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Viel steht auf dem Spiel, doch Trump will nur den Nobelpreis


Großdiplomatie
Viel steht auf dem Spiel, doch Trump will nur den Nobelpreis

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 25.02.2019Lesedauer: 5 Min.
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Trump nach dem ersten Gipfel mit Kim: Er sagt, was er will.Vergrößern des Bildes
Trump nach dem ersten Gipfel mit Kim: Er sagt, was er will. (Quelle: imago/Kyodo News)

Singapur war eine reine Showveranstaltung, in Hanoi muss übermorgen schon mehr herauskommen. Wie wäre es, wenn Trump und Kim den Korea-Krieg endlich formal beendeten und Botschafter austauschten?

Das Interessante an Donald Trump ist immer noch, dass er ausspricht, was ihm gerade durchs Gemüt zieht. Er will den Friedensnobelpreis. Er will ihn unbedingt. Er findet, er steht ihm zu. Schließlich gäbe es ohne ihn längst einen Nuklearkrieg mit Nordkorea. Mit ihm aber gibt es Frieden: für Amerika, für Asien, für die Welt. Ist das nicht wahnsinnig viel? Ist das nicht Millionen Mal mehr als die Verdienste Barack Obamas?

Shinzo Abe ist japanischer Ministerpräsident und offenbar ein hilfsbereiter Mensch. Er schrieb einen Brief an das Nobelpreiskomitee und schlug den amerikanischen Präsidenten als den Preisträger 2019 vor. Davon wüsste niemand, wenn nicht Trump ausgeplaudert hätte, was für ein wunderbarer Brief eben in Stockholm eingegangen sei. Nur einer war nicht amüsiert und das war der Schreiber Abe. Er war sogar peinlich berührt, denn er ließ die großen Zeitungen seines Landes wissen, er habe auf Drängen des Weißen Hauses zur Feder gegriffen, keineswegs freiwillig, keineswegs aus Überzeugung.

Vielleicht ist das formale Kriegsende möglich

So eine lächerliche Episode wäre keiner Erwähnung wert, wenn nicht zufällig der amerikanische Präsident seinen jungen Freund Kim Jong-un wieder treffen würde. Es muss etwas dabei herauskommen, unbedingt und unleugbar, damit die Grundlage für den großen Tag der Verkündung des Friedensnobelpreisträgers 2019 gelegt ist. And the winner is!?

Sie treffen sich zum zweiten Mal, der Alte und der Junge. Kim Jong-un ist gerade 35 geworden. Donald Trump wird bald 73, ist also mehr als doppelt so alt. Er wurde noch vor dem Korea-Krieg geboren, der von 1950 bis 1953 anhielt, mit furchtbar vielen Toten und ohne jede territoriale Veränderung. Wenn in Hanoi, wo sich die beiden am Mittwoch die feisten Händchen schütteln werden, überhaupt irgendetwas Sinnvolles herauskommen sollte, dann die formale Beendigung des Krieges, der seit fast 65 Jahren vorbei ist.

Das wäre schon mal was. Ist überfällig. Anachronismen in den ewigen Jagdgründen der Geschichte zu versenken, ist auch ein Verdienst.

Atomwaffen können erst am Ende Thema sein

Mit dem Leichten sollte man anfangen, mit dem, was keinem weh tut. Alte Diplomaten-Regel. Der Friedensschluss ist nicht alles, aber ohne ihn ist alles nichts. Danach lässt sich weiter gehen: mit gegenseitiger Anerkennung und Austausch von Botschaftern. Mit der allmählichen Aufhebung der Sanktionen, worauf Nordkorea schmerzlich wartet. Und erst dann lässt sich über Atomwaffen reden, über Abrüstung, über militärische Entspannung in diesem Teil der Welt.

Wie Trump nun einmal ist, interessiert ihn das Ende und nicht der Anfang. In den Geschichtsbüchern kommt er groß heraus, wenn Nordkorea seine Atomwaffen zerstört. Also redet er ständig davon und Kim Jong-un lockt ihn damit. Das ist schlau. Dafür lässt sich einiges einfordern. Zum Beispiel setzte Trump beim ersten Treffen in Singapur die gemeinsamen Manöver mit Südkorea aus, einfach mal so. Dafür nutzt Nordkoreas ein Testgelände nicht mehr und setzte seinerseits die Tests mit Langstreckenraketen aus, die amerikanischen Boden erreichen.

Größenwahn und Selbstverblendung

In Singapur beschlossen der Junge und der Alte, nur noch gut übereinander zu reden und kindische Drohungen fortan zu unterlassen. Sie erinnern sich: Kim drohte mit einem Nuklearangriff auf Guam und Trump mit „Feuer und Wut, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat“. So angeberhaft, so leichtfertig hat kein anderer Präsident je über einen Atomkrieg gefaselt. Kim steht ihm nicht nach – weder im Größenwahn noch in der Selbstverblendung.

