Beschluss bei Libyen-Konferenz Ausländische Kriegsparteien wollen alle Truppen abziehen
Rund 20 000 ausländische Kämpfer sollen noch in Libyen aktiv sein. Ihr Abzug gilt als wichtige Voraussetzung für Frieden in dem Land. Ob es dazu kommt, bleibt auch nach der zweiten Berliner Libyen-Konferenz offen.
Bei der Libyen-Konferenz in Berlin haben sich Russland, die Türkei, Ägypten und andere Staaten zum Abzug aller ausländischen Kämpfer aus dem nordafrikanischen Land verpflichtet. Der im Rahmen einer Waffenruhe vom Oktober beschlossene Abzug müsse vollständig und "ohne weitere Verzögerung" umgesetzt werden, hieß es in der Abschlusserklärung zur Konferenz am Mittwoch.
Bereits bei der ersten Libyen-Konferenz vor anderthalb Jahren hatten die Akteure des Konflikts ein Ende der militärischen Unterstützung für die Konfliktparteien beschlossen. Doch bis heute sind nach jüngsten UN-Schätzungen 20.000 ausländische Kräfte in Libyen im Einsatz.
Wahl in Libyen am 24. Dezember
An der Konferenz auf Einladung von Bundesaußenminister Heiko Maas und den Vereinten Nationen nahmen hochrangige Vertreter aus 16 Ländern und von vier internationalen Organisationen teil, darunter die wichtigsten Akteure in dem Konflikt wie Russland, die Türkei, Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Zweites wichtiges Ergebnis neben dem Ziel des Truppenabzugs war das Bekenntnis zum Wahltermin am 24. Dezember, für den noch nicht alle Voraussetzungen geschaffen sind.
Maas wertete die Konferenz als Erfolg und zeigte sich zuversichtlich, dass der Truppenabzug gelingen kann. "Wir werden keine Ruhe geben, bis die letzte ausländische Kraft (...) das Land verlassen hat." Der Außenminister räumte allerdings ein, dass das nur schrittweise geschehen kann. Der Weg zum Frieden sei kein Sprint, sondern eher ein Marathon, betonte er.
In der sieben Seiten langen Erklärung wird angemerkt, dass die Türkei bei der Konferenz Vorbehalte zu einem sofortigen Abzug äußerte. Hintergrund ist nach Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas eine Diskussion darüber, dass "reguläre Kräfte" – etwa zur Ausbildung von Sicherheitskräften im Land – nicht mit Söldnern zu vergleichen seien. "Das hat uns heute sehr intensiv beschäftigt", sagte Maas nach Abschluss der Konferenz. Alle Beteiligten müssen laut der Erklärung von Handlungen absehen, die den Konflikt verschärfen, darunter die "Finanzierung militärischer Fähigkeiten oder die Rekrutierung ausländischer Kämpfer und Söldner".
UN sehen Wahlen in Gefahr
Deutschland und andere Teilnehmer betonten zudem die Bedeutung der geplanten Wahlen für den Friedensprozess in dem Bürgerkriegsland. "Kaum etwas wird für Frieden und Stabilität so entscheidend sein wie die landesweiten Wahlen am 24. Dezember", sagte Maas. Er forderte, den Termin der Abstimmung einzuhalten. "Nach jahrzehntelanger Diktatur und einem jahrelangen Konflikt wollen die Menschen Libyens endlich gehört werden."
UN-Generalsekretär António Guterres sieht die Wahlen jedoch in Gefahr. Es seien "dringende Maßnahmen" der Übergangsregierung notwendig, um sie abhalten zu können, mahnte er in einer Video-Ansprache. "Zu diesem Zweck fordere ich das (libysche) Repräsentantenhaus auf, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für Wahlen zu klären und die erforderlichen Gesetze zu erlassen."
Milizen ringen in Libyen um die Macht
Libyen war nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 in einem Bürgerkrieg versunken, an dem unzählige Milizen beteiligt sind. Besonders mächtig ist General Chalifa Haftar, der mit seinen Truppen und Verbündeten große Gebiete im Osten und Süden Libyens kontrolliert. Seit dem vergangenen Jahr gilt jedoch eine Waffenruhe. In diesem Frühjahr wurde unter UN-Vermittlung eine Übergangsregierung gebildet, die das Land zu Wahlen am 24. Dezember führen soll. Dafür gibt es jedoch bisher keine gesetzliche Grundlage.
Die Konfliktparteien werden von unterschiedlichen ausländischen Mächten unterstützt. Haftar ist mit Russland, Ägypten und den VAE verbündet. Im Westen Libyen sind zudem türkische Truppen im Einsatz, die von der ehemaligen Regierung ins Land geholt worden waren, um einen Vormarsch Haftars bis in die Hauptstadt Tripolis zu verhindern.
Deutschland hat sich auch aus konkreten eigenen Interessen als Vermittler in den Konflikt eingeschaltet: Durch Libyen führen wichtige Routen für Flüchtlinge, die den Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen.
Premier: "Gibt kein Zurück zum Krieg"
Libyens Regierungschef Abdul Hamid Dbaiba erklärte in Berlin, die Lage in dem Land sei kritisch, aber hoffnungsvoll. Trotz der vielen Schwierigkeiten gehe er nicht von neuen Gefechten aus. "Wir können mit einer Stimme sagen, dass es kein Zurück zum Krieg gibt", sagte er. Zugleich beklagte Dbaiba, dass es auf dem Weg zu den Wahlen noch zahlreiche Hindernisse gebe. Er rief alle Betroffenen auf, nicht weiter "herumzuspielen" und den Prozess zu blockieren.
Nach UN-Angaben sind etwa 1,3 Millionen Menschen in Libyen auf humanitäre Hilfe angewiesen – ein Anstieg um 400.000 seit dem vergangenen Jahr. Die Lebensbedingungen und Versorgung etwa mit Strom und Wasser sind für die Mehrheit der Libyer weiter schlecht. Die Menschen wünschen sich einen Aufschwung der Wirtschaft. Korruption und Vetternwirtschaft sind jedoch weit verbreitet.
- Nachrichtenagentur dpa