"Beziehungen auf Prüfstand" EU droht Belarus nach umstrittener Wahl mit Sanktionen
Das Wahlergebnis in Belarus wird massiv angezweifelt, Tausende im Land demonstrieren. Auch die EU glaubt nicht, dass es mit rechten Dingen zuging. Und droht der Führung des Landes nun mit Sanktionen.
Nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus hat die Europäische Union (EU) der Führung des Landes mit Sanktionen gedroht. Die Wahl am vergangenen Sonntag sei "weder frei noch fair" gewesen, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des EU-Außenbeauftragen Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Die EU werde die Beziehungen zu Minsk auf den Prüfstand stellen und auch "Maßnahmen" gegen belarussische Vertreter prüfen, die für "Wahlmanipulation, Gewalt gegen regierungskritische Demonstranten sowie willkürliche Festnahmen" verantwortlich seien.
Am offiziellen Wahlergebnis in Belarus gibt es international erhebliche Zweifel. Nach Angaben der zentralen Wahlkommission in Minsk kam der seit 26 Jahren autoritär regierende Präsident Alexander Lukaschenko bei der Abstimmung am Sonntag auf mehr als 80 Prozent der Stimmen, auf die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja entfielen demnach lediglich knapp zehn Prozent. Regierungskritiker beklagten massive Wahlmanipulationen. Unabhängige Wahlbeobachter waren nicht zugelassen.
Tichanowskaja sieht sich als Siegerin der Wahl
Die Opposition hatte das amtliche Wahlergebnis nicht anerkannt. Die inzwischen nach Litauen geflüchtete Tichanowskaja bezeichnete sich als "Siegerin dieser Wahl" und forderte die Regierung auf, die Macht "friedlich" an die Opposition zu übergeben.
Gegen die angebliche Wiederwahl Lukaschenkos waren am Sonntag und Montag in Minsk und weiteren belarussischen Städten Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die Demonstranten vor. Auf Bildern waren Menschen mit blutüberströmten Gesichtern zu sehen. Einige lagen bewegungslos am Boden. Allein am Sonntag gab es nach offiziellen Angaben rund 3.000 Festnahmen. Am Montagabend wurde nach Regierungsangaben ein Demonstrant getötet, als ein Sprengsatz in seinen Händen explodierte.
Als Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eine Debatte in der EU über Sanktionen gegen Belarus gefordert. In der Vergangenheit seien Strafmaßnahmen gegen das Land aufgehoben worden, weil etwa politische Gefangene freigelassen worden seien, sagte Maas am Montag bei einem Besuch in Moskau. Im Lichte der jüngsten Entwicklungen müsse die EU die Lockerungen jedoch überdenken – "und dies dann auch sehr zügig".
- Nachrichtenagentur AFP