Armenien beschuldigt Aserbaidschan EU-Beobachter in Krisengebiet im Kaukasus unter Beschuss geraten
Armenien und Aserbaidschan liefern sich immer wieder Gefechte – trotz Waffenstillstandsabkommen. Nun gerieten EU-Einsatzkräfte zwischen die Fronten.
EU-Grenzbeobachter sind nach EU-Angaben an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan unter Beschuss geraten. Bei dem Vorfall sei niemand verletzt worden, erklärte die EU-Mission in Armenien (EUMA) am Dienstag. Die armenische Regierung machte das aserbaidschanische Militär für den Vorfall verantwortlich. Aserbaidschan wies dies zurück.
Das Verteidigungsministerium in Eriwan erklärte, das aserbaidschanische Militär habe das Feuer eröffnet, als EU-Beobachter im kleinen armenischen Dorf Werin Schorscha rund sechs Kilometer von der Grenze entfernt auf Patrouille gewesen seien. Baku wies dies als Falschmeldung zurück.
Die EUMA schrieb auf Twitter lediglich, dass "eine EUMA-Patrouille bei dem Schießerei-Vorfall in unserem Verantwortungsbereich anwesend war". Es sei keiner der Mitarbeiter verletzt worden. Die Mission äußerte sich zunächst nicht dazu, wer das Feuer eröffnete und ob das Auto gezielt angegriffen wurde.
EU entsendet 100 Einsatzkräfte
Armenien und Aserbaidschan streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Grenzregion Berg-Karabach auf aserbaidschanischem Gebiet. Dabei starben bislang rund 30.000 Menschen.
Der Konflikt um Bergkarabach
Der Konflikt ist einer der ältesten der Neuzeit. Die Führung der Sowjetunion sprach das überwiegend armenisch bewohnte Gebiet 1921 Aserbaidschan zu. Dagegen gab es in Bergkarabach immer wieder Proteste, bis Ende der 1980er-Jahre ein blutiger Konflikt ausbrach, in den schließlich auch Armenien einstieg und gemeinsam mit der Armee Bergkarabachs die Region unter ihre Kontrolle brachte. 2020 startete Aserbaidschan eine Offensive, um die Region zurückzuerobern. Bergkarabach selbst bezeichnet sich als unabhängig, in einer UN-Resolution wurde das Gebiet bis zu einer endgültigen Lösung des Konflikts Aserbaidschan zugesprochen.
Nach Kämpfen mit mehr als 6.500 Todesopfern im Jahr 2020 hatte Russland ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang. Seitdem gibt es weiterhin immer wieder tödliche Auseinandersetzungen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze. Ende Februar hatte die EU angekündigt, das Personal der zivilen Mission Euma von 40 auf 100 Einsatzkräfte aufzustocken, um die Region zu stabilisieren. Baku und Moskau übten deutliche Kritik an der neuen EU-Beobachtermission.
Russland fordert Freigabe des Latschin-Korridors
Aserbaidschaner blockieren zudem seit Monaten den Latschin-Korridor, der Armeniens einziger Zugang zu Berg-Karabach ist. Russland forderte Aserbaidschan am Dienstag auf, die Blockade aufzugeben. Moskau habe die Notwendigkeit von Maßnahmen zur "raschen Deeskalation der Lage um Berg-Karabach" betont, erklärte das russische Außenministerium nach einem Telefonat von Außenminister Sergej Lawrow mit seinem aserbaidschanischen Kollegen Dscheihun Bairamow.
Lawrow habe in dem Gespräch die Umsetzung von zuvor vereinbarten Schritten gefordert, "einschließlich der Freigabe humanitärer Routen", zu denen auch die Verbindung nach Berg-Karabach, der sogenannte Latschin-Korridor, zähle.
Beobachter beschreiben die Lage in Berg-Karabach als katastrophal. Nach Angaben des UN-Botschafters Armeniens, Mer Margarjan, führte die Blockade inzwischen zu einem "schweren Mangel" an Lebensmitteln, Medikamenten, Gas und Treibstoff.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa