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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das letzte TV-Duell Sie werden Trump nicht zähmen können

Donald Trump gegen Joe Biden – Teil zwei. Das letzte TV-Duell vor der Wahl steht an. Versinkt es wieder im Chaos? Es gibt strengere Regeln, doch Trump scheint nervös. Das verheißt nichts Gutes.
Beim letzten Mal war da ein ständig dazwischenquatschender Donald Trump. Und ein Herausforderer Joe Biden, der den US-Präsidenten anraunzte: "Hältst du mal die Klappe, Mann?" An wesentlich mehr dürften sich viele Zuschauer des ersten TV-Duells vor einigen Wochen wohl nicht mehr erinnern.
In der Nacht zu Freitag, um 3 Uhr deutscher Zeit, steht nun der zweite und letzte dieser traditionell wichtigsten Termine im US-Wahlkampf an. Donald Trump und Joe Biden treffen in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee aufeinander. Wird es diesmal mehr als ein großes Chaos? Trump scheint nervös zu sein. Auch deshalb ist es trotz Regeländerungen unwahrscheinlich, dass sich der US-Präsident zähmen lässt.
Der hyperaktive Präsident
In weniger als zwei Wochen, am 3. November, wird in den USA gewählt. Und beim Präsidenten ist nach seiner Corona-Zwangspause Hyperaktivität ausgebrochen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht auf einer Rally zu seinen Anhängern spricht. Oder ein Interview gibt. Biden hingegen tut, was er die ganze Zeit schon tut: Er hält sich zurück. Vor dem Duell hat er tagelang keine großen Termine in seinem Kalender.
Das erscheint einerseits ungewöhnlich für einen Herausforderer. Doch Biden führt eben in den Umfragen immer noch deutlich. Indem er kaum Auftritte absolviert, kann er zeigen, dass er die Corona-Pandemie ernst nimmt. Und er kann Patzer vermeiden, für die er durchaus auch bekannt ist. Ein willkommener Nebeneffekt. Trump ist am Zug, er bräuchte jetzt eine Aufholjagd.
Doch es läuft einfach nicht.
US-Medien zitieren Mitarbeiter, die an Trumps vielen Auftritten zunehmend zweifeln. Die Rallys liegen dem Entertainer, das ist unbestritten. Doch die meisten werden nicht mehr im nationalen Fernsehen übertragen. Trump spreche somit fast nur noch zu seinen eingefleischten Fans. Und die wählen ihn sowieso.
Hinzu kommt, dass ausgerechnet der Trump-Kampagne das Geld knapp wird. Sein Team ging mit einem Wahlkampfbudget von 63 Millionen Dollar in den Oktober. Biden hat für den Endspurt mit 177 Million Dollar mehr als doppelt so viel zur Verfügung. Viele Dollars für die so wichtige Fernsehwerbung.
Die Mikrofone werden abgeschaltet
All das macht das TV-Duell für Trump umso entscheidender – und den Präsidenten offensichtlich zunehmend nervös. Also kritisiert er munter drauf los. Anfang der Woche nannte er seinen Corona-Experten Anthony Fauci eine "Katastrophe". Wenige Tage später wütete er gegen ein gerade aufgezeichnetes Interview der erfolgreichen Sendung "60 Minutes". Das Gespräch sei "FAKE" und "EINSEITIG" gewesen, schrieb er auf Twitter. Also brach er es angeblich vorzeitig ab.
Das TV-Duell selbst greift Trump auch schon mal vorsorglich an – für den Fall, dass es schlecht läuft für ihn. "Es ist ein abgekartetes Spiel", behauptete er auf "Fox News". Die überparteiliche Kommission, die die Duelle organisiert, das seien "keine guten Menschen". Die Moderatorin Kristen Welker hält er sowieso für "sehr unfair", "total parteiisch" und "furchtbar".
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Die neuen Regeln der Debatte gefallen Trump auch nicht. Nach dem Brüllduell vor einigen Wochen werden die Mikrofone abgeschaltet – zumindest immer dann, wenn die Moderatorin ein neues Thema aufruft und die Kontrahenten nacheinander ihre zweiminütigen Eingangsstatements aufsagen dürfen. In der Debatte selbst sollen die Mikros hingegen offen bleiben. Um "einen Austausch der Ideen zu gewährleisten", wie es von den Organisatoren optimistisch heißt.
Immer noch genug Gelegenheit also, die Debatte zu torpedieren.
"Lass ihn einfach reden"
Ist das auch diesmal wieder Trumps Plan? Einige Beobachter unken, es sei für ihn schlicht der beste Weg, Chaos zu stiften. Einfach, weil er inhaltlich zu wenig zu bieten habe. Allerdings hat Trump genau mit dieser Strategie beim ersten Duell aus Sicht der Mehrheit der Zuschauer nicht punkten können. Dass er das zweite abgeblasen hat, nachdem die Organisatoren es wegen seiner Covid-Erkrankung digital abhalten wollte, hat Trump dann auch nicht geholfen.
Falls es diesmal also doch zu einer echten Debatte kommt, will Joe Biden jedenfalls vorbereitet sein. Er werde sich vor allem Trumps jüngste Aussagen zu den wichtigen Themen anschauen, ließ er verlauten. Viel mehr verriet er dazu nicht.
Trump hingegen räsonierte zuletzt recht offen über die richtige Strategie für das Duell. Man habe ihm gesagt, "wenn du Biden einfach reden lässt, dann kommt er irgendwann aus dem Konzept", plauderte er auf "Fox News" aus. Tatsächlich sind es genau solche Patzer, vor denen sich Bidens Berater fürchten.
Nur ob sich Trump wirklich zügeln kann?
- Eigene Recherchen
- Mit Infos der Nachrichtenagenturen Reuters, dpa
- "Washington Post": Trump and Biden gird for the final debate of a bitter campaign
- "New York Times": Trump Campaign’s $63 Million Dwarfed by Biden’s $177 Million