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Drastischer Kurswechsel: Niederlande planen Notstand gegen Einwanderung


Drastischer Kurswechsel
Einwanderung – Nachbarland kündigt "Notmaßnahme" an

Von dpa, afp, cc

Aktualisiert am 19.09.2024 - 08:30 UhrLesedauer: 3 Min.
Der neue niederländische Ministerpräsident Dick SchoofVergrößern des BildesMinisterpräsident Dick Schoof: Die neue niederländische Regierung will den Zuzug von Asylbewerbern stark begrenzen. (Quelle: Ramon Van Flymen/ANP/dpa/dpa-bilder)

Die neue niederländische Regierung strebt das strengste Asylgesetz Europas an. Demnach soll das Land "so unattraktiv wie möglich" werden. Es will nun die Notbremse ziehen.

Absetzbewegungen innerhalb der Europäischen Union: Mit den Niederlanden und Ungarn kündigten nun gleich zwei Regierungen an, aus den gemeinsamen EU-Asylverfahren aussteigen zu wollen. Stattdessen wollen die beiden rechts regierten Länder wieder zu eigenen Einwanderungsregelungen zurückkehren. Für die Einheit der EU wäre dies ein schwerer Rückschlag.

Die Niederlande wollen sogar einen Notstand ausrufen, um die Einreise von Asylsuchenden stark zu begrenzen. Teile des Asylgesetzes sollten "sehr schnell" außer Kraft gesetzt werden, kündigte die rechtsradikale Asylministerin Marjolein Faber nun in Den Haag an. Die Niederlande würden die "strengsten" Asyl- und Einwanderungsregeln in Europa bekommen, erklärte sie. Zudem will Deutschlands Nachbarland auch schärfere Grenzkontrollen einführen.

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Den Vorstoß aus Den Haag nahm die ebenfalls extrem rechte Regierung von Viktor Orbán zum Anlass, ebenfalls einen Bruch des EU-Konsenses anzukündigen. Auch Ungarn will demnach aus den Asylregeln der Europäischen Union aussteigen. Das kündigte Ungarns Europaminister Janos Boka an. "Gegen illegale Migration ist hartes Vorgehen notwendig", schrieb er auf X. Deswegen wolle Budapest einen Ausstieg aus diesen Regeln beantragen, falls eine Änderung der EU-Verträge dies zuließe. Allerdings kündigte die EU-Kommission am Donnerstag bereits an, dass sie sich nicht auf eine solche Änderung der EU-Verträge einlassen werde.

Die niederländische Asylministerin Faber plant die Einschränkung des Familiennachzugs, mehr Abschiebungen von straffälligen und abgewiesenen Asylbewerbern sowie eine Verringerung der Möglichkeiten, Gerichtsentscheidungen anzufechten. Die Regierung will bei der EU-Kommission zudem einen Antrag stellen, um von der europäischen Asyl- und Migrationspolitik abweichen zu dürfen. Es sei Zeit für einen drastischen Kurswechsel, sagte Faber. "Wir ergreifen Maßnahmen, um die Niederlande für Asylsuchende so unattraktiv wie möglich zu machen."

Ähnlich wie Dänemark wollen sich demnach auch die Niederlande künftig nicht mehr an die EU-Asylregeln halten. Sie habe die EU-Kommission darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre Regierung in Einwanderungsfragen nicht länger durch die EU-Regelungen gebunden sein wolle, teilte Faber am Mittwoch im Onlinedienst X mit. "Wir müssen unsere Asylpolitik wieder selbst regeln".

Wilders: "Mit Antrag Geschichte schreiben"

Die Verschärfung des Asylrechts ist einer der Schwerpunkte der neuen rechten Regierung in Den Haag, an der erstmals auch die radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders beteiligt ist. Die Vier-Parteien-Koalition mit dem parteilosen Premier Dick Schoof an der Spitze legte nun ihr Regierungsprogramm vor.

Wilders selbst hatte im Mai gesagt, die Einführung einer EU-Ausnahmeregelung für sein Land in Einwanderungsfragen werde vermutlich Jahre brauchen. Am Mittwoch erklärte er, Ministerin Faber habe mit ihrem Antrag "Geschichte geschrieben". Sogar der niederländische König scheint dem Ansinnen der Rechtspopulisten positiv gegenüberzustehen. In einer Rede vor dem Parlament sagte der Monarch, das Ziel der Regierung sei ein "schnelleres, härteres und ehrlicheres" Asylsystem.

Nach Einschätzung des niederländischen Rats für Einwanderungsfragen könnten die Niederlande jedoch nur durch eine Änderung der EU-Verträge von der gemeinsamen Migrationspolitik ausgenommen werden. Dazu wäre eine Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten notwendig. Diese sei nicht sehr wahrscheinlich, da die Zahl der Asylsuchenden dann auf weniger Mitgliedstaaten verteilt werden müsste. Für dieses Ansinnen gibt es in der EU bislang keine Mehrheit.

Zahl neuer Asylbewerber relativ konstant

Seit Jahren gibt es in den Niederlanden Probleme mit der Unterbringung von Asylsuchenden – die Zahl der Neuankömmlinge ist dabei recht stabil. Jährlich kommen etwa 40.000 Asylbewerber in das Land mit rund 18 Millionen Einwohnern.

"Wir können den großen Zustrom von Migranten in unser Land nicht länger ertragen", sagte Ministerpräsident Dick Schoof. Er sprach von einer "Asylkrise". Seine Regierung werde daher bald per "Notmaßnahme" die Politik im Bereich "Migration und Asyl strenger gestalten".

Die Regierung kann mithilfe eines königlichen Beschlusses im Krisenfall einen Notstand ausrufen und dann Maßnahmen auch ohne vorherige Zustimmung des Parlaments ergreifen. Das geschah zum Beispiel während der Corona-Pandemie. Ein solcher Beschluss muss allerdings juristisch begründet sein.

Juristen warnen, dass die von der neuen Regierung geplanten Maßnahmen gegen internationale Regeln verstoßen könnten. Die Opposition reagierte empört und sprach von einem undemokratischen Schritt. Experten bezweifeln auch die Rechtmäßigkeit der Notmaßnahmen, denn es gebe keinen unerwartet hohen Zustrom von Asylbewerbern. Die derzeitige Krise bei der Unterbringung sei eine Folge von Sparmaßnahmen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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