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"Voice of the people": Israel will mit Juden weltweit Zukunft angehen


Nach Hamas-Massaker
Weltrat? – So will Israel Juden im Ausland stärker einbinden

Von Sarah Maria Sander, Alon David

19.03.2025 - 10:40 UhrLesedauer: 3 Min.
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Israels Fahne hochhalten: Eine Initiative will Juden im Ausland und die Israelis stärker zusammenführen. (Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)
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Das Hamas-Massaker in Israel hat vielen Juden in aller Welt gezeigt, wie sehr ihr Schicksal mit dem Land verbunden ist. Die Idee eines Weltrats der Juden bekam dadurch einen Schub. Der Rat nimmt Gestalt an.

Israels Präsident Isaac Herzog hatte im vergangenen August angekündigt, einen globalen Beirat zu gründen, der Juden in Israel und in anderen Teilen der Welt stärker zusammenführen soll. "Voice of the People" (Stimme des Volkes) soll dieser heißen. Eine wichtige Etappe war dafür die erste internationale "Voice of the People"-Konferenz Anfang März: In der israelischen Küstenstadt Haifa trafen sich dazu rund 150 jüdische Führungspersönlichkeiten, Akademiker, Aktivisten und religiöse Führer aus Israel, Nordamerika, Europa und anderen Teilen der Welt.

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Den Anstoß zur Initiative hatte Herzog bereits zum 75. Jahrestag der Gründung Israels im Mai 2023 gegeben, also Monate vor dem Massaker der Hamas am 7. Oktober: Es brauche Instrumente, die wachsende Kluft zwischen Israel und der Diaspora zu überwinden und gemeinsam Vorstellungen zu Identität, Zionismus, jüdischer Kontinuität und der Rolle des jüdischen Volkes im 21. Jahrhundert zu entwickeln – überparteilich und unpolitisch, hatte der israelische Präsident damals gesagt.

"Wir müssen verstehen, dass die Herausforderungen sowohl in Israel wie auch in der Diaspora gemeistert werden müssen", sagte Herzog jetzt in Haifa zur Eröffnung der Konferenz. "Die Diaspora ist ein unverzichtbarer Bestandteil der israelischen Gesellschaft."

Wie wichtig die Diaspora für Israel ist, hat das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 vielen noch einmal verdeutlicht. Die meisten Israelis und Juden weltweit teilen seitdem die Zeit in ein "Davor" und "Danach" ein. Shirel Dagan-Levy, Geschäftsführerin der "Voice of the People"-Initiative, sieht die Notwendigkeit für ein engeres Miteinander seitdem erheblich gewachsen: "Viele Menschen, die sich vor dem 7. Oktober nie mit ihrer jüdischen Identität auseinandersetzen mussten, erkennen nun, dass sie für sie von großer Bedeutung ist."

"Vereinte Antwort auf Herausforderungen"

Der Hamas-Überfall hat vielen Juden vor Augen geführt, wie verletzlich ihr Dasein in Israel ist. Zugleich bekamen Juden weltweit zu spüren, wie in Reaktion auf den Konflikt existenzbedrohender Antisemitismus und Ausgrenzung zunahmen. Etliche verheimlichen seitdem ihre jüdische Identität, auch wenn sie sich vorher wenig mit Israel beschäftigt oder identifiziert hatten. Für Dagan-Levy können diese Erfahrungen Juden in Israel und der Diaspora einander näherbringen. In ihrer Ansprache während der Konferenz sagte sie: "Wir müssen dringend zusammenfinden, um über unsere Differenzen hinwegzublicken und eine vereinte Antwort auf die Herausforderungen zu finden, vor denen wir stehen."

Dazu sei es wichtig, die Vielfalt jüdischen Lebens abzubilden. Die Menschen kamen aus verschiedenen Altersgruppen mit unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen. Das zeigte sich dann etwa an der Teilnahme von Aleeza Ben Shalom, die in einer Arbeitsgruppe Impulse lieferte.

Ben Shalom ist eine israelisch-amerikanische Partnervermittlerin und als Dating-Coach aus der Netflix-Serie "Jewish Matchmaking" bekannt. Die junge Generation der Diaspora-Juden stehe vor besonderen Herausforderungen, sagte sie: "Sie sind mit einer anderen Welt aufgewachsen. Sie müssen Wege finden, ihre jüdische Identität zu bewahren, ohne sich den traditionellen Formen des Judentums zu unterwerfen." Das bedeute nicht, dass sie weniger engagiert seien – "sie sind einfach anders engagiert", sagte Ben Shalom.

Dan Sacker, ehemaliger Berater des früheren Oberrabbiners Commonwealth Rabbi Jonathan Sacks, ergänzte: "Die jüngeren Generationen haben aber auch eine tiefere Sehnsucht nach einem Sinn in ihrem jüdischen Leben. Wir müssen sicherstellen, dass diese Sehnsucht nicht in Isolation endet, sondern dass sie in einer neuen Form der kollektiven jüdischen Identität zur Geltung kommt."

Rat ist für zwei Jahre eingesetzt

Völlig anders ist der Hintergrund des 34-jährigen Sicherheitsforschers Khaled Hassan. Er wuchs als Muslim in Ägypten auf und konvertierte mit 26 Jahren zum Judentum. Hassan hob die Rolle des interreligiösen Dialogs hervor und sagte: "Die Herausforderung für uns als jüdische Gemeinschaft liegt nicht nur in der Bewältigung des Antisemitismus, sondern auch in der Fähigkeit, uns über unsere Unterschiede hinweg zu verbinden."

Der "Voice of the People"-Rat mit seinen 150 Mitgliedern ist jetzt zunächst für zwei Jahre eingesetzt, seine Zukunft und seine Ausrichtung sind noch ebenso offen wie die Umsetzung möglicher praktischer Maßnahmen. Jeremy Leibler, bekanntester Vertreter der jüdischen Gemeinde Australiens, fand es "beeindruckend, so viele Menschen zu treffen, die nach dem 7. Oktober das Gefühl haben, dass viel getan werden muss". Das Treffen in Haifa erlebten viele Teilnehmer als einen Schritt gegen das Gefühl der Isolation.

Die Autoren sind als freie Journalisten in Israel und Deutschland tätig.

Verwendete Quellen
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