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Russland schwächelt in Afrika: Das Ende der Söldner-Operationen?


Russland schwächelt in Afrika
Das Ende der russischen Söldner-Operationen?

MeinungEin Gastbeitrag von Ulf Laessing

10.02.2025 - 09:50 UhrLesedauer: 4 Min.
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Banner in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso: Wird das Land künftig weiter militärisch von Russland unterstützt? (Quelle: Achille Abboud/imago-images-bilder)
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Per Schiff und Tieflader-Kolonne schickte Russland Mali quasi als Neujahrsgruß Panzer, Truppentransporter und Artilleriekanonen. Doch der Schein ungebrochener Unterstützung Russlands trügt.

Die Fahrzeuge kamen per Schiff in Malis südlichem Nachbarland Guinea an und wurden in einer langen Tieflader-Kolonne in die mehr als 900 Kilometer entfernte Hauptstadt Bamako gekarrt. Die Lieferung aus hochmodernen Geschützen und Sowjet-Resterampe wie etwa fünfzig Jahre alten Panzern überraschte. Denn um die Söldner der Wagner-Gruppe war es zuletzt eher still geworden.

Die Russen helfen der Militärregierung seit 2022, Dschihadisten zu bekämpfen; sie sind der letzte Verbündete Malis, seitdem westliche Partner wie die französische Armee und die Bundeswehr abgezogen sind. Die Söldner haben aber wenig bewirkt und seit einer Niederlage im Juli 2024 im Norden wenig große Operationen gefahren. Damals hatten Dschihadisten und Tuareg-Rebellen Dutzende Söldner getötet.

(Quelle: KAS)

Zur Person

Ulf Laessing leitet das Regionalprogramm Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in Malis Hauptstadt Bamako.

Jetzt dürfte es noch ruhiger werden: Seit dem Fall des syrischen Verbündeten Assad strukturiert Russland seine Afrika-Operationen gezwungenermaßen um. Denn die Transportmaschinen tankten auf dem Weg nach Afrika immer auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt in Syrien, wo auch Kämpfer, Waffen und Munition an Bord gingen – aus Russland ist die Flugdistanz zu weit. Es ist noch unklar, ob die neuen Machthaber Russland weiter den Luftwaffen- und Marinestützpunkt überlassen. Die russischen Kriegsschiffe, die auch viel Material für Afrika heranschafften, schippern seit Assads Fall scheinbar ziellos im Mittelmeer herum.

Moskau ist dabei, in Ost-Libyen einen neuen Afrika-Umschlagplatz aufzubauen. Doch dort hat Russland keinen Marinestützpunkt und muss erst einmal in Tank- und Warenlager investieren. Der Afrika-Nachschub wird künftig ausschließlich per Flugzeug laufen – das wird teurer.

Gruppe Wagner vor Zerschlagung

Moskau hat seit Assads Fall laut Flugtracking-Daten schon etwa fünf Versorgungsflüge aus Libyen nach Mali zustande gebracht. Doch in Libyen ist Russlands Position unsicherer als in Syrien, wo Assad neben dem Iran nur Putin als Partner hatte. Moskaus Partner Khalifa Haftar kontrolliert nur den Osten des Landes und gilt als sprunghaft – er unterhält auch Beziehungen zu Europa und den Vereinigten Staaten.

Da kommt es Russland ganz gelegen, aus innenpolitischen Gründen weniger in Afrika zu machen. Denn Moskau will die letzten Überbleibsel der Wagner-Gruppe zerschlagen. Firmengründer Jewgeni Prigoschin baute mit Rückdeckung Putins durch persönliche Kontakte die Afrika-Operationen auf.

Als er im 2023 einen kurzlebigen Aufstand gegen Putin anzettelte und später bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz umkam, ließ der Kreml die Wagner-Strukturen in Afrika weiterlaufen. Mit einem neuen Afrika-Korps übernahm das Verteidigungsministerium zwar formell die Kontrolle, nahm aber nur vorsichtig Änderungen in Mali und anderswo vor. Neue Verträge wie in Niger und Burkina Faso wurden mit dem Afrika-Korps geschlossen und sehen deutlich weniger Personal vor – bei "Altkunden" wie Mali änderte sich erst mal wenig. Die Kundenbeziehungen, die Prigoschin und seine Getreuen aufgebaut hatten, liefen weiter.

