Deutsche Reaktionen auf US-Angriff SPD-Chef kritisiert Trumps Angriff im Irak scharf
Nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani durch einen US-Angriff kommt aus mehreren Parteien Kritik. Die Bundesregierung verzichtet hingegen auf ein Urteil.
Deutsche Politiker reagieren teils heftig auf die Tötung Ghassem Soleimanis durch die USA. SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans kritisierte den von US-Präsident Donald Trump angeordneten Angriff deutlich. "Trumps Vorgehen destabilisiert die Lage in der gesamten Region weiter und birgt die Gefahr eines unkontrollierbaren Flächenbrandes mit nicht absehbaren Folgen auch für Europa", sagte Walter-Borjans t-online.de. Der Schlag gegen den Chef der iranischen Revolutionsgarden auf irakischem Boden sei "ein zutiefst besorgniserregender Vorgang".
"Auch wenn der Iran in der Region zweifellos eine destruktive Rolle spielt, muss man vom Oberbefehlshaber der stärksten Militärmacht besonnenere Antworten erwarten können", sagte Walter-Borjans weiter. Die Devise "Angriff ist die beste Verteidigung" sei kein akzeptables Mittel der Verteidigungspolitik. Für einen bevorstehenden Angriff des Irans habe es nach derzeitigem Kenntnisstand keinen Nachweis gegeben. Die Bemühungen von Außenminister Heiko Maas, nun zu deeskalieren, verdienten volle Unterstützung. Deutschland habe durch seinen Sitz im UN-Sicherheitsrat besondere Verantwortung.
Nouripour: "Rapide Rutschbahn in eine größere militärische Eskalation"
Der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, bezeichnet den Tod des iranischen Generals als "rapide Rutschbahn in eine größere militärische Eskalation". Er werde von der iranischen Seite "als Gesichtsverlust und als amerikanische Kriegserklärung verstanden werden".
Zugleich fordert Nouripour, dass die Bundeswehr-Mission im Irak sofort ausgesetzt werden müsse. Nouripur zu t-online.de: "Wenn nicht einmal mehr die US-Botschaft gesichert werden kann, dann zeigt dies, dass Bundeswehr-Angehörige auch evakuiert werden müssen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie sich die Bundesregierung unter diesen Bedingungen die weitere Präsenz der Bundeswehr im Irak vorstellt."
Riexinger: Bundesregierung soll Trump Unterstützung verweigern
Auch Linken-Chef Bernd Riexingers hat den US-Angriff auf den hohen iranischen General Ghassem Soleimani verurteilt. Die Tötung sei "ein gefährlicher und unverantwortlicher Akt Donald Trumps", sagte Riexinger t-online.de. "Er heizt damit den Konflikt weiter an und riskiert einen Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten."
Es müsse jetzt alles getan werden, um eine weitere Eskalation zu vermeiden, sagte Riexinger. "Die Bundesregierung ist gefordert, diese Tat aufs Schärfste zu verurteilen und der Trump-Administration jedwede Unterstützung zu verweigern."
Graf Lambsdorff: Vergeltungsschläge auch in Europa möglich
Der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff, warnte vor iranischer Vergeltung als Folge des US-Angriffs, möglicherweise auch in Form von Anschlägen in Europa. "Man muss damit rechnen. Es ist deswegen wichtig, dass wir unsere Sicherheitskräfte in die Lage versetzen, noch stärker mit den Amerikanern zusammen und anderen westlichen Verbündeten dafür zu sorgen, dass so etwas verhindert wird", sagte der FDP-Politiker im RBB-Inforadio.
Durch den US-Raketenangriff sei der Faden der Eskalation wieder aufgenommen worden, sagte Lambsdorff weiter. Umso wichtiger sei es, "dass wir versuchen, beide Seiten zur Vernunft zu bringen". Dafür sei der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das geeignete Gremium.
Schmid: Flächenbrand in Region droht
Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, befürchtet ein Erstarken der Hardliner im Iran: "Ghassem Soleimani, Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden und zuständig für Auslandseinsätze, war verantwortlich für zahlreiche Anschläge und Tote – und deshalb zu Recht von der EU als Terrorist gelistet. Der US-Raketenangriff war allerdings kurzsichtig und wird den Iran nicht nachhaltig schwächen, sondern nur die Hardliner innerhalb des Regimes mit ihrem Konfrontationskurs gegen den Westen stärken." Die massive Eskalation berge zudem eine immense Gefahr für den Irak, wo auch Bundeswehrsoldaten stationiert sind. "Was wir jetzt brauchen ist Diplomatie und Deeskalation, denn jede weitere militärische Aktion könnte einen Flächenbrand in der ganzen Region entfachen – mit unabsehbaren Konsequenzen auch für uns in Europa", sagte Schmid t-online.de.
Bundesregierung vermeidet Kritik
Die Bundesregierung hat indes zu Besonnenheit aufgerufen. "Es kommt gerade an diesem Punkt jetzt auf Deeskalation an", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Das amerikanische Vorgehen sei eine Reaktion auf eine ganze Reihe von Provokationen, für die der Iran die Verantwortung trage. Auf Nachfrage vermied sie direkte Kritik am Vorgehen der US-Regierung.
Soleimani war in der Nacht zu Freitag bei einem von US-Präsident Donald Trump befohlenen Raketenangriff nahe dem Flughafen von Bagdad getötet worden. Er war Kommandant der Al-Kuds-Brigaden, die zu den iranischen Revolutionsgarden gehören und für Auslandseinsätze zuständig sind. Unter anderem spielte er beim militärischen Engagement Irans in Syrien und im Irak eine maßgebliche Rolle.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- Eigene Recherchen