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Hamas-Chef Jahja al-Sinwar tot: Wer war der Drahtzieher des Israel-Überfalls?


Hamas-Chef al-Sinwar ist tot
Er plante das Grauen und prahlte mit seiner Brutalität

Von afp
Aktualisiert am 18.10.2024Lesedauer: 3 Min.
imago images 0243425731Vergrößern des Bildes
Jahja al-Sinwar: Dem Chef der Terrororganisation Hamas wird vorgeworfen, den Überfall auf Israel maßgeblich geplant zu haben. (Quelle: Yousef Masoud/imago-images-bilder)

Israelischen Streitkräften gelang ein bedeutender Schlag gegen die Hamas: Der Hamas-Chef Jahja al-Sinwar wurde aufgespürt und getötet. Wer war der Terrorführer?

Es ist nach mehr als einem Jahr Krieg im Gazastreifen ein großer Erfolg für die israelischen Streitkräfte (IDF): Bei der Fahndung nach den Drahtziehern des brutalen Angriffs der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober hat die israelische Armee Hamas-Chef Jahja al-Sinwar aufgespürt und getötet.

"Der Massenmörder Jahja al-Sinwar, der für das Massaker und die Gräueltaten vom 7. Oktober verantwortlich ist, wurde heute von Soldaten der IDF eliminiert", teilte der israelische Außenminister Israel Katz am Donnerstag in einer an die Medien übermittelten Erklärung mit.

Video | Hamas-Führer Sinwar im Gazastreifen getötet
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Quelle: reuters

Nach dem Tod von Hamas-Chef Ismail Hanija wurde al-Sinwar im August zum neuen "Leiter des Politbüros" der radikalislamischen Palästinenserorganisation ernannt. Der 61-Jährige gilt als entscheidender Drahtzieher des Hamas-Überfalls auf Israel mit mehr als 1.200 Toten. Auf der Terror-Liste der USA steht al-Sinwar allerdings schon seit 2015. Alle bisherigen Versuche, ihn aufzuspüren und auszuschalten, scheiterten jedoch.

Im Tunnelsystem versteckt

Kurze graue Haare, Vollbart, schmale Statur: So zeigte sich al-Sinwar in der Öffentlichkeit. Seit Oktober 2023 ist er nicht mehr öffentlich aufgetreten. Es wird vermutet, dass er sich ebenso wie der Hamas-Militärchef Mohammed Deif, ein weiterer Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober, im weitverzweigten Tunnelsystem unter dem Gazastreifen versteckte. Deif war Mitte Juli bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet worden.

Hunderte Hamas-Kämpfer waren im Morgengrauen des 7. Oktober in den Süden Israels eingefallen. Sie ermordeten mehr als tausend Menschen mit einer Grausamkeit, die selbst vor Babys nicht Halt machte. 251 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, wurden zudem in den Gazastreifen als Geiseln verschleppt.

Leïla Seurat vom arabischen Forschungszentrum Carep in Paris sagte zu al-Sinwars Rolle bei dem Angriff: "Das war seine Strategie, er hat die Operation geplant." Vermutlich habe er den Überfall ein bis zwei Jahre lang vorbereitet.

Al-Sinwar saß 23 Jahre lang im Gefängnis

Al-Sinwars Karriere bei der Hamas verlief über Jahrzehnte im Verborgenen. Als 1987 die erste Intifada, der palästinensische Aufstand gegen die israelische Besatzung, in einem Flüchtlingslager im Norden des Gazastreifens begann, schloss sich al-Sinwar der neu gegründeten Hamas an, die Israel das Existenzrecht abspricht und Israels Vernichtung zu ihrem Ziel erklärt hat. Er selbst stammt auch aus einem Flüchtlingslager: Chan Junis im Süden. Später studierte er an der Islamischen Universität in Gaza-Stadt.

Mit 25 Jahren leitete al-Sinwar bereits jene Hamas-Einheit, die Palästinenser bestrafte, die mit den Israelis zusammenarbeiteten. Wegen der Tötung zweier israelischer Soldaten wurde er viermal zu lebenslanger Haft verurteilt. Insgesamt saß al-Sinwar 23 Jahre in Israel im Gefängnis. Dort lernte er Hebräisch und setzte sich als Anführer der Gefangenen durch. 2011 kam al-Sinwar frei – als einer von 1.000 palästinensischen Häftlingen, die gegen den von der Hamas als Geisel verschleppten israelischen Soldaten Gilad Schalit ausgetauscht wurden.

Sechs Jahre später, im Jahr 2017, wählte ihn die Hamas zu ihrem politischen Anführer im Gazastreifen, nachdem sein Vorgänger Ismail Hanija den Vorsitz der Organisation übernommen und seinen Wohnsitz nach Katar verlegt hatte. Die Hamas sprach sich damals für einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 aus, langfristiges Ziel blieb jedoch weiterhin die "Befreiung" ganz Palästinas – womit sie nichts anderes meint als die Vernichtung Israels.

Schwerer Schlag gegen Hamas

Al-Sinwar sei charismatisch und treffe "Entscheidungen in völliger Ruhe", beschrieb ihn damals der frühere Mitgefangene Abu Abdallah. "Militärisch radikal und politisch pragmatisch", nennt Forscherin Seurat al-Sinwars Strategie an der Spitze der Hamas. "Er propagiert Gewalt nicht um der Gewalt willen, sondern um die Israelis zu Verhandlungen zu zwingen."

Al-Sinwar berichtete in Verhören in Israel offenbar von seiner eigenen Brutalität. In einem von israelischen Medien veröffentlichten Auszug beschreibt er, wie er einen angeblichen Verräter entführte: "Wir brachten ihn zum Friedhof von Chan Junis (...), ich legte ihn in ein Grab und erwürgte ihn mit einem Tuch (...). Ich war mir sicher, dass er wusste, dass er den Tod verdiente."

Politisch wollte al-Sinwar eine einheitliche Führung in allen Palästinensergebieten erreichen, also auch im besetzten Westjordanland, das von der mit der Hamas rivalisierenden säkularen Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas regiert wird. Nach dem von den USA, Katar und Ägypten vermittelten Abkommen zwischen der Hamas und Israel zum Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen im November 2023 nahm al-Sinwars Popularität auch im Westjordanland enorm zu. Sein jetziger Tod dürfte einen schweren Schlag für die ohnehin stark geschwächte Terrorgruppe Hamas bedeuten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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