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Botswana-Elefanten in Deutschland? Ex-Präsident Ian Khama nennt Idee "verantwortungslos"


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20.000 Elefanten für Deutschland?
"Er will nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt"

InterviewVon Julian Seiferth

Aktualisiert am 21.06.2024Lesedauer: 7 Min.
Ein von Wilderern geschossener Elefant: Der botswanische Präsident hat die Trophäenjagd wieder zugelassen.Vergrößern des Bildes
Ein von Wilderern geschossener Elefant: Der botswanische Präsident hat die Trophäenjagd wieder zugelassen. (Quelle: via www.imago-images.de)
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Die Ankündigung sorgte für Wirbel: Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi will 20.000 Elefanten nach Deutschland schicken. Sein Amtsvorgänger erhebt gegen ihn schwere Vorwürfe.

20.000 Elefanten für Deutschland: Mit dieser Idee hat sich Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi im April die Aufmerksamkeit der Deutschen gesichert. Sein Argument: Europäische Politiker, darunter Teile der Bundesregierung, setzen sich für ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen ein. Doch sein Land, so Masisi, profitiere vom Jagdtourismus – und habe sowieso zu viele Elefanten, die irgendwohin müssten – notfalls nach Deutschland.

An diesem Freitag ist der Präsident in Berlin, um mit Mitgliedern der Bundesregierung über die Zukunft der Trophäenjagd zu sprechen. Masisi ist seit 2018 im Amt, hat seitdem die Praxis wieder legal gemacht. Unter seinem Vorgänger Ian Khama war die Trophäenjagd noch verboten. Im t-online-Interview erklärt Khama, warum er das Vorgehen seines Nachfolgers für falsch hält, wie er das Problem mit den Elefanten lösen würde – und wirft dem botswanischen Präsidenten Korruption vor.

t-online: Herr Khama, warum ist Trophäenjagd auf Elefanten ein Problem in Botswana?

Ian Khama: Die Trophäenjagd zielt nur auf die besten Bullen ab – nicht die Weibchen, nicht die Jungen, sie jagen nur die Männchen, insbesondere die ab 30 Jahren. Diese Tiere haben die größten Stoßzähne, also das meiste Elfenbein. Der Gen-Pool wird auf diese Weise abgetragen. Bei Löwen gibt es das gleiche Problem: Die Trophäenjäger suchen sich starke Männchen aus, wegen ihrer Mähne.

Was unternimmt Botswana dagegen?

Ich habe während meiner Zeit als Präsident die Trophäenjagd verboten. Als ich Chef der Armee war, haben wir das Militär eingesetzt, um gegen Wilderer vorzugehen. Denn diese übermäßige Jagd untergräbt auch den touristischen Aspekt, den Fototourismus. Durch den Fototourismus sind mehr Menschen beschäftigt, mehr Gemeinden sind beteiligt, mehr Einnahmen kommen der Regierung zu. Der Fototourismus geht außerdem das ganze Jahr über, wohingegen die Jagd nur sechs, sieben Monate im Jahr stattfinden kann. Inzwischen hat mein Nachfolger die Trophäenjagd wieder erlaubt.

Ian Khama
Ian Khama (Quelle: IMAGO/Vilhelm Stokstad/TT)

Zur Person

Ian Khama (71) war von 2008 bis 2018 Präsident Botswanas. Zuvor diente Khama unter anderem als Militärchef und Vizepräsident. Seit dem Ende seiner Amtszeit setzt er sich für den Naturschutz in Afrika ein, unter anderem als Schirmherr des "Guardian Angel Wildlife and Marine Trust".

Welche Probleme bringt die Trophäenjagd für den Tourismus in Botswana?

Unser Tourismus basiert auf Wildtieren. Das heißt, wenn wir keine Tierwelt haben, gibt es keinen Tourismus. Die Vorteile für das Land und die Gemeinden vor Ort verschwinden also ohne die Tiere. Als die Trophäenjagd vor meiner Zeit noch legal war, erkannten wir, dass die Jäger auch zu Wilderern wurden – sie gingen über ihre Jagdquoten hinaus, jagten zu viele Tiere. Sie lockten Tiere aus Schutzreservaten in Jagdgebiete, um sie erschießen zu können. Die Jäger waren allein, es gab niemanden, der sie beobachtet oder gestoppt hätte.

Wie kann man so etwas gesetzlich regulieren?

Wir haben 2011 ein Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt. Wir haben regelmäßig erhoben, wie sich die Jagd auf den Genpool der Tiere, auf ihre Anzahl, ihr Sozialverhalten und auch auf den Tourismus auswirkt. Wenn Sie erkennen, dass es zu wenige Tiere gibt und dadurch der Tourismus geschwächt wird, müssen Sie die Jagd abschwächen.

