Trump-Aussagen zu Biden Das kann eine Kettenreaktion auslösen

Trump zweifelt die Gültigkeit von Bidens Begnadigungen an und behauptet, maschinelle Unterschriften machten sie ungültig. Jetzt melden sich Experten zu Wort.
Am Montag dürfte der ehemalige US-Präsident Joe Biden kurz gestutzt haben: Sein Nachfolger Donald Trump verkündete auf seiner Plattform "Truth Social", dass die Begnadigungen, die Biden am Ende seiner Amtszeit ausgesprochen hatte, ungültig seien.
Trumps Begründung: Die Begnadigungen seien nicht persönlich von Biden unterzeichnet worden, sondern von einem Unterschriftenautomaten. Damit hätten sie für ihn keinerlei rechtliche Gültigkeit, so Trump. Mehr dazu lesen Sie hier. Doch hat Biden hier tatsächlich einen Fehler gemacht – oder erleben wir nur das nächste Kapitel von Trumps Attacken auf seine politischen Gegner?
Was ist ein Unterschriftenautomat?
Ein Unterschriftenautomat ist ein Gerät oder ein digitales System, das gespeicherte Unterschriften automatisch auf Dokumente überträgt. Solche Maschinen werden häufig in Unternehmen, Behörden oder Banken genutzt, um Massenunterschriften effizient und einheitlich anzubringen.
Auch in der US-Regierung kommen sie regelmäßig zum Einsatz – etwa wenn der Präsident auf Dienstreise ist und dringende Dokumente signiert werden müssen. Erstmals nutzte US-Präsident Harry Truman in den 1940er-Jahren einen solchen Automaten.
Wie wurde seitdem davon Gebrauch gemacht?
Zunächst wurden Unterschriftenautomaten vor allem für Serienbriefe, Einladungsschreiben oder Beileidsbekundungen genutzt. 2005 befasste sich das US-Justizministerium erstmals mit der Frage, ob eine maschinell generierte Unterschrift die gleiche rechtliche Wertigkeit hat wie eine handschriftliche. Die zuständige Kommission entschied damals, dass nicht der mechanische Akt des Unterschreibens entscheidend sei, sondern die bewusste Entscheidung des Präsidenten. Er könne also andere anweisen, für ihn zu unterschreiben, oder eine Maschine nutzen – die eigentliche Entscheidungsbefugnis dürfe er jedoch nicht delegieren.
2011 setzte Barack Obama als erster Präsident einen Unterschriftenautomaten zur Unterzeichnung eines Gesetzes ein. Später nutzte er ihn unter anderem für sieben dringende Gesetzesvorlagen und 78 Begnadigungen, bevor er das Amt an Donald Trump übergab. Auch Trump gab an, den Automaten für weniger wichtige Dokumente genutzt zu haben.
Hat Biden einen Unterschriftautomaten benutzt?
Trump nannte in seiner Ankündigung keine konkreten Begnadigungen, die er für ungültig erklärt. Ein Team der BBC überprüfte offizielle Bilder des Weißen Hauses sowie Regierungsveröffentlichungen auf der Plattform X und fand Belege, dass Biden einige Begnadigungen per Hand signiert hatte. Direkte Hinweise auf den Einsatz eines Unterschriftenautomaten für Begnadigungen liegen bislang nicht vor.
Das Nachrichtenportal "Bloomberg" berichtet jedoch, dass alle Begnadigungen vom 12. Dezember 2024 sowie vom 19. Januar 2025 exakt identische Unterschriften aufweisen – ein mögliches Indiz für maschinelle Signaturen.
Zu welcher Einschätzung kommen US-Experten?
Laut US-Rechtsexperten gibt es in der Verfassung und den Gesetzen keine Vorgabe, dass Dokumente, die mit einem Unterschriftenautomaten unterzeichnet wurden, ungültig seien – das gelte auch für Begnadigungen.
Erin Delaney, Direktorin des Global Centre for Democratic Constitutionalism in London, sieht in Trumps Erklärung einen Angriff auf die ungeschriebenen Normen der US-Verfassung. Sollte Trump tatsächlich strafrechtlich gegen von Biden begnadigte Personen vorgehen, könnte dies eine rechtliche Kettenreaktion auslösen, die Jahrzehnte an Regierungspraxis infrage stellt.
Zudem entschied ein US-Bundesgericht 2024, dass eine präsidiale Begnadigung nicht einmal schriftlich erfolgen muss. Das Urteil fiel im Fall eines Häftlings, der behauptete, Trump habe ihm mündlich eine Strafumwandlung versprochen. Das Gericht stellte klar, dass die Verfassung keine schriftliche Dokumentation für eine Begnadigung vorschreibt.
Wenn man Trumps Behauptungen juristisch genau prüft, zeigt sich, dass er sich in seiner eigenen Argumentation widerspricht, urteilt der Rechtsprofessor Brian Kalt von der Michigan State University. Trump erklärte, er halte die Maßnahmen seines Vorgängers für "ungültig", weil Biden sie nicht persönlich unterzeichnet habe – doch er selbst tat dies lediglich in einem Social-Media-Post, der natürlich ebenfalls keine persönliche Unterschrift enthielt. Trotzdem glaubt er, auf diese Weise eine offizielle Erklärung abgeben zu können.
Was hat es mit den Begnadigungen auf sich?
Kurz vor Ende seiner Amtszeit erließ Biden eine Reihe präventiver Begnadigungen, unter anderem für Mitglieder des Kongressausschusses zur Untersuchung der Kapitol-Erstürmung durch radikale Trump-Anhänger am 6. Januar 2021. Zu den Begnadigten gehörte auch die ehemalige republikanische Abgeordnete Liz Cheney, eine scharfe Trump-Kritikerin. Bidens Ziel war es, diese Personen vor möglichen politisch motivierten Strafverfolgungen durch eine zukünftige Trump-Regierung zu schützen.
Trump hatte im Wahlkampf wiederholt angekündigt, sich an politischen Gegnern zu rächen – nun scheint er dieses Versprechen in die Tat umsetzen zu wollen.
- bbc.com: "Trump: Bidens Begnadigungen sind 'ungültig', weil sie mit Autopen unterzeichnet wurden" (Englisch)
- bloomberg.com: "Was ist ein Autopen? Warum Trump sagt, Bidens Begnadigungen seien ungültig" (Englisch)