Verteidigungsminister erklärt Sudans Staatschef al-Bashir von Armee abgesetzt
Jahrzehnte lang beherrschte Omar al-Bashir den Sudan, nun hat das Militär den Machthaber laut Angaben des Verteidigungsministers verhaftet. Die Armee übernimmt demnach das Land.
Wenige Stunden nach dem Militärputsch im Sudan ist der bisherige Verteidigungsminister Awad Ibn Auf als Präsident des militärischen Übergangsrates vereidigt worden. Er folgt damit faktisch auf Präsident Omar al-Baschir, der nach fast 30 Jahren an der Macht am Donnerstagmorgen für abgesetzt erklärt und festgenommen worden war. Als Ibn Aufs Stellvertreter wurde Gamal Abdel-Maruf vereidigt. Dies berichtete der sudanesische Staatsrundfunk.
Der Übergangsrat soll dem Militär zufolge zwei Jahre im Amt bleiben und Wahlen vorbereiten. Die Opposition, die mit ihren Straßenprotesten zum Sturz Al-Baschirs beigetragen hatte, drängt aber auf einen schnelleren Wandel und will ihre Kundgebungen fortsetzen. Die Demonstranten missachteten am Donnerstagabend das vom Militär verhängte Ausgehverbot.
Sudans Langzeitmachthaber Omar al-Baschir sei festgenommen und an einen sicheren Ort gebracht worden. "Die Menschen im Sudan haben so viel unter dem Regime gelitten", sagte Ibn Auf. Die Regierung al-Bashirs habe stets gelogen und falsche Versprechungen gemacht.
Alle politischen Gefangenen sollen freigelassen werden. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur SUNA ohne weitere Einzelheiten unter Berufung auf den Geheimdienst NISS. Es blieb zunächst offen, wie viele Häftlinge davon betroffen sein werden und wie schnell sie freigelassen werden sollen. Erst am Wochenende waren während der Proteste gegen die Regierung und al-Baschir rund 2.500 Menschen festgenommen worden.
EU und USA appellieren an neue Militärführung
Die Europäische Union forderte hat nach dem Sturz des sudanesischen Präsidenten eine rasche Übergabe der Regierungsverantwortung an Zivilisten gefordert. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte am Donnerstag, nur ein "glaubwürdiger und inklusiver politischer Prozess" könne den Erwartungen der sudanesischen Bevölkerung gerecht werden und zu den notwendigen politischen und wirtschaftlichen Reformen führen. Dazu müsse die Macht schnell an eine zivile Übergangsregierung übergeben werden.
Das US-Außenministerium rief die neue Militärführung im Sudan dazu auf, Zivilisten an der Regierung teilhaben zu lassen. Das sudanesische Volk habe klar zum Ausdruck gebracht, dass es einen von Zivilisten angeführten politischen Übergang wolle, sagte ein Ministeriumssprecher in Washington.
Ende einer jahrzehntelangen Diktatur
Demonstranten hatten ein Gebäude des mächtigen Geheimdienstes in der Stadt Kasala im Osten des Landes gestürmt, wie Augenzeugen berichteten. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Soldaten hätten ferner das Hauptquartier von al-Bashirs Partei gestürmt.
Seit Monaten demonstrieren Zehntausende gegen den autoritären Staatschef, der das Land im Nordosten Afrikas seit drei Jahrzehnten mit harter Hand regiert. Ausgelöst wurden die Demonstrationen durch die schwere Wirtschaftskrise. Doch die Proteste richteten sich zunehmend gegen den 75 Jahre alten Präsidenten selbst.
Die Proteste spitzten sich seit dem Wochenende zu, Tausende Menschen versammelten sich täglich zu einer Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte, die auch gleichzeitig die Residenz von Al-Baschir ist. Sicherheitskräfte gingen teilweise mit scharfer Munition vor und töteten einem Ärzteverband zufolge mindestens 21 Menschen. Dabei stellten sich Angaben aus Khartum zufolge auch Teile der Streitkräfte auf die Seite der Demonstranten und lieferten sich Schusswechsel mit Sicherheitskräften.
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Der Sudan ist einem UN-Index zufolge eines der 25 ärmsten Länder der Welt. Bis zur Abspaltung des Südsudans war die Wirtschaft stark vom Öl abhängig, dies machte der Weltbank zufolge die Hälfte der Staatseinnahmen und 95 Prozent der Exporte aus. Doch 2011 verlor der Sudan die meisten Ölfelder. In diesem Jahr wird laut des Internationalen Währungsfonds IWF mit einem Wirtschaftswachstum von -2,3 Prozent gerechnet. In dem Land, das etwa fünf Mal größer ist als Deutschland, leben rund 41 Millionen Menschen.
- Nachrichtenagentur Reuters, dpa, AFP