Klimakonferenz Greta Thunberg: "Das ist nicht Führung – das ist Irreführung"
Die Klimaaktivistin Greta Thunberg redet den Staatschefs ins Gewissen: Die Fakten werden immer noch ignoriert, sagt die Schwedin bei der Klimakonferenz in Madrid. Doch es gibt etwas, das ihr Hoffnung macht.
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat die Weltgemeinschaft in der Klimakrise erneut zum Handeln aufgerufen. "Ich wiederhole diese Zahlen seit einem Jahr, aber sie werden immer noch ignoriert", sagte Thunberg in ihrer Rede auf der UN-Klimakonferenz in Madrid.
Die 16 Jahre alte Thunberg sprach dort vor Delegierten aus fast 200 Ländern. Vor mehr als einem Jahr hatte sie mit ihrem "Schulstreik für das Klima" die inzwischen weltweit aktive Bewegung "Fridays for Future" losgetreten. Klimaforscher malen seit langer Zeit ein düsteres Bild der Zukunft – und untertreiben dabei eher als zu übertreiben.
Mit dieser Rede setzte Thunberg auf Zahlen
Nach ihrer letzten Rede auf dem Weltklimagipfel in New York war Thunberg vorgeworfen worden, zu emotional aufzutreten. Darauf reagierte sie mit diesem Auftritt. Um die Dringlichkeit ihres Anliegens zu unterstreichen, schilderte Thunberg eindringlich die Folgen der Erderhitzung und nannte deutliche Zahlen: Allein die G20-Staaten produzierten 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, das reichste Zehntel der Menschheit sei für die Hälfte der Treibhausgase verantwortlich.
Die Klimaaktivistin erinnerte daran, dass es kaum ausreiche, die Erderhitzung auf zwei Grad zu begrenzen: 1,5 Grad müssten das Ziel sein. Bereits jetzt würden Gletscher schmelzen, die weltweiten Folgen seien dramatisch. "Das ist meine Botschaft: Wie können Sie auf diese Zahlen reagieren, ohne auch nur ein bisschen Panik zu haben?", sagte Thunberg.
"Die Politik, die gebraucht wird, gibt es heute nicht"
Die 16-Jährige machte den Staatenlenkern erneut schwere Vorwürfe. Ihre Politik werde dem Fortschreiten der Klimakrise nicht gerecht: "Die Politik, die gebraucht wird, gibt es heute nicht", sagte Thunberg, "die Politiker, die Männer und Frauen in den Chefetagen, enttäuschen uns. Sie tun nichts – außer geschickt zu rechnen." Die Staaten suchten nach Schlupflöchern, um Emissionen auszulagern, statt sie tatsächlich zu reduzieren: "Das ist nicht Führung – das ist Irreführung."
Termine in ferner Zukunft reichten nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten: "2050 Treibhausgas-Neutralität zu erreichen, bedeutet gar nichts, wenn die Emissionen inzwischen noch für ein paar Jahre weitergehen wie bisher. Denn unser verbleibendes Budget wird dann aufgebraucht sein", rief Thunberg den Delegierten zu und erntete dafür Applaus.
Die Politik hat die Dringlichkeit der Lage nicht verstanden
"In drei Wochen werden wir ein neues Jahrzehnt beginnen – das Jahrzehnt, das unsere Zukunft bestimmen wird", mahnte die Klimaaktivistin. Sie sei in der letzten Zeit viel in der Welt herumgekommen: "Es gibt überhaupt kein Bewusstsein für die Dringlichkeit, nirgendwo."
Trotzdem endete Thunberg ihre Rede mit einem positiven Appell. Denn es gebe Zeichen der Hoffnung, sagte die Klimaaktivistin: "Ich habe sie gesehen. Aber das waren nicht die Regierungen, sondern es waren die Menschen: die Menschen, die jetzt aufwachen." Jede Veränderung in der Geschichte sei von Menschen, von Völkern ausgegangen: "Wir müssen nicht warten. Wir können die Veränderung schon jetzt beginnen – wir, die Menschen."
Seit einem Jahr tourt Thunberg durch die Welt
Schon vor einem Jahr war Thunberg auf der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice aufgetreten. Damals hielt Thunberg ihre erste Rede auf einem weltpolitischen Forum, in Deutschland war der Auftritt der Anlass für die ersten "Fridays for Future"-Proteste im Land. Seitdem ist aus Greta Thunberg eine weltbekannte Klimaaktivistin geworden, die unter anderem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos und beim Weltklimagipfel in New York sprach.
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Die 25. UN-Klimakonferenz hatte am Montag vergangener Woche begonnen, bis Freitag sollen die Verhandlungen zum Abschluss gebracht werden.
- Livestream der Rede
- Mit Infos der Nachrichtenagenturen dpa und AFP