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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Entscheidung gefallen Das wird die größte Schlacht gegen Trump
Der gefährlichste Feind für Donald Trump steht offiziell fest: Floridas Gouverneur Ron DeSantis will selbst US-Präsident werden. Er hat Vorteile, die entscheidend sein könnten.
Für die einen ist er Amerikas neue Hoffnung, für die anderen eine Heimsuchung: An diesem Mittwoch will Floridas Gouverneur Ron DeSantis seine Kandidatur für das Präsidentenamt bekannt geben – auf Twitter. Doch schon im Vorfeld spaltet er das Land.
Seine Anhänger sehen in dem 44-Jährigen den jungen und erfolgreichen Konservativen, nach dem sie sich lange gesehnt haben. Ron DeSantis stellt für sie eine attraktive Alternative zum 76-jährigen Donald Trump dar, der trotz seiner Niederlage bei den letzten Präsidentschaftswahlen erneut antreten will.
Seine Kritiker befürchten hingegen, DeSantis werde die älteste Demokratie der Moderne in einen autoritären und reaktionären Staat verwandeln. Dabei könnte er sogar Donald Trump in den Schatten stellen. Doch dafür müsste er sich bei den Republikanern zunächst einmal gegen Trump durchsetzen. Chancen dafür hat er, denn DeSantis besitzt einige Vorteile, die am Ende nicht nur für die Republikaner entscheidend sein könnten.
Der Beginn einer Schlacht um die Macht
So ist schon bemerkenswert, wie DeSantis seine Kandidatur gegen den einstigen Förderer Trump bekannt machen will: nicht wie sonst üblich im Rahmen einer großen Rede vor Anhängern, sondern in einem Talkformat mit Tech-Milliardär Elon Musk auf Twitter.
Es ist ausgerechnet jene Social-Media-Plattform, die einst Donald Trump genutzt und die ihn groß gemacht hat, auf der er nach einer längeren Sperrung aber nicht mehr aktiv ist. In einer Art Interview-Format will der heutige Twitter-Besitzer Musk die Fragen an Trumps Herausforderer richten, auch Zuhörer sollen dazu Gelegenheit bekommen.
Moderiert werden soll das reine Audio-Format wiederum von David Sacks, einem Republikaner und finanziellen Förderer des Gouverneurs. Der Unterstützung Musks kann sich DeSantis offenbar schon sicher sein, er macht keinen Hehl aus seiner Präferenz für ihn im Vergleich zu Trump.
Einen ersten Vorgeschmack zur anrollenden Millionen-Kampagne gab DeSantis' Ehefrau Casey – ebenfalls auf Twitter. Zu sehen ist eine Videobotschaft, in der DeSantis eine Bühne betritt. Dazu ist eine Stimme aus dem Off zu hören: "Amerika ist den Kampf wert ... Jedes. Einzelne. Mal."
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Trump fürchtet DeSantis, aber führt bei der Basis
Wie chancenreich DeSantis im Vergleich zu anderen Herausforderern bei der Republikaner-Basis wirklich ist, zeigt sich schon daran, dass Trump seit Monaten rhetorisch auf seinen, laut Trump "unwählbaren", Widersacher eindrischt. Mal schürt ausgerechnet Trump Gerüchte über unbewiesene sexuelle Übergriffe von DeSantis auf dessen ehemalige Studentinnen. Mal beschimpft er seinen einstigen politischen Ziehsohn als "scheinheilig", "undankbar" oder als "Fleischball-Ron", womit er auf sein Aussehen anspielt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem Trump sich nicht abfällig über seinen Erzgegner auslässt.
Zwar liegt er laut Umfragen bei der für die internen Vorwahlen entscheidenden Parteibasis derzeit wieder mit mehr als 30 Prozent vor DeSantis. Trotzdem wird er für den notorisch von Strafprozessen bedrohten Trump nun mit seiner Kandidatur sowohl offiziell als auch medial zur größten politischen Gefahr.
