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Russland zieht Soldaten von finnischer Grenze ab – und setzt auf Migranten


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Russland zieht Soldaten von Nato-Flanke ab
Gehen Putin in der Ukraine die Kräfte aus?


20.06.2024Lesedauer: 5 Min.
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Ein Soldat der russischen Armee im ukrainischen Gebiet Saporischschja (Symbolbild): Putin setzt an Finnlands Grenze auf einen hybriden Krieg. (Quelle: IMAGO/Alexander Polegenko/imago)
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Laut einem Medienbericht hat Russland große Teile seiner Truppen entlang der finnischen Grenze abgezogen. Dennoch hält Putin Drohungen aufrecht: Er setzt wohl auf ein altbekanntes Mittel.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die europäische Sicherheitsarchitektur in den Grundfesten erschüttert. Einer der Gründe, den der russische Präsident Wladimir Putin für seine Aggression immer wieder anführt, ist die Osterweiterung der Nato. Russland fühle sich dadurch angeblich bedroht, heißt es. Dass Putins Invasion in die Ukraine dazu geführt hat, dass mit Finnland und Schweden zwei weitere Staaten in seiner Nachbarschaft der Nato beitreten, freut den Kremlchef dementsprechend nicht.

Vor allem der Beitritt Finnlands im vergangenen April gibt Putin zu denken – immerhin hat sich so die unmittelbare Grenze zwischen Russland und Nato-Staaten auf einen Schlag um rund 1.340 Kilometer mehr als verdoppelt. Entsprechend erhöhte der russische Staatschef den Druck auf Finnland: Mehr Truppen sollen an der Grenze stationiert werden, erklärte Putin mehrfach. Im Dezember sagte er gar, dass Russland bisher keine Probleme mit Finnland gehabt habe, "aber jetzt wird es sie geben". Im März sagte er dann, dass nicht näher benannte "Zerstörungssysteme" an die Grenze verlegt würden. Wie beiläufig erwähnt der Kremlchef dabei auch stets das russische Atomwaffenarsenal – ebenfalls eine unverhohlene Drohung.

Russland zieht wohl 80 Prozent seiner Truppen von finnischer Grenze ab

Doch bisher ist wohl nicht viel dran an den Drohkulissen des Kremlchefs. Sein Angriffskrieg in der Ukraine verschlingt große Ressourcen: Tag für Tag sterben hunderte Männer an der Front und die russischen Depots leeren sich angesichts großer Verluste beim Kriegsgerät. Das ist offenbar verheerend für Russlands Bedrohungspotenzial an der Grenze zu Finnland, wie ein Bericht der finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Yle nahelegt.

Aus finnischen Militärkreisen will der Sender erfahren haben, dass Russland durchschnittlich 80 Prozent seiner Truppen und der Ausrüstung der Landstreitkräfte von den Militärbasen entlang der finnischen Grenze abgezogen und in die Ukraine geschickt hat. Die Garnisonen sollen weitestgehend verwaist sein. Ähnlich soll es in anderen Regionen Russlands aussehen – lediglich in der Region Moskau seien die Militärbasen weiterhin gut besetzt. Ebenfalls seien die Luftwaffen- und Marinebasen rund um St. Petersburg nicht vom Abzug von Kräften betroffen. Dennoch befürchtet Finnland Russlands hybride Kriegsführung an der "grünen Grenze" – dabei Putin wohl auf eine altbekannte Strategie.

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"Manchmal gibt es neue Ausbildungschargen, was bedeutet, dass die Anzahl des Personals je nach Ausbildungssituation variiert", erklärte die Quelle, die anonym bleiben wollte, im Gespräch mit Yle. Auch die Ausrüstung komme und gehe. "Es gibt nur noch Ausbilder für den Grundwehrdienst, während alle Vertragssoldaten zum Einsatz gezwungen wurden", heißt es weiter. Nach ihrer Ausbildung würden die Soldaten jedoch wohl in der Ukraine eingesetzt.

Satellitenbilder zeigen Exodus in russischen Basen

Im jährlichen Bericht des norwegischen Militärnachrichtendienstes Etterretningstjenesten zu den Sicherheitsrisiken für Norwegen erklärt die Behörde ebenfalls, dass Russland rund 80 Prozent seiner Landstreitkräfte von der Halbinsel Kola abgezogen hat. Und bereits in den ersten Monaten der russischen Invasion war gemeldet worden, dass Russland seine Militärbasen an der finnischen Grenze leerte. Dass dieser Zustand offenbar anhält, ist angesichts des finnischen Nato-Beitritts erstaunlich. Russland sieht Mitglieder des Verteidigungsbündnisses automatisch als feindlich an.

