UN-Bericht zu Massaker an Alawiten "Ganze Familien wurden abgeschlachtet"

Nach dem Massaker in Syrien beruhigt sich die Lage nur langsam. Ein UN-Sprecher vermittelt erste Eindrücke der grausamen Verbrechen.
Ein erster UN-Bericht hat mehrere Zeugenaussagen zu den Massenhinrichtungen an Alawiten in Syrien gesammelt: Es wurden demnach teilweise ganze Familien getötet, die UN hat bereits 111 Todesopfer bestätigt, die tatsächliche Zahl soll aber deutlich höher liegen. Der UN-Sprecher Thameen Al-Kheetan erklärte in Genf, dass die Konfessionszugehörigkeit der Opfer bei den Hinrichtungen die entscheidende Rolle gespielt haben soll und gezielt Alawiten getötet wurden. Was hinter den Massakern steht, lesen Sie hier.
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Es kämen noch immer neue Augenzeugenberichte über das "erschütternde Ausmaß der Gewalt" hinzu. Kheetan erklärt: "In einer Reihe von äußerst beunruhigenden Fällen wurden ganze Familien – einschließlich Frauen, Kinder und Personen, die sich nicht im Kampf befinden – getötet, wobei vor allem alawitische Städte und Dörfer ins Visier genommen wurden."
Alawiten sind die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Syrien, nach den Sunniten. Die neuen Machthaber der islamistischen HTS sind sunnitisch.
Beobachtungsgruppe: Über tausend Tote
Wie der UN-Sprecher weiter erklärt, hatten die Angreifer laut Zeugenaussagen die Anwohner gefragt, ob sie Alawiten oder Sunniten seien – und sie dann verschont oder getötet. Männer seien teilweise direkt vor ihren Familien erschossen worden. Laut der Beobachtungsgruppe "Syrian Observatory for Human Rights" soll die Todeszahl sogar über 1.000 liegen.
In diese Statistik fließen neben den zivilen Opfern auch etwa 500 Assad-Kämpfer und Angehörige des HTS-Sicherheitspersonals ein. Nach den Hinrichtungen sei es etwa in Krankenhäusern zu Zusammenstößen gekommen – auch hier habe es weitere, unbeteiligte Opfer gegeben. Viele Anwohner trauen sich immer noch nicht in die Region zurück.
Machthaber HTS kündigen Ermittlung an
Der UN-Sprecher begrüßt die Ankündigung der neuen syrischen Machthaber für eine unabhängige Ermittlungskommission. Gleichzeitig unterstreicht er, dass die Ermittlung internationale Standards erfüllt. Zudem sei die HTS-Regierung in der Pflicht, mit ihnen sympathisierende Milizen zu kontrollieren.
Auslöser des Gewaltausbruchs war wahrscheinlich eine Attacke auf Truppen der neuen syrischen Machthaber, es gab dabei 13 Tote. Die HTS hatte die Truppen entsandt, weil in der Region angeblich Anhänger des früheren Diktators Assad am Erstarken waren. Der Westen Syriens ist vor allem von Alawiten bevölkert – auch die Assad-Familie ist alawitisch. Nach dem UN-Sprecher sprachen die Augenzeugen bei den Tätern der Massaker von Sympathisanten der HTS.
- ohchr.org: "Syria: Distressing scale of violence in coastal areas" (Englisch)
- reuters.com: "What is driving the bloodshed in Syria?" (Englisch)
- bbc.com: "Syria conflict: Latest developments and humanitarian impact" (Englisch)
- syriahr.com: "47 مجـ ـز ر ة طائفية وعمليات انتقامية واسعة.." (Arabisch)