Singapur war eine symbolische Show. Macht nichts. War gut so. Beendete ja das Getue mit dem Ich-habe-mehr-Atomwaffen-als-du und dem Ich-haue-sie-dir-auf-den Kopf-du-Schrat. Viele Absichtserklärungen ergingen im Juni 2018, die kaum das Papier wert waren, auf dem sie geschrieben standen.


Hanoi wird auch eine Show, aber womöglich mit Substanz. Diesmal sollten sie am Anfang anfangen: Kriegsende plus Diplomatenaustausch. Traditionelle Diplomatie eben. Ist für Twitter-Könige langweilig, aber sinnvoll. Kommt nämlich was bei raus, wenn die Chefs wollen, dass etwas dabei herauskommt. Diplomaten haben so viel Spielraum, wie ihnen gegeben wird.

Was will China?

Nebenbei ist Vietnam fast ein Musterbeispiel dafür, was ein Einparteienstaat mit kapitalistischer Entfaltung erreichen kann: Wachstum und Wohlstand. Strategisch näherte sich das Land Amerika an, um ein Gegengewicht gegen den übergroßen Nachbarn China zu gewinnen. Das ist gelungen. Die militärische und politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Vietnam und Amerika ist weit gediehen.

Nordkorea ist wie das alte Vietnam vor der kapitalistischen Wende. Abhängig von China, wirtschaftlich wie politisch wie strategisch. Nicht zufällig reist Kim jedesmal im gepanzerten Zug nach Peking, bevor er Trump trifft. Entspannung mit Amerika wäre ohne Xi Jinpings Segen nicht denkbar. Deshalb ist immer die Frage: Was verspricht sich China davon?

Das maximale Angebot, irgendwann, bestünde in einem Tauschgeschäft: Entnukleariserung Nordkoreas gegen Abzug der amerikanischen Truppen aus Südkorea. China wäre Amerika in diesem Teil der Welt los. China könnte in noch größerer Ruhe zur Weltmacht aufsteigen und Amerika in jeder Hinsicht ablösen.

Eine andere Frage aber lautet: Wäre dieser Deal im Sinne Nordkoreas? Eigentlich nicht, denn die Abhängigkeit von China würde wachsen, nicht schrumpfen. Eigene Atomwaffen gewähren Manövrierraum. Anstatt das atomare Arsenal dreinzugeben, gäbe es ja auch die Möglichkeit, Tests dauerhaft auszusetzen. Denkbar auch, dass sogar Inspektoren der Wiener Atomenergiebehörde ins Land dürfen. Entspannung mit Amerika kann sich wirtschaftlich auswirken, das Regime stabilisieren und die Abhängigkeit von China vermindern. Kein schlechter Dreiklang.

Warum überhaupt abrüsten?

Die nächste Frage, die wir uns selber stellen, muss lauten: Warum komplizierte Verhandlungen mit Nordkorea, wo Amerika doch vor noch nicht allzu langer Zeit das Atomabkommen mit Iran kündigte und aus Abrüstungsverträgen mit Russland aussteigt? Natürlich liegt darin ein Widerspruch, der sich jedoch historisch auflöst. Asien ist der Kontinent des 21. Jahrhunderts. Iran und Russland sind 20. Jahrhundert, alte Konflikte auf Nebenkriegsschauplätzen. China liegt im Zentrum der amerikanischen Machtprojektionen. Und deshalb geht es Trump auch nicht um Regimewechsel in Nordkorea, sondern um Herauslösung aus der Umklammerung.

Das wiederum führt zu einer Frage, die sich Südkorea und Japan stellen: Was bedeuten diese Suchbewegungen für uns? Amerika garantiert ihre Existenz. Amerika schützt sie strategisch wie militärisch. Der südkoreanische Ministerpräsident Moon Jae-in ist an Entspannung mit Nordkorea interessiert und sein Land hofft auf Wiedervereinigung. Japan hingegen schaut beklommen neutral zu und baut darauf, dass sich möglichst wenig ändert, denn Änderungen könnten zu seinen Ungunsten ausfallen.

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Da steht ziemlich viel auf dem Spiel, wenn sich der Alte mit dem Jungen trifft – in der gesamten Region, auf dem ganzen Kontinent. Nichts für den kurzen Atem, die kurze Sicht. Da versteht es sich wie von selber, dass Donald Trump das Hochkomplexe auf das Wesentliche reduziert: auf sich, auf den Nobelpreis, den er haben will.

Es wird sich schon jemand finden, der ihn wirklich verdient.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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