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Ukraine: US-Vorschlag zur Waffenruhe – so wird Russland wohl reagieren


Experte über mögliche Waffenruhe
"Die russische Antwort wird wohl Nein lauten"

InterviewVon Julian Seiferth

Aktualisiert am 12.03.2025 - 15:25 UhrLesedauer: 4 Min.
Wladimir Putin: Er könnte eine Feuerpause ausnutzen.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Er könnte eine Feuerpause ausnutzen. (Quelle: Mikhail Metzel)
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Die Ukraine stimmt dem US-Vorschlag einer Waffenruhe zu – wenn Russland es auch tut. Militärexperte Gustav Gressel analysiert die Lage für t-online.

Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine überschlagen sich spätestens seit Beginn der Amtszeit Donald Trumps die Ereignisse. Vorläufiger Höhepunkt war ein Eklat zwischen Donald Trump, J. D. Vance und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

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Die USA stoppten daraufhin zwischenzeitlich die Militärhilfen sowie die Zusammenarbeit der Geheimdienste mit dem angegriffenen Land. Nachdem die Ukraine dem US-Vorschlag einer 30-tägigen Waffenruhe zugestimmt hatte, wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen. Wie sich der Stopp an der Front auswirkte, warum er nicht an eine echte Waffenruhe glaubt und weshalb Putin eine Waffenruhe gelegen kommen könnte, erklärt Militärexperte Gustav Gressel im Interview.

t-online: Herr Gressel, die USA haben die Militärhilfen für die Ukraine nach dem Eklat im Weißen Haus gestoppt und nun nach Zustimmung der Ukraine zu einer 30-tägigen Waffenruhe eine Woche später wieder aufgenommen. War der Stopp der Hilfen an der Front überhaupt spürbar?

Gustav Gressel: Das Aussetzen der Hilfe war relativ kurz. Auswirkungen hatte das dennoch: Die Ukrainer waren so gezwungen, Geräte und Munition zu rationieren, besonders Abwehrraketen.

Werden die USA jetzt neue Waffen liefern?

Das Wiedereinsetzen wird wohl kein neues Paket bedeuten. In Lieferung ist momentan sowieso nur das, was Biden schon zugesagt und auf den Weg gebracht hat. Deshalb müssen mittelfristig wir, also die Europäer, die USA hier wohl ersetzen.

Die Amerikaner haben in dieser Zeit auch keine Geheimdienstinformationen an die Ukraine weitergegeben.

Das war das größere Problem. Man hat gesehen, dass die Ukraine die Aufklärung beispielsweise über russische Angriffspläne nicht mehr so gut hinbekommen hat. Ich hoffe sehr, dass diese Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten nun weitergeht. Alles andere wirkt sich so schnell nicht aus.

Zur Person

Gustav Gressel ist Hauptlehroffizier und Forscher am Institut für Strategie und Sicherheitspolitik der Landesverteidigungsakademie in Wien. Zuvor war er als Senior Policy Fellow bei der politischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) tätig. Er beschäftigt sich in seiner Forschung schwerpunktmäßig mit den militärischen Strukturen in Osteuropa und insbesondere mit den russischen Streitkräften.

Jetzt steht eine Waffenruhe im Raum. Wie schätzen Sie die Chance ein, dass sie wirklich kommt?

Zurzeit gering. Wir werden sehen, was die russische Reaktion ist. Meine Einschätzung: Die Antwort wird wohl Nein lauten.

Und dann?

Die Frage ist, wie die USA darauf reagieren. Mit Härte – oder wird Trump wieder bei Putin anrufen und sich mit ihm verständigen?

Video | Das halten die Moskauer von einem Waffenstillstand
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Quelle: reuters

Werden die Menschen in der Ukraine eine mögliche Waffenruhe überhaupt spüren?

Ja, das würde unter anderem weniger russische Bombardements bedeuten. Ich glaube nur nicht, dass eine Waffenruhe von Dauer wäre. Putin wird sie unter einem Vorwand brechen und dann versuchen, wieder militärischen Druck auf die Ukraine aufzubauen. Einen temporären Waffenstillstand in etwas Dauerhaftes zu überführen, ist kompliziert. Wir sehen das in Nahost. In der Ukraine ist es möglicherweise noch schwieriger.

Wie könnten die USA dann reagieren? Haben Sie ein Druckmittel gegen Russland?

Mit Trump ist alles möglich. Es ist zurzeit schwierig zu sehen, was er will und vorhat. Trump ist ja von Zöllen und Sanktionen überzeugt. Nur: Zölle schaden den Russen kaum, weil es so gut wie keinen Handel mit den USA gibt. Sanktionen wirken, aber nicht kurzfristig. Zu Beginn der Trump-Administration gab es einen Plan seines Sondergesandten Keith Kellogg, der flexiblen Druck auf Putin vorsah.

Was wurde aus dem?

Trump hat mit Putin telefoniert und ist anschließend komplett umgefallen. Nun hat es einen Monat gedauert, die USA wieder von der Position des russischen Erfüllungsgehilfen zurückzurudern. Es gibt keinen Plan, keine vernünftige Strategie, wie es weitergeht und wie dieser Krieg vernünftig beendet werden kann – weder in den USA noch in Europa.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat immer wieder vor einem temporären Waffenstillstand gewarnt. Russland könne sich so neu formieren, um dann noch härter zuzuschlagen.

Das Risiko besteht. Die Leistungskurve der Russen fällt aktuell ab. Sie haben Probleme, ausreichend gepanzerte Fahrzeuge an die Front zu bringen. Ich vertraue auch den angeblich guten Rekrutierungszahlen des Kreml nicht, einfach, weil ich die Auswirkungen an der Front nicht sehe.

Was könnte das russische Militär mit einer einmonatigen Waffenruhe anfangen?

Eine Pause kann ihnen gelegen kommen, um neu zu produzieren. Die Russen haben besonders im Bereich Drohnen erhebliche Fortschritte gemacht. Ein Monat kann ausreichen, um sich neu zu sortieren. Er reicht allerdings nicht, um eine volle Nachrüstung und Wiederaufstellung der eigenen Streitkräfte zu komplettieren.

Warum wollen die USA unter diesen Umständen überhaupt eine Waffenruhe?

In meinen Augen ist das auch ein Antesten des Verhandlungswillens der Russen. Das kann funktionieren – kann aber auch zeigen, dass Putin maximale Forderungen stellt, die auf eine Kapitulation der Ukraine hinauslaufen und völlig inakzeptabel sind.

Sollte das passieren: Kann die Ukraine dann damit rechnen, von den USA verlässlich unterstützt zu werden?

So ein rationaler Prozess ist bei Trumps Putin-Liebe nicht gegeben. Mit langfristigen Prognosen wäre ich sehr vorsichtig.

Herr Gressel, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Gustav Gressel
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