Nach tagelangem Gezerre Chemiewaffenexperten sollen nach Duma reisen dürfen
Was geschah wirklich bei dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma? Am Mittwoch dürfen Experten zum Ort des Vorfalls reisen. Dies hatten Moskau und Damaskus bislang verweigert.
Der mutmaßliche Giftgaseinsatz im syrischen Duma sorgt weiter für Streit zwischen dem Westen und Russland. Die USA und Großbritannien warfen der Regierung in Moskau am Montag vor, internationale Experten nicht zum angeblichen Ort des Geschehens vorzulassen. Die Regierung in Moskau lieferte unterschiedliche Begründungen. Nun sollen die Experten der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) am Mittwoch nach Duma reisen könne.
Das russische Militär versprach, den Besuch der unabhängigen Chemiewaffen-Inspekteure zu sichern. Generalmajor Juri Jewtuschenko sagte am Montag, die russische Militärpolizei sei bereit, zu helfen, die Experten der OPCW zu beschützen.
Der Generaldirektor der Organisation, Ahmet Üzümcü, hatte zuvor erklärt, russische und syrische Behördenvertreter hätten seine Inspekteure unter Verweis auf Sicherheitsfragen davon abgehalten, nach Duma zu gelangen. Stattdessen seien ihnen zunächst 22 Menschen zur Zeugenbefragung bereitgestellt worden.
Der russische Vizeaußenminister Sergei Rjabkow lieferte am Montag widersprüchliche Begründungen für die Blockade der Experten. Die Ermittler könnten Duma ohne eine angemessene Erlaubnis durch die UN nicht betreten, erklärte er. Man habe die Experten nicht hineingelassen, weil sie es nicht geschafft hätten, die Bestätigung durch die UN-Behörde für Schutz und Sicherheit zu erhalten. Dazu erklärte UN-Sprecher Stéphane Dujarric, die Vereinten Nationen hätten der OPCW-Mission die "notwendigen Genehmigungen" für ihre Arbeit in Duma erteilt.
Bei der Agentur Interfax sprach Rjabkow mit Blick auf die Zugangsverweigerung wiederum von einer "weiteren Erfindung der Briten". Angeblich hätten die OPCW-Experten wegen der Raketenangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs ihre Untersuchungen bislang nicht aufnehmen können. "Die Folgen der illegalen und rechtswidrigen Handlungen verhindern das", sagte er.
Streit um mutmaßlichen Giftgasangriff
Russland und Syrien haben bestritten, dass es in der Stadt Duma am 7. April einen Giftgasangriff gab. Hilfsorganisationen haben dagegen erklärt, dass Dutzende Männer, Frauen und Kinder dabei getötet worden seien. Die Experten der OPCW trafen bereits in der kommenden Woche ein, um ihre Ermittlungen aufzunehmen. Sie wollen etwa Proben nehmen oder Zeugen befragen. Sollten sie einen Gifteinsatz bestätigen, dürfen sie sich allerdings nicht dazu äußern, wer dafür verantwortlich ist.
Der US-Gesandte bei der OPCW, Kenneth Ward, äußerte sich besorgt, dass russische Vertreter die Stelle des mutmaßlichen Gifteinsatzes besucht und manipuliert haben könnten, um die Ermittlungen zu behindern. Dem widersprach der russische Außenminister Sergej Lawrow in der BBC. "Ich kann garantieren, dass Russland die Stelle nicht manipuliert hat." Duma selbst wird nach dem Abzug der letzten Rebellen wieder vollständig von syrischen und russischen Sicherheitskräften kontrolliert.
Vorerst keine neuen Sanktionen der EU
Die USA, Großbritannien und Frankreich bombardierten am Samstag nach eigenen Angaben drei syrische Chemiewaffenzentren. Die Angriffe ändern jedoch nichts an der Vorherrschaft des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad.
Die 28 Außenminister der EU unterstützten auf ihrem Treffen in Luxemburg das Vorgehen der drei UN-Vetomächte und behalten sich weitere Strafmaßnahmen gegen Syrien vor, wie sie gemeinsam erklärten. Neue Sanktionen gegen Russland gibt es dagegen vorerst nicht. Die EU hat gegen Russland insbesondere wegen des Ukraine-Konflikts zahlreiche Strafmaßnahmen verhängt. Einige Mitgliedstaaten mit engen Wirtschaftsbeziehungen zu Russland tun sich damit schwer und sehen neue Sanktionen kritisch.
Bundesaußenminister Heiko Maas forderte von Russland einen konstruktiven Beitrag zur Lösung der Krise. "Ob es einem gefällt oder nicht, ohne Russland wird man den (politischen) Prozess nicht wieder in Gang setzen können."
USA denken über weitere Strafmaßnahmen nach
Wie die EU hielten sich auch die USA zunächst mit weiteren Sanktionen zurück. Eine Sprecherin von US-Präsident Donald Trump sagte, die Regierung in Washington erwäge weitere Strafmaßnahmen. Eine Entscheidung darüber solle in naher Zukunft fallen. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind wegen der russischen Rolle in Syrien und in der Ukraine sowie der mutmaßlichen Einmischung in den US-Wahlkampf so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Vor den Luftangriffen am Wochenende hatte es sogar die Befürchtung gegeben, dass die beiden Atommächte in Syrien auch militärisch aneinandergeraten könnten. Russland hat in dem Bürgerkriegsland zahlreiche Soldaten stationiert und unterhält dort einen Fliegerhorst und einen Marinehafen. Die USA sind mit etwa 2000 Bodentruppen vertreten.
- dpa, AP, Reuters