Trumps Richterkandidat Streit um Kavanaugh eskaliert – Senat soll abstimmen
Die FBI-Ermittlungen gegen Brett Kavanaugh sollten für Klarheit sorgen. Doch während Trump mit Kommentaren für Furore sorgt, rufen Hunderte Juraprofessoren zum Veto gegen seinen Wunschrichter auf.
Die Abstimmung im US-Senat zur Berufung des umstrittenen Brett Kavanaugh zum neuen Richter für das Oberste US-Gericht könnte bereits am Samstag stattfinden. Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell schrieb am Mittwoch (Ortszeit) auf Twitter, er habe den Antrag zur Beendigung der Senatsdebatte über die Nominierung Kavanaughs eingereicht. Am Freitag solle darüber abgestimmt werden, ob die Debatte beendet werden solle. Den Mitgliedern bleibe genügend Zeit, das zusätzliche Material zu prüfen und darüber informiert zu werden.
Damit könnte der Senat, wenn er für ein Ende der Debatte votiert, den Wunschkandidaten von US-Präsident Donald Trump schon am Samstag als neuen Richter am Obersten US-Gericht bestätigen. Gegen Kavanaugh ermittelt das FBI wegen Missbrauchsvorwürfen, diese Untersuchung sollte nach Medienberichten am Mittwoch abgeschlossen werden. Bislang drei Frauen werfen ihm sexuelle Übergriffe sowie versuchte Vergewaltigung während der Highschool- und Studienzeit in den 80er-Jahren vor. Kavanaugh bestreitet die Anschuldigungen.
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Das FBI hat eigentlich bis Freitag Zeit, die Vorwürfe von mehreren mutmaßlichen Zeugen zu untersuchen, bei den Ermittlungen gegen Kavanaugh wegen möglicher sexueller Vergehen nicht berücksichtigt worden zu sein.
Unter anderem die Demokratin Dianne Feinstein hatte gefordert, dass die laufenden FBI-Ermittlungen zeitlich unbefristet sein sollten, alle Zeugen angehört werden und allen Vorwürfen nachgegangen wird. Die Mehrheit von Trumps Republikanern im Senat ist knapp, sodass jede eigene Stimme benötigt wird, falls die oppositionellen Demokraten geschlossen mit Nein stimmen.
"Das Leben eines Mannes liegt in Scherben."
Auch Donald Trump wünscht sich, dass die Abstimmung am Samstag stattfindet. Auf Twitter bekräftigte er seine Unterstützung für den Richter: "Wow, solche Begeisterung und Energie für Richter Brett Kavanaugh. Seht euch die Energie und die Umfragen an", schrieb Trump. Kavanaugh sei ein feiner Mann mit großem Intellekt. Die USA stünden hinter ihm.
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Trump schlug sich auch während einer Wahlkampfveranstaltung in Southaven offen auf die Seite seines Wunschkandidaten für das Oberste Gericht. Kavanaughs Ankläger seien "wirklich schlechte Menschen", die den Richter zerstören wollten, sagte er. "Das Leben eines Mannes liegt in Scherben."
Unter Gelächter seiner Anhänger ahmte Trump die Befragung des mutmaßlichen Opfers nach: "Wie sind Sie nach Hause gekommen? – Ich erinnere mich nicht", sagte Trump. "Wie sind Sie dorthin gekommen? – Ich erinnere mich nicht. – Wo ist der Ort? – Ich erinnere mich nicht. – Vor wie vielen Jahren ist es passiert? – Ich weiß es nicht."
Zudem stellte der Präsident infrage, ob Christine Blasey Ford während des angeblichen Vergewaltigungsversuchs nüchtern gewesen sei. "Aber ich hatte ein Bier – das ist das Einzige, woran ich mich erinnere", äffte Trump die Zeugin nach.
Demokraten fordern Entschuldigung von Trump
Als Folge der Debatte um Missbrauchsvorwürfe sieht Trump vor allem Männer gefährdet. "Es ist eine beängstigende Zeit für junge Männer in Amerika, wenn du für etwas schuldig bist, was du vielleicht nicht getan hast", sagte Trump nach Medienberichten am Dienstag im Weißen Haus. "Man kann angeklagt werden, bevor man seine Unschuld bewiesen hat." Auf die Frage nach einer Botschaft an junge Frauen, sagte der Präsident: "Frauen geht es sehr gut."
