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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Konferenz in Brüssel Warum Geld für Syrien auch Europa hilft
Mit der Syrien-Konferenz in Brüssel ist das Land einem Frieden kein Stück näher gekommen. Ist sie gescheitert? Nicht ganz. Das gesammelte Geld ist für die Syrer wichtig – und für Europa.
Die traurige Geschichte des syrischen Bürgerkriegs lässt sich als Geschichte gescheiterter Friedenskonferenzen erzählen. Sie beginnt Ende 2011, kurz nachdem der Konflikt im März mit einer Demonstration gegen Präsident Baschar al-Assad in Damaskus begonnen hatte. Die Arabische Liga versuchte sich damals dafür einzusetzen, dass Regierung und Opposition miteinander sprechen statt aufeinander zu schießen.
Ohne Erfolg – und längst in Vergessenheit geraten. So wie die meisten der mehr als zwanzig weiteren Syrien-Konferenzen, die in den sieben Jahren Bürgerkrieg folgen werden.
Viele Konferenzen, kein Frieden
Um den Überblick zu behalten, benennen Kenner die wichtigsten Konferenzen nur noch mit einer Kombination aus Ortsnamen und römischen Ziffern: Genf I , Genf II, Genf III bis hin zu Genf IX. Oder Astana I bis IX. Genf steht für die Konferenzen der Vereinten Nationen (UN), im Juni 2012 fand die erste statt. Die Astana-Gespräche wurden Ende 2016 auf Initiative Russlands begründet. Doch es gab auch noch Wien, Sotschi, Ankara und andere.
Akteure und Ziele der Konferenzen unterscheiden sich zum Teil. Allen gemein ist: Sie sind gescheitert. Einem Frieden ist Syrien in sieben Jahren nicht näher gekommen.
Das ändert sich auch nicht mit der Konferenz, die jetzt in Brüssel zu Ende gegangen ist. Es handelt sich dabei um Brüssel II. Schon vergangenes Jahr gab es diese Konferenz, die zwei große Ziele verfolgt: Geld für die Menschen in Syrien sowie die in Nachbarländer geflüchteten Syrer sammeln. Und den Friedensprozess voranbringen.
Geld gab es, Frieden nicht. Das haben Brüssel I und II gemein.
Viele Akteure, viele Interessen
Dass es keinen Frieden gibt, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen hat sich der Bürgerkrieg zwischen Opposition und Regierung in Syrien mit den Jahren zu einem Stellvertreterkonflikt mit vielen Beteiligten entwickelt. Grob gesagt: Der Westen unter Führung der USA unterstützt die moderateren Kräfte der zersplitterten und zum Teil islamistischen Opposition. Russland unterstützt die Assad-Regierung. Aber auch Staaten wie die Türkei und der Iran verfolgen eigene Interessen.
Zum anderen wird seit sieben Jahren die gleiche Frage diskutiert – ohne Ergebnis: Kann Assad nach dem Bürgerkrieg Präsident bleiben? Der Westen sagt: zumindest auf lange Sicht nicht. Russland, einer der letzten Verbündeten Assads, sieht das anders. Auch wenn einige Beobachter glauben, dass Russland nicht unbedingt darauf bestehen würde, Assad um jeden Preis als Staatschef zu halten.
Doch selbst wenn man sich auf ein Syrien ohne Assad einigen könnte: Wie soll man Assad davon überzeugen?
Umsonst war Brüssel II nicht
Den festgefahrenen Friedensprozess konnte auch Brüssel II nicht wirklich voranbringen, das war auch nicht zu erwarten. Vergeblich war die Konferenz trotzdem nicht. Denn Geld ist zwar kein Frieden, aber Geld ist auch nicht nichts. Durch den Bürgerkrieg sind 13 Millionen Syrer auf der Flucht. 6,3 Millionen innerhalb Syriens und die meisten anderen in den Nachbarländern wie der Türkei, dem Libanon und Jordanien. Um sie an Ort und Stelle versorgen zu können, braucht es das nun in Brüssel eingesammelte Geld.
Wie im vergangenen Jahr dürfte ein Großteil des Geldes über das Welternährungsprogramm der UN bei den Menschen ankommen. Das ist wichtig für die Syrer selbst. Aber es liegt auch im Eigeninteresse Europas.
Denn viele der Flüchtlinge, die 2015 auf dem Höhepunkt des Zuzugs nach Europa kamen, waren aus Syrien und den Nachbarländern weitergezogen – aus einem simplen Grund: Sie waren hungrig. Darüber sind sich Beobachter weitgehend einig. Das Welternährungsprogramm hatte seine Hilfe für die syrischen Flüchtlinge in der Region stark kürzen müssen, weil die Staaten nicht genug Geld eingezahlt hatten.
Noch nicht so viel Geld wie erhofft
Der Chef des Welternährungsprogramms, David Beasley, stellte nun in Brüssel eine simple Rechnung auf: Es koste 50 Cent am Tag, einen Syrer in Syrien oder der Region zu ernähren. Und in Deutschland: 50 Euro.
Die Staaten haben in Brüssel nun bislang 4,4 Milliarden US-Dollar zugesagt und somit das Ziel von mehr als sieben Milliarden klar verfehlt. Weil unter anderem die USA noch keine festen Zusagen gemacht haben, hoffen die UN aber, dass dieses Jahr noch mehr zusammenkommt.
Syrien wieder aufzubauen, kostet Schätzungen zufolge 200 Milliarden US-Dollar. So oder so reicht das Geld also nur für das Nötigste – selbst im besten Fall. Im Syrien-Konflikt ist aber auch das schon ein Erfolg.