Die Rambos verschwinden aus der Region

Doch jetzt sieht Moskau Prigoschins alte Netzwerke so geschwächt, dass das Afrika-Korps die Kontrolle übernimmt. In Libyen wurden die Wagner-Kämpfer vergangenes Jahr bereits ausgewechselt, nun kommt Mali dran. Dort läuft der alte Vertrag ab, und der neue soll mit dem Afrika-Korps abgeschlossen werden. Die Lieferung des schweren Geräts soll wohl Mali den Übergang schmackhaft machen.

Denn das Profil des Afrika-Korps ist anders als Wagner. Das Korps macht vor allem Trainings und Personenschutz. Prigoschin sah sich hingegen als Draufgänger und zog Kämpfer vom Typ Rambo an. Er produzierte sogar einen Spielfilm über einen Söldner, der in Afrika das Abenteuer suchte: Premiere war in einem Stadium in der Zentralafrikanischen Republik – quasi ein Rekrutierungsvideo. Prigoschin versprach seinen Kämpfern Action wie in Kriegsfilmen – und diesem Ruf wurden seine Männer in Afrika schnell gerecht, mit Berichten über Tötungen von Zivilisten.

Andere Player gewinnen an Bedeutung

Das Afrika-Korps ist mehr dafür bekannt, professioneller und eher risikoscheu zu sein – zu den Aufgaben gehören Trainings, das Betreiben von Hightech-Waffen sowie Objekt- und Personenschutz. In Burkina Faso beschützt das Korps etwa Militärpräsident Ibrahim Traoré, in Libyen bedienen die Russen Luftabwehr-Raketengeschütze und bewachen Ölfelder. Im Sahel könnte das Korps eine 5.000 Mann starke Truppe trainieren, die Mali, Niger und Burkina Faso aufbauen.

Doch das Korps-Profil dürfte Russlands Attraktivität in Afrika sinken lassen. Die Wagner-Söldner wurden geholt, weil sie etwas machen, was westliche Armeen ablehnen – in die Schlacht ziehen ohne Rücksicht auf Verluste und Risiko. Im Bereich Training stößt Russland nun auch auf starke Konkurrenz durch eine Vielzahl privater Firmen und staatlicher Partner. Die Europäische Union hat etwa gerade die Trainingsmission für malische Polizisten um zwei Jahre verlängert. Die Türkei ist noch viel stärker im Geschäft und trainiert Soldaten in fast allen Sahelstaaten.

Mali und andere afrikanische Länder brauchen zudem Drohnen, die billiger als Flugzeuge sind und in Konflikten in Afrika wie Libyen oder Äthiopien bereits zum Einsatz gekommen sind. Die Türkei ist mit der Bayraktar-Drohne Marktführer, gefolgt von China mit dem Wing-Loong-Modell, das auch von den Vereinigten Arabischen Emiraten in Afrika vertrieben wird. Russland hat keine leistungsfähige Drohne und ist im Ukraine-Krieg auf den Iran angewiesen. Panzer braucht man in Afrika weniger, um Dschihadisten zu bekämpfen, die auf Motorrädern aus dem Busch auftauchen.

Putin wird priorisieren

Russland wird versuchen, mit Desinformationen davon abzulenken, dass es in Afrika künftig weniger bieten kann. Moskau hat bis zu Assads Fall Gespräche über Militärkooperationen mit Kamerun, der Demokratischen Republik Kongo als auch der Republik Kongo, Togo, Guinea-Bissau, Guinea und dem Tschad geführt. Tschads Präsident Mahamat Déby flog vergangenes Jahr nach Moskau, um Putin zu treffen. Herausgekommen ist jedoch nichts – allenfalls der Tschad würde Sinn ergeben, weil Déby Unterstützung gegen Rebellen-Angriffe sucht, seitdem er eine Kooperation mit Frankreich beendet hat.

Putin wird priorisieren, welche Länder in Afrika strategisch wichtig sind. Ganz oben auf der Liste steht Libyen – die mit knapp 2.000 Mann größte Operation des Afrika-Korps auf dem Kontinent und wichtigster Logistikstandort.

Was immer Russland noch an Gerät abgeben kann, wird dorthin gehen, um Haftar bei Laune zu halten. An zweiter Stelle kommt der Sudan, wo Putin einen Marinestützpunkt haben will. Der Tschad wäre auch interessant, um die Grenze nach Libyen abzusichern. Die Sahelländer werden vermutlich eher weiter unten auf Putins Liste stehen.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinungen der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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