Evakuierung schreitet voran Bundeswehr fliegt weitere 100 Menschen aus dem Sudan aus
Die Bundeswehr hat weitere Menschen aus dem Sudan evakuiert. Indes haben sich die Konfliktparteien auf eine Waffenruhe geeinigt. Ob sie hält, ist unklar.
Angesichts der eskalierenden Gewalt im Sudan setzt Deutschland die Evakuierung ausländischer Staatsbürger fort. "Die Evakuierung läuft weiter, wir planen weitere Flüge", sagte ein Bundeswehrsprecher am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Mit insgesamt fünf Flügen seien seit Sonntagabend knapp 500 Menschen außer Landes gebracht worden, darunter vor allem deutsche Staatsbürger aber auch Angehörige anderer Nationen. "Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen auszufliegen", sagte der Sprecher weiter.
Nach Informationen von t-online hatte die Bundeswehr in den ersten drei Flügen 144 Deutsche, 39 Sudanesen, 20 Jordanier und 71 EU-Bürger aus dem umkämpften Sudan gerettet. Zusätzlich konnten 25 Deutsche durch Hilfsorganisationen ausreisen. Neun Deutsche wurden mithilfe von Frankreich evakuiert.
Die Evakuierungen starteten demnach von einem Flugplatz außerhalb der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Deutschland habe dort die Koordination aller Flüge von Frankreich übernommen und regele Flugzeiten und den praktischen Betrieb. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe in Khartum hatten Deutschland und zahlreiche andere Länder Evakuierungseinsätze für ihre Staatsangehörigen in dem nordostafrikanischen Land gestartet.
Feuerpause gestartet
Unter Vermittlung der USA trat Dienstag eine neue Waffenpause zwischen den Konfliktparteien im Sudan in Kraft. Bei den seit zehn Tagen anhaltenden Gefechten zwischen der Armee und der RSF-Miliz wurden nach UN-Angaben bereits mehr als 400 Menschen getötet und über 3.700 weitere verletzt. Es herrschte allerdings Skepsis, ob die Waffenruhe eingehalten wird.
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Der UN-Sicherheitsrat will in einer Dringlichkeitssitzung erneut über die Lage im Sudan beraten. Diplomatenkreisen zufolge soll er wahrscheinlich in öffentlicher Runde am Dienstagabend gegen 21:00 Uhr (MESZ) zusammenkommen.
Zuletzt wurde Waffenruhe nicht eingehalten
US-Außenminister Antony Blinken hatte am Montag darüber informiert, dass sich die sudanesischen Streitkräfte und die mit ihnen rivalisierenden paramilitärischen Einheiten (Rapid Support Forces, RSF) darauf geeinigt hätten, ab Mitternacht für 72 Stunden eine landesweite Waffenruhe einzuhalten. Die RSF bestätigten die Feuerpause und kündigten die Einrichtung humanitärer Korridore an, um Zivilisten Zugang zu ärztlicher Versorgung und Schutzzonen zu ermöglichen sowie die Evakuierung ausländischer Diplomaten zu unterstützen.
Bereits zuvor hatte es ähnliche Ankündigungen der Konfliktparteien gegeben, die jedoch nicht eingehalten wurden. So brachen sie mehrfach eine selbst vereinbarte Feuerpause für die Eid-al-Fitr-Feierlichkeiten zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, die bis Montagabend gelten sollte.
USA: Einhaltung der Feuerpause so gut wie möglich überwachen
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte dem Fernsehsender CNN, man habe seit Beginn der Kämpfe im Sudan in engem Kontakt mit den Anführern beider Lager gestanden, um sie zu einem stabilen Waffenstillstand zu bewegen. Nun gelte es die Einhaltung der neuerlichen Feuerpause so gut wie möglich zu überwachen.
Blinken betonte, um auf ein dauerhaftes Ende der Kämpfe hinzuarbeiten, wollten sich die USA mit regionalen und internationalen Partnern sowie sudanesischen Akteuren abstimmen. Es solle ein Ausschuss eingerichtet werden, der Verhandlungen über ein Ende der Gefechte und die Umsetzung der Ergebnisse überwachen solle.
Diese Konfliktparteien bekämpfen sich im Sudan
Im Sudan waren vor mehr als einer Woche schwere Kämpfe zwischen dem Militär und Paramilitär ausgebrochen. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, will mithilfe des Militärs seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo entmachten, den Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe RSF.
Die zwei Männer hatten die Führung des Landes am Horn von Afrika mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021 übernommen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des Konflikts mehr als 400 Menschen getötet und rund 4.000 verletzt worden. Mehr zum Hintergrund der Kämpfe im Sudan lesen Sie hier.
Erneute Angriffe in Omdurman
Während am Montag weiterhin ausländische Staatsbürger aus dem Sudan evakuiert wurden, gab es erneut heftige Kämpfe im Land. Unter anderem flog die sudanesische Luftwaffe laut Medienberichten erneut Angriffe in der Stadt Omdurman, die an die Hauptstadt Khartum angrenzt.
Inzwischen hat Deutschland von Frankreich die Abstimmung von Evakuierungsflügen aus dem Krisenstaat übernommen. Die Bundeswehr sei nun zuständig für die Koordination der Flugbewegungen zum Aufnahmeflugplatz, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in der Nacht zum Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei geht es darum, Flugzeiten und den praktischen Betrieb auf dem Militärflugplatz bei Khartum zu regeln, der von westlichen Staaten genutzt wird. Hier erfahren Sie mehr zur Evakuierungsoperation der Bundeswehr.
Evakuierungen am Wochenende gestartet
Mehrere westliche Staaten hatten am Wochenende damit begonnen, eigene Staatsbürger und Angehörige anderer Nationen aus dem Land auszufliegen. Frankreich hat seine Evakuierungsmission inzwischen praktisch abgeschlossen. Wie lange die Rettungsflüge fortgesetzt werden können, hängt wesentlich von der Sicherheitslage in dem Land ab.
Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell wurden bis Montagnachmittag mehr als 1.000 Ausländer in Sicherheit gebracht. Der Spanier rechnete damit, dass es bis zum Ende des Tages allein mindestens 1.200 bis 1.500 EU-Bürger sein dürften.
Israel als Vermittler
Am Montagabend brachte sich Israel als Vermittler in dem Konflikt ins Spiel. Das israelische Außenministerium bot laut einem Sprecher an, in Israel Verhandlungen auszurichten, um die Gewalt zu beenden. Es gebe Kontakt zu hochrangigen Vertretern beider Seiten im Sudan. Israel arbeitet seit Jahren an einer Normalisierung seiner Beziehungen mit dem afrikanischen Land.
Der UN-Sonderbeauftragte im Sudan, Volker Perthes, will weiterhin im Land bleiben und dort arbeiten: "Wir sind entschlossen, im Sudan zu bleiben und das sudanesische Volk in jeder erdenklichen Weise zu unterstützen", sagte er.
Die Lage für die Sudanesen bleibt jedoch brenzlig: Laut dem UN-Nothilfebüro sind bereits Zehntausende in die Nachbarländer Tschad, Ägypten und in den Südsudan geflohen. Da die Lage im Land weiterhin höchst instabil ist, werden aber wohl noch mehr Menschen versuchen, sich in Sicherheit zu bringen.
- Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche