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Ukraine-Krieg: Chinas Maske fällt – So unterstützt Xi Putin


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Krieg in der Ukraine
Chinas Maske fällt


18.06.2024Lesedauer: 6 Min.
Putin und XiVergrößern des Bildes
Xi Jinping (r.) und Wladimir Putin: China möchte mit Blick auf den Ukraine-Krieg seinen Juniorpartner schützen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Die Ukraine wirft der chinesischen Führung vor, die Friedenskonferenz in der Schweiz boykottiert zu haben. In der Tat tut der chinesische Präsident Xi Jinping immer mehr, um Wladimir Putin zu unterstützen. Wie weit wird China dabei gehen?

In vielen westlichen Regierungen gab es in den ersten zwei Kriegsjahren in der Ukraine durchaus eine zentrale Hoffnung: China könnte irgendwann die Geduld mit Kreml-Chef Wladimir Putin verlieren und seinen Einfluss auf Russland geltend machen. Der chinesische Präsident Xi Jinping könnte die Notbremse ziehen und Moskau unter Druck setzen, den Krieg endlich zu beenden. Deswegen erhöhten Länder wie die USA wiederum den Druck auf Peking, sich in diesem Konflikt zu positionieren. EU-Staaten und selbst die Ukraine verzichteten auf zu harsche Kritik an China, schließlich wollte man eine Tür offen lassen, durch die Xi einfach hätte gehen können.

Doch mittlerweile ist klar: Diese Strategie ist fundamental gescheitert. Inzwischen sprechen westliche Diplomaten offen darüber, dass China kein Interesse daran hat, mit dem Westen für einen Frieden in der Ukraine zusammenzuarbeiten. Und es wird auch immer sichtbarer, dass die chinesische Führung im Hintergrund Politik für Putin macht.

Somit fällt Chinas Maske als neutrale Supermacht immer mehr. Das ist eigentlich keine Überraschung: Immerhin sieht Xi Jinping seinen Hauptfeind in der vom Westen dominierten regelbasierten Weltordnung. Für diesen Kampf haben Russland, China und der Iran ein Bündnis geschmiedet und deshalb wird Xi verhindern wollen, dass Putin den Krieg in der Ukraine verliert. Aber um jeden Preis?

China boykottiert Friedenskonferenz

Der Ton gegenüber China ist in den vergangenen Monaten deutlich rauer geworden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlor Anfang Mai beim Sicherheitsforum Shangri-La-Dialog die Geduld: "Leider lässt sich ein so großes, unabhängiges und mächtiges Land wie China zum Instrument in den Händen Putins machen", sagte er auf einer Pressekonferenz. Er warf gleichzeitig Peking vor, die Friedenskonferenz in der Schweiz am 15. und 16. Juni zu boykottieren. In der Schweiz wiederum erklärte Selenskyj vor Journalisten, dass China kein Feind der Ukraine sei. "Ich möchte, dass China ein Freund der Ukraine wird."

Das ist sie wieder: Die diplomatische Tür, vor der Xi Jinping wahrscheinlich stehen bleiben wird.

China nahm an dem Gipfel in der Schweiz nicht teil. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, erklärte am 31. Mai, dass Peking nur dann an dem Gipfel teilnehmen werde, wenn Russland mit von der Partie sei. Das war eigentlich keine große Überraschung: Eine Teilnahme Pekings wäre international als Unterstützung der Ukraine wahrgenommen worden und hätte Putin isoliert erscheinen lassen.

China konnte erfolgreich das Narrativ bedienen, dass eine Konferenz ohne Putin nichts einbringen werde – immerhin ist Russland eine der Kriegsparteien. Zwar ignoriert diese Darstellung den Fakt, dass Putin seinen Krieg ohne internationale Unterstützung – vor allem aus China – nicht lange weiter würde führen können. Zu groß ist Moskaus Abhängigkeit von chinesischen Halbleitern, Rohstoffkäufen und von chinesischen Devisen. Doch bisher hält sich Peking bedeckt, nutzt seinen Einfluss auf Russland nicht.

Chinas Perspektive auf den Ukraine-Krieg hat sich in den vergangenen zwei Jahren durchaus verändert. Für die chinesische Führung war er anfangs ein Ärgernis. In Gesprächen mit westlichen Diplomaten erfuhr auch t-online, dass man in Peking verwundert darüber ist, dass Russland ihn noch immer nicht gewonnen hat. In der Volksrepublik wurde der Krieg von Anfang an als Störung der weltwirtschaftlichen Entwicklung wahrgenommen und das konnte Xi nach den wirtschaftlichen Schäden der Corona-Pandemie eigentlich nicht gebrauchen.

Doch China hat für sich schnell die strategische Chance erkannt, gestärkt aus diesem Krieg hervorzugehen. Russlands Krieg spielt China sogar in die Hände. Die Partnerschaft zwischen China und Russland hat nach der russischen Invasion in der Ukraine deutlich an Augenhöhe verloren. Schon jetzt versucht die chinesische Führung, dem Kreml Rohstoffpreise zu diktieren. Sie zeigt Moskau auch gelegentlich, wer nun am längeren Hebel sitzt, etwa bei der für Russland sehr wichtigen Pipeline "Kraft Sibiriens 2", die gebaut werden soll. China verzögert den Bau der Pipeline, feilscht mit Russland um den Preis.

Das kostet Putin wertvolle Zeit, denn das Loch in Putins Gaskasse wird immer größer. Mehr dazu lesen Sie hier. Doch das zeigt vor allem eines: China tut lediglich das, was im chinesischen Interesse ist, und die grenzenlose Partnerschaft mit Russland bewegt sich für Xi in dem Rahmen, den er vorgibt.