Nach den Worten des demokratischen Minderheitsführers im US-Senat, Chuck Schumer, schuldet Trump der Belastungszeugin "eine unverzügliche Entschuldigung". Schumer sagte weiter: "Der unverhohlene Spott des Präsidenten gegenüber einem Opfer eines sexuellen Übergriffs war verwerflich, war unter der Würde des Weißen Hauses und hat den zwischenmenschlichen Anstand verletzt."
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Trumps Sprecherin Sarah Sanders verteidigte dagegen den Auftritt Trumps mit den Worten, der Präsident habe lediglich Fakten wiedergegeben. Sie glaube nicht, dass Trumps Äußerungen die Chancen Kavanaughs auf eine Bestätigung mindern. "Die Aussage von Dr. Ford war sehr überzeugend, aber man kann keine Entscheidung auf der Grundlage von Emotionen treffen. Sie muss auf Fakten basieren."
Kurz vor der geplanten Abstimmung wollen die Republikaner im Senat die Glaubwürdigkeit der Zeugin Blasey Ford erschüttern. Sie verwiesen auf eine eidesstattliche Erklärung eines Ex-Freundes, der Zweifel an Aussagen der Zeugin vor dem Justizausschuss sät.
Hunderte Juraprofessoren wenden sich in Brief an den Senat
Kavanaugh wird im Januar 2019 seinen Lehrauftrag an der Elite-Universität Harvard aufgeben, wo er derzeit Jura unterrichtet. Das berichtete CNN unter Berufung auf eine E-Mail an die Studierenden. Die Gründe für seinen Rückzug waren zunächst unklar.
Laut CNN hatten bis zum Montagabend mehr als 800 Absolventen der Harvard Law School (HLS) einen Brief unterzeichnet, in dem sie die Universität aufforderten, Kavanaugh seinen Lehrauftrag zu entziehen. Die Belästigungsvorwürfe von Christine Blasey Ford seien "glaubwürdig und schwerwiegend" und müssten ernst genommen werden.
"Sie stellen seinen Charakter und seine Moral ernsthaft infrage und sollten ihn von einer Position auf Lebenszeit als Richter am Supreme Court disqualifizieren." Als Lehrender an der Harvard Law School sei Kavanaugh nicht mehr tragbar.
Zudem haben Hunderte Juraprofessoren den US-Senat aufgerufen, Kavanaugh nicht als neuen Richter für das Oberste US-Gericht zu bestätigen. In einem in der "New York Times" veröffentlichten Brief schreiben sie, der nach Missbrauchsvorwürfen umstrittene Kandidat besitze nicht die erforderliche Objektivität und die Unparteilichkeit, um im höchsten Gericht des Landes zu sitzen. Das habe seine Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats vergangene Woche gezeigt.
Der Brief, der dem Senat am Donnerstag vorgelegt werden solle, sei bereits von 650 Professoren unterzeichnet worden, Tendenz steigend. In dem Schreiben der Jura-Professoren heißt es weiter, Kavanaugh habe sich bei der Senatsanhörung am 27. September durch "den Mangel von richterlichem Temperament" für jedwedes Gericht disqualifiziert, und damit ganz sicher auch für das höchste Gericht des Landes.
Kavanaugh habe den Fragestellern in unmäßiger, aufhetzerischer und parteiischer Art geantwortet. Sicherlich sei das Thema der Anhörung für jeden schmerzhaft gewesen. Aber Kavanaugh habe wiederholt aggressiv auf die Fragesteller reagiert, anstatt bei der notwendigen Suche nach Richtigkeit offen zu sein.
Sogar in seinen vorbereiteten Anmerkungen habe er die Anhörung als voreingenommen bezeichnet und sie als kalkulierten und abgestimmten politischen Schlag beschrieben, anstatt anzuerkennen, dass der Senat angesichts neuer Informationen versucht habe zu verstehen, was geschehen war. Richter müssten Platz machen, wenn die Gefahr bestünde, dass sie als ungerecht wahrgenommen werden könnten, heißt es in dem Brief weiter.
- dpa
- afp
- Reuters