicht in Minnesota", antwortet Tim Walz. "Truthahn ist speziell!"

Walz' politische Errungenschaften

Politisch setzt sich Walz für eine große Bandbreite an progressiven Themen ein. Er steht für die Rechte von LGBTQ-Personen, für das Recht auf Abtreibung und für starke Gewerkschaften. Das bringt ihm Kritik aus dem Trump-Lager ein. Die nehmen sich vor allem seinen Umgang mit den Protesten nach dem Tod von George Floyd vor. Der Gouverneur habe zu lange gebraucht, um die Nationalgarde gegen die Protestierenden einzusetzen. Walz verteidigt seine Politik allerdings vehement – und verweist auf Reformen, die das Leben der afroamerikanischen Bevölkerung im Nachgang der Proteste verbessert hätten.

Der Gouverneur von Minnesota erregte im Wahlkampf immer wieder Aufsehen, indem er Trump und dessen Vizekandidaten Vance als "weird" ("merkwürdig", "schräg") bezeichnete. Er gilt als Erfinder dieses Etiketts, das auch Harris seither häufig für die Rivalen verwendet. Der 60-Jährige gilt als Politiker, der mit seiner einfachen Sprache Zugang zu Wählern ohne akademische Bildung findet. Zugleich vertritt Walz liberale Positionen zu Abtreibung und Cannabis.

Auch wenn Minnesota kein Swing State im klassischen Sinne ist, da seit 1976 stets für die Demokraten gestimmt worden ist, wuchs der Einfluss der Republikaner in dem Bundesstaat zuletzt. Es bleibt also abzuwarten, wie dort gewählt wird.