Xi Jinping tut nicht mehr, als er muss

Doch welche strategischen Interessen verfolgt China mit Blick auf die Ukraine? Dabei sind vor allem vier Punkte für Peking relevant:

  • Putin soll den Krieg nicht verlieren: Das ist wahrscheinlich das chinesische Ziel mit der obersten Priorität. Schließlich ist der Kreml-Herrscher für China ein williger Partner, um die westliche Weltordnung herauszufordern. Xi und Putin kämpfen gegen die Demokratie als Staatsform, gegen das geltende Völkerrecht und gegen Menschenrechte wie Meinungsfreiheit. In seinem russischen Amtskollegen fand der chinesische Präsident einen Gesinnungsgenossen, der ihm dabei hilft, den UN-Sicherheitsrat zu blockieren. Wenn Putin nach einer Kriegsniederlage stürzen würde, könnte in Moskau ein anderes Regime die Macht ergreifen, das China nicht mehr so gut kontrollieren kann – oder, aus chinesischer Perspektive noch schlimmer: eine demokratische Regierung. Das möchte Xi verhindern und stützt Putin.
  • Chinas Sicherheit: Eng damit verbunden sind chinesische Sicherheitsinteressen. Russland und China teilen eine über 4.200 Kilometer lange Grenze, beide Länder sind Atommächte. Sollte Russland durch eine Kriegsniederlage innenpolitisch im Chaos versinken oder gar auseinanderbrechen, wäre das ein sicherheitspolitischer Alptraum für Xi Jinping.
  • Wirtschaftliche Entwicklung: Für China hat die wirtschaftliche Entkopplung des Westens von Russland massive Vorteile. Einerseits braucht Russland dringend neue Handelspartner für den Verkauf seiner Rohstoffe, und die energiehungrige Volksrepublik kann diese zu Billigpreisen erwerben. Hinzu kommt, dass chinesische Unternehmen nun in den russischen Markt drängen, also in das Vakuum, das westliche Unternehmen nach ihrem Abzug in Russland hinterlassen haben. In zwei Jahren ist der Handel zwischen den beiden Ländern um mehr als 60 Prozent auf einen Rekordwert von 240 Milliarden Dollar gestiegen.
  • Kampf um Einfluss: Für China spielt die Ukraine strategisch eine eher untergeordnete Rolle. Xi möchte sein Land zur dominierenden Super- beziehungsweise Ordnungsmacht machen. Somit will Peking westlichen Ländern und vor allem den USA keine großen diplomatischen Erfolge schenken – wie etwa eine erfolgreiche Friedenskonferenz in der Schweiz. China hat den Einfluss, um die Ukraine und Russland an einen Tisch zu bringen, und das wird es vielleicht irgendwann tun – doch dann wird Xi sich als großer Friedensmacher inszenieren. Vorher wird Peking wahrscheinlich keine andere Initiative unterstützen.

Peking unterstützt die russische Kriegswirtschaft mit Dual-Use-Gütern wie Halbleitern, die militärisch und zivil genutzt werden können. Es führt im Hintergrund politische Gespräche mit anderen Staaten, um einer Isolation Putins entgegenzuwirken und gleichzeitig diplomatische Anstrengungen des Westens zu untergraben. Das ist der Schattenkampf, den Xi schon jetzt für Putin führt. Doch wie weit könnte China am Ende gehen, um seine strategischen Ziele zu erreichen?

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Fest steht bisher eigentlich nur: Xi tut nicht mehr, als er muss, aber er könnte auch noch mehr machen, sollte es eng für Putin werden.

Halten Chinas rote Linien?

Diese reaktive Strategie der Chinesen zeigt sich eigentlich schon über den gesamten Kriegsverlauf. Erst reagierte China einige Monate gar nicht auf den Beginn des russischen Angriffskrieges. Dann wurde der internationale Druck größer, sich zu positionieren und China reagierte mit einer Friedensinitiative, die aber nur den eigenen Unwillen kaschieren sollte, sich wirklich zu engagieren. Dass Peking sich aktuell vehement für Frieden einsetzt, glaubt eigentlich niemand mehr.

Für die Unterstützung Russlands arbeitet China eng mit dem Iran zusammen. Das iranische Mullah-Regime liefert Drohnen, der chinesische Satellitenstaat Nordkorea schickt vor allem Artilleriemunition nach Russland. Das eiserne Dreieck, das China mit dem Iran und Russland zum Schutz ihrer autoritären Systeme gebildet hat, greift dann korrigierend ein, wenn es für den Kreml eng wird. Ähnlich wie der Westen, der die Ukraine dann mit weiteren militärischen Gütern unterstützt, wenn sie in die Defensive gerät.

Aber wo ist die Grenze? Xi hat in der Vergangenheit öfters bekräftigt, dass China Russland nicht mit Waffen beliefert und dass der Einsatz von Atomwaffen eine rote Linie für Peking ist.

Letzteres ist durchaus glaubhaft, denn ein Atomkrieg in geografischer Nähe zu China würde definitiv eigene Sicherheitsinteressen konterkarieren. Bei der direkten militärischen Unterstützung hält sich Peking aktuell zurück, weil es vor allem westliche Sanktionen fürchtet. Aber wenn Putin in die Enge gedrängt wird, ihm das Geld oder die Rüstungsgüter ausgehen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass China mit Blick auf seine strategischen Interessen noch aktiver wird. Dann könnte sich auch Xi weiter dazu gezwungen sehen, sein wahres Gesicht zu zeigen.

Verwendete Quellen
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