Was verliert Botswana durch die Trophäenjagd?

Ein Beispiel: Wir hatten vor Jahren einen Elefanten mit riesigen Stoßzähnen. Der Bulle war berühmt. Touristen kamen, nur, um ihn zu sehen. Dann wurde er gejagt, erschossen. In den sozialen Medien gab es Bilder, auf denen diese Jäger neben dem Leichnam posierten. Nun bringt er dem Tourismus nichts mehr. Wenn er einmal weg ist, ist er weg. Die Jagd birgt auch Gefahren für Menschen.

Wie meinen Sie das?

Die Elefanten werden durch die Jagd aggressiver. Die Konflikte zwischen Menschen und Elefanten nehmen zu.

Ihr Nachfolger, Mokgweetsi Masisi, hat die Trophäenjagd wieder zugelassen. Was treibt ihn an?

Zuallererst will er in vielen Bereichen einfach das rückgängig machen, was ich geschafft habe. Er hat auch die Einheiten zur Bekämpfung der Wilderei entwaffnet. Er hat die Jagdquoten zwischen 2023 und 2024 um rund 40 Prozent erhöht, obwohl sich alle Kriterien der Verträglichkeitsprüfung verschlechtert haben. Wissenschaftlern aus Botswana, die zu Wilderei und Trophäenjagd forschen, wurde die Lizenz abgenommen. Seitdem sehen wir einen Anstieg der Wilderei, obwohl von den Jagdeinnahmen nur ein Bruchteil bei den Gemeinden vor Ort landen – wenn die das Geld überhaupt bekommen.

Warum tut er das?

Es gibt nur einen Grund: Diejenigen, die politische Macht haben, wollen mehr Geld. Er will nicht, dass die Wahrheit darüber ans Licht kommt, was mit den Elefanten passiert. Seit seiner Machtübernahme gibt es Komplizenschaft und Korruption im gesamten System.

Sie sprechen von Korruption?

Ganz richtig. Die Wilderei, die Trophäenjagd, all das gehört zu dem korrupten System. Da wechselt definitiv Geld den Besitzer. Die Regierung ignoriert ihre eigenen Richtlinien dazu, wie man zu jagen hat. Es ist eine Lobby, auch mit Jägern von anderen Kontinenten.

Mitglieder der aktuellen Regierung Botswanas werfen ihrerseits Ihnen Korruption vor.

Das derzeitige Regime hat mich einer Menge Dinge beschuldigt, einschließlich des Diebstahls von 10 Milliarden Dollar aus der Zentralbank. Die Bank selbst hat das als falsch zurückgewiesen, ebenso wie das Oberste Gericht und der Finanzminister. Ich wurde beschuldigt, keine Waffenlizenzen für meine Schusswaffen zu besitzen, was die Polizei in einer eidesstattlichen Erklärung als falsch bezeichnete. Mir sind keine Anklagen wegen Korruption gegen mich bekannt, aber sechs Jahre nach meinem Ausscheiden aus dem Amt sollte es mich nicht überraschen, dass all diese Vorwürfe erfunden werden.

Die Jagdlobby, von der Sie sprechen: Wirkt die auch aus Europa, aus Deutschland heraus?

Ja, sicher.

Es gibt derzeit Bestrebungen in europäischen Ländern, auch Deutschland, den Import von Jagdtrophäen nicht zuzulassen. Ich nehme an, Sie würden diese Bemühungen unterstützen.

Auf jeden Fall. Die Bevölkerung in Europa befürwortet mit überwältigender Mehrheit ein Verbot dieser Trophäen, übrigens nicht nur bei Elefanten. Viele Arten, die heute vom Aussterben bedroht sind, waren früher nicht gefährdet, einige davon sind inzwischen ausgestorben. Tiere, deren Bestandsgröße heute einigermaßen stabil ist, können eines Tages auf die gleiche Weise gefährdet sein. Wir alle sind für diese Welt verantwortlich. Ich flehe das deutsche Volk und die Regierung an: Gehen Sie diesen mutigen Schritt. Verbieten Sie die Einfuhr von Jagdtrophäen.

Kann Jagd nicht auch ein Weg sein, Populationen zu stabilisieren?

Die Leute, die sagen, dass das ein Naturschutzinstrument sein soll, liegen völlig falsch. Es ist lächerlich. Wie kann die Jagd gut für den Naturschutz sein? Wenn jemand eine Wildfarm hat, die eingezäunt ist, muss er die Menge der Tiere natürlich irgendwie beschränken. Aber wir sprechen hier von Tieren, die sich frei bewegen können. Sie durchstreifen riesige Landstriche. Und die Natur ermöglicht es ihnen, sich in Dürrezeiten dorthin zu bewegen, wo sie Wasser finden. Sie passen sich den Bedingungen an.

