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Olympia in Peking: Wie sich China eine weiße Weste verpassen lassen will


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Winterspiele in China
Wie sich Peking für Olympia "schön" macht

MeinungEin Gastbeitrag von Ansgar Graw, Singapur

01.02.2022Lesedauer: 5 Min.
Staatspräsident Xi Jinping: China will seinen Ruf mithilfe westlicher Influencer im Vorfeld Olympias aufbessern.Vergrößern des Bildes
Staatspräsident Xi Jinping: China will seinen Ruf mithilfe westlicher Influencer im Vorfeld Olympias aufbessern. (Quelle: Huang Jingwen/imago-images-bilder)
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China will glanzvolle Spiele ausrichten. Doch der Ruf der Volksrepublik ist gerade in Sachen Menschenrechte schlecht. Nun sollen westliche Influencer und die sozialen Medien gegensteuern.

Die erste Disziplin im Olympia-Jahr 2022 wetteifert nicht um schneller, höher, stärker, sondern um Klicks, Likes und Follower: China macht sich schön für die Winterspiele, und dabei sollen die sozialen Medien kräftig helfen. So hat das chinesische Generalkonsulat in New York einen Vertrag mit Vippi Media geschlossen, einer PR-Firma im US-Bundesstaat New Jersey. Sie soll eine Positivkampagne rund um China und die Winterspiele in Peking via TikTok, Instagram und den Livestreaming-Kanal Twitch initiieren.

Ausdrücklich soll es dabei nicht nur um die Wettkämpfe selbst oder die Athleten gehen, sondern auch um "interessante und bedeutungsvolle Dinge vor/während/nach" den Spielen. Dazu gehören berührende Momente während der Wettkämpfe genauso wie Kultur und Geschichte des Gastgeberlandes und das moderne Leben in Peking.

Der Journalist und Buchautor Ansgar Graw ist Direktor des Medienprogramms Asien der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Singapur

20 Prozent der Internet-Postings sollen sich auf "Kooperation und alle positiven Aspekte in den Beziehungen zwischen China und den USA" beziehen, wie die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Klimawandel.

Der beim US-Justizministerium registrierte Vertrag mit der amerikanischen Medienfirma wirkt wie ein Echo auf den Appell von Präsident Xi Jinping, es sei wichtig, ein Bild von einem "glaubwürdigen, liebenswerten und respektablen China" zu vermitteln.

"Es ist notwendig, Freunde zu finden, sich zusammenzuschließen, die Mehrheit zu überzeugen und den Freundeskreis hinsichtlich der internationalen öffentlichen Meinung ständig zu erweitern", zitierte im Juni die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua den Präsidenten gegenüber hochrangigen Funktionären der Kommunistischen Partei.

Das war eine erkennbare Reaktion auf die kritischen Berichte in westlichen Medien über Arbeits- und Umerziehungslager für Uiguren in der Provinz Xinjiang und die massiven Repressalien gegen die Demokratiebewegung in Hongkong. Im Zusammenhang mit den Uiguren setzt Peking schon geraume Zeit auf westliche Influencer in sozialen Medien.

Geliehene Münder

Das Australian Strategic Policy Institute (ASPI) veröffentlichte im Dezember einen Bericht, laut dem mindestens 546 Postings von staatlich kontrollierten chinesischen Medien verbreitet wurden, die von 13 ausländischen Influencern verfasst worden waren und die Politik gegenüber den Uiguren in einem positiven Licht zeichneten.

Unter dem Titel "Borrowing mouths to speak" ("Münder zum Sprechen ausleihen") identifizierte der Thinktank mit Sitz in Canberra unter anderem britische und kanadische Bürger als Influencer, die Chinas Politik "weißwaschen". Sie präsentierten in ihren Videobeiträgen gern Uiguren, die versichern, dass die Politik der Kommunistischen Partei von der muslimischen Minderheit im Nordwesten der Volksrepublik begrüßt werde.

Ein Beispiel: Der junge Israeli Raz Gal-Or lässt in einem Video seine Kamera über ausgedehnte landwirtschaftliche Anbaufelder in Xinjiang schwenken, auf denen Arbeiter mit Traktoren zugange sind. "Hier ist alles ganz normal", so Raz Gal-Or, der laut "New York Times" in China unternehmerisch aktiv ist. "Die Leute sind nett, machen ihre Arbeit, leben ihr Leben, sind sehr gastfreundlich."