Zusätzlich hat Yle Satellitenbilder ausgewertet, die im Vergleich mit Bildern von vor einem Jahr die Einschätzung des finnischen Militärs zumindest in Teilen bestätigen. Tatsächlich zeigen sie, dass das dort geparkte Militärgerät in großen Mengen abgezogen wurde. Es liegt nahe, dass Russland die Panzer, Mannschaftswagen und Artilleriesysteme in der Ukraine benötigt.

Zudem aber zeigen die Aufnahmen, dass etwa die Militärbasis von Petrosawodsk – weniger als 200 Kilometer Luftlinie von der finnischen Grenze entfernt – sogar um eine zusätzliche Halle erweitert wurde. Diese könnte dazu genutzt werden, um beschädigtes Material zu reparieren oder veraltetes Kriegsgerät für den Fronteinsatz vorzubereiten. Aufgrund der großen Verluste an der Ukraine-Front ist Russland schon seit Längerem dazu übergegangen, auch eigentlich stark veraltete Fahrzeuge etwa aus den 1960er-Jahren wieder herzurichten.

Europäische Militärs und Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland nach einem Ende des Ukraine-Kriegs zwischen drei und fünf Jahren bräuchte, um die Kampffähigkeit und das Bedrohungspotenzial seiner Streitkräfte wiederherzustellen. Diese Einschätzung hängt jedoch stark davon ab, wie lange der Krieg andauert und ob es westlichen Staaten mittels Sanktionen gelingt, die russische Rüstungsindustrie nachhaltig zu schwächen.

Russland setzt auf hybriden Krieg

Dass Russlands Militärbasen nahe Finnland schwächer besetzt sind, bedeutet jedoch nicht, dass keine Bedrohung entlang der Nato-Grenze besteht. Seit Monaten berichten die finnischen Sicherheitsbehörden von hybriden Angriffen Russlands. Einerseits hat sich die Zahl von Cyberangriffen auf finnische Unternehmen und Institutionen massiv erhöht. Andererseits nutzt Russland erneut Migranten aus dem Nahen Osten als Mittel zur Destabilisierung von Nachbarländern.

Dieses Vorgehen ist altbekannt: Schon in den Vormonaten des Ukraine-Kriegs, etwa ab Juli 2021, wurden tausende Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika über Russland und Belarus an die EU-Grenze geschleust. Besonders betroffene Länder wie Polen und die baltischen Staaten riefen teils den Notstand aus und bezichtigten das Regime von Alexander Lukaschenko in Minsk, die EU damit destabilisieren zu wollen. Infolge der Krise haben diese Staaten ihre Grenzbefestigungen deutlich ausgebaut.

Nun könnte Russland an der finnischen Grenze erneut eine Migrationskrise herbeiführen. Schon im Februar meldete das finnische Innenministerium, dass "Tausende von Menschen auf der russischen Seite darauf warten, nach Finnland zu gelangen". Mehr dazu lesen Sie hier. Russland bestreitet die Vorwürfe, Nachbarländer zu destabilisieren. Danach hat sich die Lage zunächst etwas entspannt, doch jetzt beginnt der Sommer.

Video | Spannungen mit Nato-Mitglied: "Russland wird reagieren"
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Quelle: t-online

Finnland will rigoros gegen Migranten vorgehen

Die finnische Grenze mit Russland ist 1.340 Kilometer lang. Nur wenige Kilometer davon sind mit Mauern und Zäunen befestigt, der Großteil besteht vor allem aus dichtem Wald – eine grüne Grenze. Im Winter ist es kaum möglich, das Dickicht und die Sümpfe zu durchdringen, wenn man nicht die entsprechende Ausbildung und Ausrüstung hat. Der Sommer macht dies mit den deutlich höheren Temperaturen zumindest etwas leichter.

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Der finnische Grenzschutz ist angesichts dessen alarmiert, fordert mehr Unterstützung der EU beim Bau von Grenzanlagen. Zudem patrouillieren insgesamt rund 3.000 Grenzschützer in dem Gebiet. Die seit vergangenem Jahr amtierende finnische Mitte-Rechts-Regierung will zudem das Migrationsrecht deutlich verschärfen. Unter anderem stellte sie Ende Mai einen Gesetzentwurf vor, der es ihren Grenzschützern erlauben soll, Flüchtlinge zurückzuweisen. Der Europarat hat sich angesichts dessen bereits besorgt geäußert.

"Finnland sollte den Gesetzentwurf ablehnen, den Zugang zu Asyl schützen und Schnellabschiebungen verhindern", schrieb der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty, in einem am Montag veröffentlichten Brief an Finnlands Parlamentspräsidenten Jussi Halla-aho. Er zeigte zudem Zweifel, ob das Vorhaben mit den Menschenrechten vereinbar ist. Helsinki sollte "weiterhin nach alternativen Lösungen suchen, die mit seinen Menschenrechtsverpflichtungen im Einklang stehen", betonte der Europarats-Kommissar.

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