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Wie entwickelt sich die Elefantenpopulation in Botswana?

Wir haben Zahlen, die das Problem mit der Jagd auf Elefanten belegen: Wenn der Anteil von Kadavern an der Gesamtzahl der Tiersichtungen bei sieben bis acht Prozent liegt, ist die Gruppe bereits im Begriff, sich zu destabilisieren. In Botswana liegt der Anteil von Kadaversichtungen bei Elefanten bei 13 Prozent. Wir sehen definitiv einen Rückgang. Und jeder, der etwas anderes behauptet, wird entweder von der Jagdlobby bezahlt, ist völlig gleichgültig oder schert sich nicht um wilde Tiere.

Ihr Nachfolger, Herr Masisi, kämpft gegen diese europäischen Bemühungen, den Import von Jagdtrophäen zu verbieten.

Er gehört zu allen drei dieser Gruppen.

In Deutschland erregte Masisi zuletzt Aufsehen mit der Ankündigung, er würde im Falle eines Einfuhrverbots 20.000 Elefanten nach Deutschland verfrachten. Ist das in irgendeiner Weise realistisch oder nur ein politisches Manöver?

Es ist ein Stunt, und was für ein kindischer. Es ist nicht nur sehr unreif und verantwortungslos, es ist auch völlig unmöglich, 20.000 Elefanten von Botswana nach Deutschland zu transportieren. Ich meine: Es ist einfach lächerlich. Er versucht den Eindruck zu erwecken, dass Botswana ein Elefantenproblem hat. Er sollte zunächst einmal Pläne für Botswana vorstellen, um die Probleme zwischen Menschen und Elefanten zu lösen. Anderen Ländern in Afrika ist das gelungen. Aber diejenigen in Botswana, die wissen, wie das geht, denen hat seine Regierung ja die Lizenz genommen.

Ist denn etwas an der Darstellung der botswanischen Regierung dran? Gibt es ein Problem mit Elefanten in Ihrem Land?

Sie werden ein gewisses Problem mit jedem wilden Tier haben. Wenn ein Elefant auf das Feld eines Bauern geht und es zerstört, ist das ein Problem. Aber das löst man nicht langfristig, indem man diesen Elefanten erschießt. Wir haben heute ganz andere Möglichkeiten, modernste Technologie. Stattdessen erzählt er, dass er 20.000 Elefanten nach Deutschland bringen will.

Welche Lösungen könnten das sein?

Wir hatten schon immer viele Elefanten in Botswana. Viele stammen aus Nachbarländern, wo die Wilderei bereits außer Kontrolle geraten ist. Viele unserer Elefanten sind also Flüchtlinge. Einige dieser Länder wie Kenia haben in den vergangenen Jahren gute Managementpraktiken eingeführt, wodurch sich ihre Populationen an Elefanten und auch Nashörnern stabilisiert haben. Das ist genau das, was in Botswana benötigt wird. Denn selbst wenn behauptet wird, es gäbe 20.000 Elefanten zu viel, was ist die Antwort? Sollen etwa 20.000 Elefanten erschossen werden?

Was schlagen Sie vor?

Zwischen Botswana, Angola, Namibia, Sambia und Simbabwe befindet sich eine riesige Fläche. Einige dieser Länder, wie Angola, können definitiv mehr Elefantenpopulationen vertragen. In diesem Raum könnten sich Elefanten auf natürliche Weise bewegen. Man muss keine 20.000 Tiere töten, man kann sie auf ein großes Gebiet mit den Nachbarstaaten verteilen.

Sie waren zehn Jahre lang Präsident Botswanas, auch davor lange in Politik und Militär aktiv. Im Herbst stehen Neuwahlen an. Wollen Sie wieder kandidieren?

Ich engagiere mich für den Naturschutz, auch in anderen Ländern. Alles, was ich tun kann, um mein Wissen und meine Erfahrung mit anderen zu teilen, will ich tun. Ich bin auch Schirmherr des "Guardian Angel Wildlife and Marine Trust", der sich für den Schutz der afrikanischen Flora und Fauna einsetzt. Aber ich werde nicht wieder für die Präsidentschaft kandidieren. Wir haben jetzt jemanden im Amt, der sehr autokratisch geworden ist. Unsere Demokratie ist bedroht, sie befindet sich im Niedergang. Deshalb setze ich mich für Oppositionsparteien ein, die unserem Land hoffentlich wieder den guten Ruf bringen, den es vor Masisis Amtszeit hatte.

Herr Khama, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Ian Khama
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