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USA: Donald Trump empfängt türkischen Präsidenten – Punktsieg für Erdogan


Trump trifft türkischen Präsidenten
Punktsieg für Erdogan

dpa, Can Merey

Aktualisiert am 12.11.2019Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump und sein türkischer Amtskollege Erdogan: Trump halte Erdogan für "einen harten Kerl, der Respekt verdient" zitieren US-Medien einen früheren Regierungsmitarbeiter.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump und sein türkischer Amtskollege Erdogan: Trump halte Erdogan für "einen harten Kerl, der Respekt verdient" zitieren US-Medien einen früheren Regierungsmitarbeiter. (Quelle: Reuters-bilder)
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Zuletzt hat Trump noch mit der wirtschaftlichen Vernichtung gedroht, nun empfängt er Erdogan trotz des Einmarsches in Syrien im Weißen Haus. Doch die Staatschefs können ihre Differenzen nicht mehr überspielen.

Der bislang letzte Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist den Menschen in Washington noch in Erinnerung: Dabei verprügelten seine Bodyguards im Mai 2017 vor der türkischen Botschaft in der US-Hauptstadt friedliche Demonstranten, was in Amerika Empörung auslöste. An diesem Mittwoch ist Erdogan wieder in Washington, US-Präsident Donald Trump hat ihn ins Weiße Haus eingeladen. Gut einen Monat nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien ist das ein Triumph für Erdogan.

Nach dem international kritisierten Einmarsch hatte Trump der Türkei noch die wirtschaftliche Vernichtung angedroht. Dabei hatte Trump selber der türkischen Offensive den Weg bereitet, indem er nach einem Telefonat mit Erdogan US-Truppen aus dem Grenzgebiet abzog. Damit ermöglichte er den türkischen Angriff auf die Kurdenmiliz YPG, die die Türkei als Terrorgruppe einstuft. Aus Sicht der USA stellten dagegen die YPG-geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) die Bodentruppen, um der Terrormiliz IS deren "Kalifat" zu entreißen.

Viele Probleme zwischen USA und der Türkei

Trump sah sich selbst von engsten Parteifreunden dem Vorwurf ausgesetzt, die verbündeten Kurden im Stich gelassen zu haben, und erntete einen Sturm der Entrüstung. Er ruderte zurück und verhängte angesichts seiner Drohungen verhältnismäßig weiche Sanktionen gegen die Türkei. Letztlich gelang es ihm, Ankara und die YPG zu einer Waffenruhe zu bewegen. Gelöst ist die Krise damit nicht. Und auch wenn Trump die Sanktionen wieder aufgehoben hat – dauerhaft vom Tisch sind Strafmaßnahmen der USA keineswegs. Ohnehin gehen die Probleme tiefer, die zwischen Washington und Ankara schwelen.

