Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kanzler im TV Scholz gibt sich gelassen – bis Miosga diese Frage stellt
Caren Miosga hat den Bundeskanzler mit spitzen Fragen in die Mangel genommen. Auf einige reagierte der besonders wortkarg.
Nach dem Bruch der Ampel hat Moderatorin Caren Miosga am Sonntagabend Bundeskanzler Olaf Scholz als Talk-Gast empfangen. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage: Wie geht es weiter? Als Miosga den Zeitpunkt der Neuwahlen thematisierte, zeigte sich Scholz größtenteils entspannt. Er sei bereit, die Vertrauensfrage bereits im Dezember zu stellen. Das sei für ihn "überhaupt kein Problem", erklärte der Bundeskanzler.
Schließlich wolle auch er Neuwahlen zum frühesten Zeitpunkt. Er werde sich bei der Wahl des Datums an dem Tag orientieren, auf den sich Unionsfraktionschef Friedrich Merz und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich einigen könnten, erklärte Scholz.
Der Gast
- Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
Bei einer Feststellung Miosgas zum Thema Neuwahlen reagierte der Kanzler dann aber doch gereizt. Wenn er die Vertrauensfrage erst am 15. Januar stelle, wie von ihm ursprünglich vorgeschlagen, habe man frühestens "im Frühsommer …", setzte Miosga an – doch kam nicht weit. "Frühsommer" sei nun wirklich "eine polemische Überspitzung", unterbrach sie Scholz sofort. Man habe dann frühestens im Frühsommer eine fertige Regierung, beendete Miosga ihren Satz. "Gut, so geht der Satz zu Ende, Danke!", kommentierte der SPD-Mann.
Miosga konfrontierte Scholz auch mit dem Vorwurf, die SPD knüpfe den Termin für Neuwahlen an Verhandlungen über Gesetzesvorhaben, beispielsweise zur Rente. Der Bundeskanzler wies das weit von sich. "Ich habe das wirklich nicht als Pokerspiel inszeniert", erklärte er. "Das kam aber so an!", hielt Miosga dagegen. Es gebe keine Bedingungen für den Termin der Vertrauensfrage, bekräftigte Scholz. "Das wäre auch unangemessen", führte er aus und fragte: "Wer kommt denn auf so was?"
Miosga stichelt los
Überhaupt könne sich keine Partei sicher sein, dass Neuwahlen so ausgingen, wie sie es sich ausgemalt hätten, erklärte Scholz. Er rechnet für seinen Teil damit, dass die SPD gute Chancen darauf habe, stärkste Fraktion zu werden. Und genau das sei auch sein Ziel. Zum Thema Bundestagswahl erklärte er an anderer Stelle, dass ihm Merz als Kanzlerkandidat der Union tatsächlich sehr recht sei. Schließlich gebe es zwischen ihm und dem CDU-Mann große Unterschiede "in Charakter und Temperament".
Auf Miosgas Nachfrage wurde der Bundeskanzler deutlicher. "Ich finde mich etwas cooler, wenn es Staatsangelegenheiten betrifft, um es mal höflich zu sagen", erklärte Scholz und sorgte damit für Lacher im Publikum.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Miosga ließ es sich nicht nehmen, Scholz immer wieder mit pointierten Fragen in die Mangel zu nehmen. So wollte sie zum Beispiel wissen, wieso die SPD ihn mit Applaus empfangen habe, nachdem er Bundesfinanzminister Christian Lindner entlassen und damit den Bruch der einstigen "Fortschrittskoalition" besiegelt hatte. Nach Feiern habe sich der Applaus für ihn nicht angefühlt, erklärte Scholz. Seine Fraktion habe ihm viel eher ihre Zustimmung gezeigt, erklärte er weiter. Man habe gewusst, dass er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe.
Scholz nennt Schlüsselmoment
Sie habe der Applaus gewundert, beharrte Miosga. "Wundern Sie sich gerne", wies Scholz sie ab. Er habe seine Fraktion nach der Verkündung seiner Entscheidung nicht gefragt, "was die gleich machen", erklärte er und fügte hinzu: "Aber das war so!"
Es war nicht die einzige unbequeme Frage, mit der Miosga Scholz aus der Reserve locken wollte. Welche persönliche Verantwortung er bei sich sehe für das Scheitern seiner Regierung, wollte sie wissen. "Niemand macht immer alles richtig", erklärte der Bundeskanzler darauf. Er wolle jedoch ausdrücklich betonen, dass er sich immer wieder um Konsens und Kompromisse zwischen den Partnern bemüht habe. Dabei sei er "bis an die Grenze dessen" gegangen, was mit seinen Überzeugungen vereinbar sei.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Auf die Frage, wann er den Entschluss gefasst habe, Lindner zu entlassen, erklärte der Bundeskanzler, dieser habe sich "lange aufgebaut". Als ein Schlüsselmoment nannte er den Tag, an dem Lindner ihm nach zig Verhandlungsstunden den Haushaltskompromiss aufgekündigt habe – "mitten im Sommerurlaub". Das habe ihn schon damals "sehr, sehr aufgeregt", so der Bundeskanzler.
Versöhnliche Töne für Donald Trump
Nicht nur über innenpolitische Konsequenzen des Ampel-Aus diskutierte Miosga mit Scholz. Sie wollte am Sonntagabend auch wissen, wie andere Regierungschefs bei dem informellen EU-Gipfel in Budapest darauf reagiert hätten. "Wenn die Regierung in Trouble ist, ist nicht deswegen Deutschland in Trouble", so die Antwort des Bundeskanzlers. Deutschland sei ein starkes Land, in dem die Bürger bei Neuwahlen in Kürze den neuen Kurs vorgeben würden.
Eine harsche Reaktion auf das Scheitern der Ampel war in der vergangenen Woche aus den USA von Tech-Milliardär Elon Musk laut geworden. "Olaf ist ein Narr", hatte der auf Deutsch bei X geschrieben. Die Botschaft komme von jemandem, der in Zukunft eine große Rolle in der Trump-Regierung spielen könnte, betonte Miosga. "Irritiert Sie so was?", wollte sie von Scholz wissen. "Es adelt mich", antwortete der und führte aus, er sei nicht der Meinung, dass er Tech-Milliardäre kommentieren müsse. "Ein Staatschef ist er nicht", so der Bundeskanzler.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Mit Blick auf die USA und den erneut gewählten Präsidenten Donald Trump schlug Scholz versöhnliche Töne an. Die Vereinigten Staaten hätten eine Demokratie mit viel längerer Tradition als die Bundesrepublik, erklärte der Bundeskanzler.
An anderer Stelle rief er in Erinnerung, dass Deutschland seine Demokratie den USA überhaupt erst zu verdanken habe. Er werde sich weiterhin um gute transatlantische Beziehungen bemühen, so der SPD-Mann. Die USA sollen politischer Partner bleiben. Mit Blick auf Trump verfolge er das Prinzip: "Getanzt wird mit denen, die im Saal sind."
- ARD-Sendung "Caren Miosga" vom 10. November 2024