Trump bestimmt die Schlagzeilen der großen Medien seit Monaten fast ausschließlich mit Abwehrgefechten und Niederlagen. DeSantis beginnt seine Kampagne jetzt erst, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ist ihm sicher, und juristisch ist er bislang unbefleckt.
Beliebtheit, die noch gefährlich werden kann
Angesichts der zahlreichen laufenden Ermittlungen sowie Straf- und Zivilprozesse gegen Trump ist dessen Sieg also längst nicht ausgemacht. Und es gibt auch Zahlen, die Donald Trump und die Demokraten unruhig machen können. So veröffentlicht die amerikanische Umfrage-Aggregator-Website "Real Clear Politics" regelmäßig eine Beliebtheits-Tabelle von US-Politikern. Hier führt Ron DeSantis aktuell mit 43,5 Prozentpunkten sowohl vor dem amtierenden Präsidenten Joe Biden mit 42,6 als auch vor Donald Trump mit 42 Prozentpunkten.
Hinzu kommt ein großer Vorteil, den Ron DeSantis im Gegensatz zu Donald Trump schon lange für sich verbuchen kann: Er gewinnt Wahlen, das hat er in Florida gezeigt. Dort konnte er sich 2022 mit einer satten Mehrheit von fast 60 Prozent im Amt behaupten.
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Als Gouverneur von Florida kann er nun auf seine aktuelle Regierungsarbeit und aus Sicht seiner Anhänger auf zahlreiche Erfolge verweisen. Zwar werden DeSantis' strenge Abtreibungsgesetze, seine Ablehnung vieler Maßnahmen gegen Covid-19 und seine Gesellschafts- und Bildungspolitik hinsichtlich der Rechte von Schwulen, Lesben und Transgender als autoritär und reaktionär kritisiert. Viele Republikaner aber verehren genau deshalb DeSantis als Garant für ihre Überzeugungen. Mehr zu Ron DeSantis' Politik gegen Minderheiten können Sie hier nachlesen.
Läuft alles nach Plan, kann DeSantis seinen Gesetzgebungsvorteil als Gouverneur weiterhin voll gegen Trump ausspielen. Ein spezielles Wahlgesetz im Parlament von Florida ist zwar noch nicht verabschiedet, es soll DeSantis aber das Recht einräumen, auch als Präsidentschaftskandidat noch Gouverneur bleiben zu können.
Gelingt ihm dieser juristische Coup, kann sich DeSantis fortlaufend als verantwortungsbewusster Regierungschef des drittgrößten US-Bundesstaates inszenieren. Seinen größten Gegner kann er dann als "Drama-Queen" darstellen, wie er es schon mehrfach getan hat. Denn Trump wird währenddessen juristische Kämpfe mit Gerichten ausfechten und auch mediale Abwehrschlachten schlagen müssen. Sogar Fox News, jener US-Sender, der lange Zeit als Donald Trumps größter Unterstützer galt, soll eng mit DeSantis' Wahlkampfteam zusammenarbeiten. Nach dem Twitter-Auftritt mit Elon Musk wird DeSantis am Mittwoch noch einen Auftritt bei Fox News haben.
An finanzstarken Spendern mangelt es DeSantis ebenfalls nicht. Er wird schon jetzt von Unternehmern und Milliardären wie Bernie Marcus, Richard Uihlein oder dem Hedgefondsmanager Ken Griffin unterstützt.
Trotz allem wird sich DeSantis aber enorm steigern müssen, um die seit vielen Jahren auf Trump fest eingeschworene Basis der Republikaner auch außerhalb von Florida für sich zu gewinnen. Einen Nachteil hat der Gouverneur gegenüber dem Showtalent Donald Trump laut Kritikern: Ihm fehlt dessen Präsenz und Charisma bei Auftritten. In Florida aber hat es offensichtlich gereicht.
- Eigene Recherchen und Beobachtungen