  • Sanktionen: Das US-Repräsentantenhaus votierte Ende vergangenen Monats mit 403 zu 16 Stimmen für harte Sanktionen gegen die Türkei. Etwaiger Besitz von Finanzminister und Erdogan-Schwiegersohn Berat Albayrak in den USA soll eingefroren werden. Gegen ihn, den türkischen Verteidigungsminister und türkische Militärs soll eine Einreisesperre verhängt werden. Die Lieferung von Waffen, die in Syrien eingesetzt werden könnten, soll verboten werden. Auch der Bankensektor soll mit Sanktionen belegt werden. Zudem soll es einen Bericht über Erdogans Vermögensverhältnisse geben. Der Senat muss dieser Resolution noch zustimmen, dort zeichnete sich zuletzt ebenfalls eine breite Mehrheit für Sanktionen ab. Trump könnte sein Veto einlegen, was aber mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Kongresses überstimmt werden könnte.
  • Armenien-Resolution: Nur zwei Wochen vor dem Erdogan-Besuch traf das Repräsentantenhaus eine brisante Entscheidung: Es erkannte die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord an. Rechtlich ist die Resolution zwar nicht bindend, sie ist aber ein Frontalangriff gegen den Nato-Partner Türkei und gegen Erdogan. Die Türkei lehnt die Einstufung als Völkermord strikt ab. Erdogan nannte die Entscheidung "die größte Beleidigung unseres Volkes". Zwischenzeitlich stand sogar das Treffen mit Trump auf der Kippe. Im Juni 2016 hatte eine ähnliche Armenien-Resolution des Bundestages zu einer schweren Krise zwischen Deutschland und der Türkei geführt.
  • Gülen: Ein Dauerthema, das Erdogan wohl bewusst kurz vor seinem Washington-Besuch wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist der Fall des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Gülen lebt im Exil in den USA und wird von Erdogan für den Putschversuch in der Türkei vom Juli 2016 verantwortlich gemacht; Gülen dementiert das. Vergangene Woche warf Erdogan den USA erneut vor, Gülen zu "verstecken" – und er forderte, den 78-Jährigen an die Türkei auszuliefern.
  • YPG: Nach Ansicht Erdogans halten sich - anders als von seiner Regierung mit den USA und mit Russland abgemacht - noch YPG-Kämpfer im nordsyrischen Grenzgebiet zur Türkei auf. Zwar sind weiterhin US-Truppen in Syrien, durch den Abzug aus dem Grenzgebiet haben die USA allerdings deutlich an Einfluss verloren. Die Türkei und Russland haben das Grenzgebiet quasi unter sich aufgeteilt. Wichtiger Ansprechpartner zu diesem Thema ist aus Sicht Erdogans nicht mehr Trump - sondern der russische Präsident Wladimir Putin.
  • S-400: Auch der Streit um das russische Raketenabwehrsystem S-400, das die Türkei im Sommer bezogen hat, ist noch nicht ausgestanden. "Wir sind sehr verärgert darüber", sagte Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O'Brien noch am Sonntag und kündigte an, dass Trump Erdogan damit konfrontieren werde. Washington befürchtet, dass Russland über das empfindliche Radar des Waffensystems an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangt. Ankara war Partner beim Bau des Kampfjets und wollte zahlreiche Flugzeuge kaufen. Wegen des Rüstungsdeals schlossen die USA die Türkei zwar aus dem F-35 Programm aus. Harte Sanktionen gab es bislang aber nicht.

Die Ende Oktober verabschiedete Resolution des Repräsentantenhauses sieht aber nicht nur Strafmaßnahmen wegen des türkischen Einmarschs in Nordsyrien vor – sondern ausdrücklich auch wegen des Kaufs des S-400-Raketensystems. Auch O'Brien sagte, dass US-Sanktionen wahrscheinlich seien, sollte die Türkei das System nicht abschaffen. Dass die USA der türkischen Wirtschaft durch Sanktionen erheblichen Schaden zufügen können, bewiesen sie im Sommer 2018. Trump verhängte damals Strafen, um den in der Türkei inhaftierten US-Pastor Andrew Brunson freizubekommen. Die türkische Lira brach daraufhin ein.

Inzwischen hat sich die Währung zwar wieder erholt, eine neue Talfahrt aber würde Erdogan innenpolitisch erheblich unter Druck setzen. Daher dürfte der türkische Präsident bei seinem Besuch in Washington hauptsächlich ein Ziel verfolgen: die vom Repräsentantenhaus geforderten Sanktionen abzuwenden. Erdogan dürfte dabei auch auf sein grundsätzlich gutes Verhältnis zu Trump bauen.


Die "Washington Post" berichtete kürzlich, Trump – dem ein Hang zu Autokraten wie Putin oder dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un nachgesagt wird – scheine in Erdogan einen "Seelenverwandten" gefunden zu haben. Er halte ihn für "einen harten Kerl, der Respekt verdient", und für "einen Freund", zitierte das Blatt einen früheren Regierungsmitarbeiter. Anders sieht das der republikanische Senator Lindsey Graham, eigentlich ein enger Trump-Verbündeter. Graham sagte der Zeitung: "Wenn man Erdogans Aufmerksamkeit gewinnen will, muss man ihn wie den Rowdy behandeln, der er ist."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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