In der staatlichen chinesischen Tageszeitung "Global Times" wird angesichts derartiger Lobgesänge der Spieß gegen den Westen umgedreht. "Die USA sind zu zerbrechlich für Social-Media-Influencer, die ehrlich über China sind", so der Titel eines Artikels im Dezember. Die Redaktion räumt freimütig "Chinas wachsenden Einfluss auf Social-Media-Portalen wie Facebook, Twitter und YouTube" ein.

Unerwünschter Besuch

Und erklärt, Vorwürfe in Blättern wie der "Washington Post" und der "New York Times" bewiesen, dass diese Medien "selbst ideologische und propagandistische Werkzeuge der US-Regierung" seien. Weiter heißt es: "Wenn ein wahres Bild von China präsentiert wird und Aufmerksamkeit erregt, fühlen sich diese ideologischen Werkzeuge unbehaglich und starten vorschnell eine Offensive."

Doch während sympathisierende Blogger in der für professionelle Journalisten nur sehr eingeschränkt zugänglichen Provinz Xinjiang offenkundig gern gesehen sind, bemühte sich Michelle Bachelet, Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit 2018 jahrelang vergeblich um eine Visite in der Region. Erst dieser Tage bekam sie die Nachricht aus Peking, innerhalb des nächsten halben Jahres könne ein "freundlicher Besuch" erfolgen – allerdings frühestens nach Ende der Olympischen Spiele.

Auch in der Vergangenheit hatte Peking mehrfach auf westliche Hilfe zur Aufpolierung seines Images gesetzt. Als Xi Jinping im September 2015 die USA besuchte, erschien auf YouTube ein kurzes Video, in dem ausländische Studenten aus 15 Ländern in englischer Sprache die Frage beantworten sollten: "Who is Xi Dada?", was zu übersetzen ist mit: "Wer ist Onkel Xi?"

Dabei wünschte sich eine asiatische Studentin, ihr späterer Ehemann solle so sein wie der Politiker. Eine deutsche Kommilitonin pries ihn als Kämpfer gegen Korruption, und ein Österreicher sagte, Xi sehe "süß" aus. Ferner sei er "klug", "sehr gebildet", "weise", wie weitere Lobreden verkündeten.

"Wie ein großer Bruder"

Bis heute wurde das Video fast 180.000-mal aufgerufen, aber nur 379-mal geliket. Die Kommentare darunter sind überwiegend negativ. "Wie viel bekamen sie bezahlt?", fragt ein User. Ein anderer, der sich als Chinese bezeichnet, weist darauf hin, dass er in seinem Land das Video nicht habe sehen können, weil es dort geblockt war.

Mehrfach wird auf einen Indonesier im Film verwiesen, der zunächst sagte, Xi sei "wie ein großer Bruder" und sich dann verbesserte: "Wie ein Vater." Aber "Big Brother" passe besser, befanden mehrere User.

Ein früherer mexikanischer Botschafter in Peking sagte der Nachrichtenagentur Reuters zu dem Propagandastück, er denke nicht, "dass es eine einzige Person gibt, die sich das ansieht und sagt: 'Oh, interessant. Er ist so liebenswert wie ein Teddybär.'" Er glaube vielmehr, "es geht einfach total nach hinten los".

Erkennbar hat China noch viel zu tun, um sein Image aufzubessern, und es ist fraglich, ob TikTok- oder YouTube-Influencer dazu ausreichen. Nach einer im vergangenen Sommer veröffentlichten internationalen Umfrage des in Washington, D.C. ansässigen Pew Research Center haben deutliche Mehrheiten von mindestens 80 Prozent in 15 von 17 entwickelten Industrieländern eine negative Meinung über die Volksrepublik.

China respektiere nicht die individuelle Freiheit der Bürger, sagten demnach 84 Prozent der Briten, während 2013 lediglich 71 Prozent dieser Aussage zustimmten. In Kanada waren es 88 Prozent (2013: 76 Prozent), in Italien 89 Prozent (2013: 82 Prozent).

In Deutschland sagten dagegen 2013 noch 87 Prozent, dass Chinas Regierung die Freiheitsrechte nicht respektiere, während diese Ansicht 2021 mit 85 Prozent von einem etwas geringeren Anteil geäußert wurde.

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Peking hofft nun, dass die Olympischen Spiele das Ansehen des Landes verbessern. Das olympische Motto "Citius, altius, fortius", zu Deutsch "schneller, höher, stärker", wird dabei nicht das entscheidende Kriterium sein.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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