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Tod von George Floyd: Können die USA ihre Polizei-Strukturen umkrempeln?


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USA und der Fall George Floyd
Jetzt soll es der Polizei an den Kragen gehen


Aktualisiert am 10.06.2020Lesedauer: 4 Min.
Protestszene in Boston: Die Rufe nach einer Polizeireform werden lauter.Vergrößern des Bildes
Protestszene in Boston: Die Rufe nach einer Polizeireform werden lauter. (Quelle: Brian Snyder/reuters)
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Einsparen, umkrempeln, abschaffen: Nach dem Tod von George Floyd streitet Amerika darüber, wie man die Polizei zur Rechenschaft zieht. Radikale Ideen haben Auftrieb.

Der Hauptredner der Trauerfeier für George Floyd brachte mit seinem letzten Satz die Stimmung auf den Punkt. Gleich dreimal hintereinander schmetterte Al Sharpton, Bürgerrechtler und Pfarrer, die Worte von der Bühne: Er rief: "Wir werden weiterkämpfen!"

Die Feier in Houston bot reichlich Raum für Trauer, aber auch für Wut, Ungeduld und Kampfansagen. Viele Redner, von der Nichte des Toten bis hin zu Politikern, beschreiben Floyd als jemanden, dessen Tod die Welt verändern werde. Sie forderten Taten: Genug der schönen Worte, wir wollen wahre Veränderung sehen, vor allem bei der Polizei.

George Floyd hat 15 Tage nach seinem gewaltsamen Tod durch Polizisten und fünftägigen Gedenkveranstaltungen im Land nun in der texanischen Metropole Houston seine letzte Ruhestätte gefunden. Sein brutaler Tod hat eine Protestbewegung ausgelöst, wie es sie noch nicht gab: Massenproteste in hunderten amerikanischen Städten, gefolgt von Demonstrationen in allen Ecken der Welt. In den USA ist eine neue heftige Debatte über Rassismus und Polizeigewalt losgebrochen.

Jetzt lauten die großen Fragen: Was folgt daraus für die amerikanische Polizei? Wird Floyd tatsächlich die Welt verändern?

Der neueste Schrei: "Defund the police"

Die Proteste hatten von Anfang an die Forderung der Gerechtigkeit für Floyd – damit war ganz konkret gemeint, dass die vier am Tode beteiligten Polizisten bestraft werden. Erst nach Ausbruch der Proteste wurden sie tatsächlich festgenommen und angeklagt. Ansonsten war es vor allem ein allgemeiner Aufschrei gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Doch in den vergangenen Tagen rückt die Frage ins Zentrum, wie genau man gewaltsamen Polizeieinsätzen, insbesondere gegen Schwarze, beikommen kann. Auf den Demonstrationen mehren sich die Plakate, die das Schlagwort "Defund the police" ziert. Auf deutsch: streicht der Polizei die Gelder.

Tag für Tag Videos von neuer Polizeigewalt

Den Polizeibehörden sollen die Mittel gekürzt, sie sollen reformiert oder gleich ganz abgeschafft werden. So lautet die Forderung, die sich vom linken Rand gerade in größere Teile der Gesellschaft ausbreitet.

Immerhin sagen laut einer Umfrage der "Washington Post" vier von fünf Amerikanern, die Polizei müsse mehr für die Gleichbehandlung von Schwarzen tun. Tag für Tag erreichen zudem Videos neuer Gewalttaten von Polizisten die amerikanische Öffentlichkeit.

Hinter dem Schlagwort "Defund the police" steckt der Gedanke, ihr Gelder (und damit Macht) zu entziehen, die wiederum sozialen Projekten zu Gute kommen sollen. So soll einerseits der Druck zum Aufbrechen korrupter Strukturen in den Reihen der Polizei steigen, die viele Kritiker ausmachen. Andererseits sollen nicht zu jedem Notruf schwer bewaffnete Polizisten anrücken, sondern manchmal auch Ärzte, Psychologen oder Mediatoren. Das fänden sogar manche Polizisten sinnvoll.

Ist das realistisch?

Der Bürgermeister der Stadt Minneapolis, wo Floyd seinen Tod fand, machte mit der neuen Vehemenz bereits Bekanntschaft: Auf einem Protest vor seinem Wohnhaus am Samstag wurde Jacob Frey hinausgerufen. Er stellte sich der Frage einer Frau auf einer Bühne, ob er der Polizei in Minneapolis Geld entziehen würde. Als Frey, ein 38-jähriger Demokrat, antwortete, er unterstütze keine "vollständige Abschaffung der Polizei", entließen ihn die Demonstranten mit Schmährufen: "Geh nach Hause, Jacob" und "Schande! Schande!" riefen sie. In Minneapolis selbst steht die Polizei seit langem in der Kritik. Im Stadtparlament gibt es bereits eine Mehrheit für die Auflösung der aktuellen Form der Polizeibehörde.

Städte ziehen bereits Gelder ab

Auch woanders in Amerika bewegt sich etwas. Polizeiarbeit ist vor allem Sache der Kommunen und der Bundesstaaten. In mehreren Städten wurden in den vergangenen Tagen Reformen in Aussicht gestellt und beschlossen.

  • In New York kündigte Bürgermeister Bill de Blasio, der Mittelkürzungen in der vergangenen Woche noch abgelehnt hatte, am Sonntag an, Gelder aus dem Budget der Polizei in Jugend- und andere Sozialprogramme umzuleiten.
  • In Los Angeles kündigte Bürgermeister Eric Garcetti an, 150 Millionen Dollar aus dem Zwei-Milliarden-Dollar Budget der Polizeibehörde und anderen Quellen zugunsten von Gesundheits- und Ausbildungsprogrammen umzuleiten.
  • In Houston, das verkündete der Bürgermeister Sylvester Turner direkt auf der Trauerfeier, soll es Polizisten künftig wie nun auch in New York und Washington verboten werden, Verdächtige in den Würgegriff zu nehmen.

Als Gegner von Reformen haben insbesondere linke Politiker derweil die mächtigen Polizeigewerkschaften ausgemacht, die sich tatsächlich oft gegen Untersuchungen des Handelns von Kollegen sperren. Die Rechtsprechung erschwert es, Polizisten zu belangen. Doch den Ruf nach Geldentzug dürften auch viele Bürger ablehnen, die Reformen wollen.

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Druck aus Washington – doch Trump bremst

Auch in Washington gibt es Reformdruck. Die Demokraten im Kongress legten eine Reihe an Vorschlägen vor, mit denen extreme Gewalt durch Polizisten einfacher nachverfolgt und härter bestraft werden soll. Es ist eine Reform, kein radikaler Umbau. Um Mittelstreichungen geht es dabei nicht. Auch ihr Präsidentschaftskandidat Joe Biden lehnte einen pauschalen Geldentzug ab.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Sie könnten das Paket schon kommende Woche beschließen, doch damit es Gesetz wird, brauchen sie auch Stimmen der Republikaner im Senat. Deren Mehrheitsführer Mitch McConnell setzte nun erst einmal eine Arbeitsgruppe zum Thema ein.

Doch ein nicht ganz unwichtiger Republikaner hat kein großes Interesse an einer Polizeireform: Donald Trump. Während seine Berater den US-Präsidenten drängen, selbst Vorschläge zu dem Thema zu machen, sieht Trump das Problem eher als Wahlkampfthema. Die Vorschläge von links, Polizeimittel zu streichen, sind ihm ein willkommenes Argument im Wahlkampf. Am Mittwoch hieß es dann plötzlich, auch Trump arbeite an Vorschlägen für Reformen.

In der Öffentlichkeit allerdings begnügt sich Trump allerdings noch mit der Parteinahme für die Polizei. Sie sei die "beste Strafverfolgung der Welt" und "99 Prozent von ihnen sind großartige, großartige Menschen".

Verwendete Quellen
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