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China gegen Indien: Endet der Konflikt im Krieg?


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Konflikt zwischen China und Indien
Die Welt hält den Atem an


Aktualisiert am 30.08.2023Lesedauer: 5 Min.
Indiens paramilitärische Verbände im Himalaya: Die Grenzkonflikte mit China spitzen sich zu.Vergrößern des Bildes
Indiens paramilitärische Verbände im Himalaja: Die Grenzkonflikte mit China spitzen sich zu. (Quelle: Adil Abbas via www.imago-images.de/reuters)
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Zwischen Indien und China kommt es immer wieder zu Grenzkonflikten – zudem ringen die Atommächte um die Vorherrschaft im Indopazifik. Droht gar ein Krieg?

Das "Dach der Welt" schafft es nur selten in die Schlagzeilen. Vom Himalaja ist in westlichen Nachrichtensendungen oft nur dann die Rede, wenn waghalsige Bergsteiger die Spitzen der Gebirgskette zwischen Indien, Nepal, China und dem Königreich Bhutan erklimmen. Dabei ist die Region schon seit Jahrzehnten Schauplatz eines Konfliktes der Giganten: Hier kämpfen Indien und China um Territorium – und das endet nicht selten blutig.

In den vergangenen Jahren ist es im Himalaja immer wieder zu Konflikten zwischen den beiden Ländern gekommen. Und die Lage spitzt sich weiter zu.

Die Atommächte rüsten in der Region auf, beide Armeen lassen ihre Soldaten patrouillieren, um ihre Gebietsansprüche zu untermauern. Zwar sollen sie laut einer indisch-chinesischen Vereinbarung eigentlich unbewaffnet sein, das aber hindert die Soldaten nicht daran, sich regelmäßig in Schlägereien mit Knüppeln und Steinen zu verletzten. Immer wieder gibt es dabei Todesopfer.

Experten sind sich angesichts dessen einig: Der indisch-chinesische Konflikt könnte den gesamten Kontinent destabilisieren. Wenn sich im Himalaja die beiden bevölkerungsreichsten Länder gegenüberstehen, hält die Welt den Atem an. Und das nicht ohne Grund.

Das Misstrauen Indiens gegenüber China ist groß. Die indische Führung wehrt sich gegen die chinesische Expansion und sie schafft es zunehmend, Chinas Einfluss in der Region zurückzudrängen. Salopp ließe sich sagen: Langsam befreit sich die indische Republik aus dem Würgegriff des Drachen. China dagegen ist mittlerweile in einer heiklen Lage, sieht sich selbst mehr und mehr isoliert. Kann das einen Krieg verhindern?

Zwei Staatschefs, ein Ziel

Zuletzt gab es zumindest Versuche der Annäherung. Der indische Premierminister Narendra Modi und der chinesische Präsident Xi Jinping trafen Mitte August beim Brics-Gipfel aufeinander, reichten sich die Hand.

Die zwei rivalisierenden Staatschefs sind sich durchaus ähnlich, aber mit Blick auf den Frieden in Asien wird genau das zur Gefahr. Denn Xi und Modi inszenieren sich beide als starke Führer, sie schrecken nicht vor Gewalt zurück, um ihre Macht auszubauen. Beide setzen zudem auf Nationalchauvinismus und Patriotismus – und beide reklamieren für ihre Länder eine Führungsrolle in einer neuen globalen Ordnung. Und beide Länder möchten den Einfluss des Westens zurückdrängen – indem sie eine führende Rolle in der Weltpolitik für sich beanspruchen.

Immerhin: Diese Gemeinsamkeiten zwischen China und Indien führen dazu, dass sie innerhalb der Brics-Staaten-Gemeinschaft friedlich zusammenarbeiten können. Doch was geopolitisch in einem gemeinsamen Streben nach einem Zurückdrängen des Westens funktionieren mag, läuft in Asien schief. Dort trifft Patriotismus auf Patriotismus – und in Indien sitzt der Schock noch immer tief, dass es 1962 einen Krieg gegen China um die 3.500 Kilometer lange Grenze verloren hat. Ein Krieg im Himalaja.

Deswegen ist die Region bis heute ein Pulverfass.

Eine Gefahr für Indien

Diese Spannungen überschatten jedes Treffen zwischen Xi und Modi. Umso überraschender war es beim Brics-Gipfel in Südafrika, dass der chinesische Präsident und der indische Ministerpräsident bei einem ihrer seltenen bilateralen Treffen verkündeten, dass sie den Konflikt an ihrer umstrittenen Grenze im Himalaja zu entschärfen gedenken.

Hintergrund dafür: Der Konflikt hat sich nach einem tödlichen Zwischenfall im Jahr 2020 in Aksai Chin-Ladakh weiter verschärft. Damals kamen bei einem Scharmützel im Himalaja 20 indische und vier chinesische Soldaten ums Leben – eine neue Eskalationsstufe. Auch danach kam es immer wieder zu Schlägereien mit Verletzten.

Seit der Eskalation im Jahr 2020 hat Indien mehrere Schritte unternommen, um gegen der von Neu-Delhi wahrgenommenen Bedrohungen aus China zu begegnen. Indien rüstet militärisch auf und verbietet chinesische Social-Media-Plattformen und Apps. Außerdem wurden die chinesischen Telekommunikationsgiganten Huawei und ZTE aus dem Land gedrängt.

Darüber hinaus läuft auch im Himalaja eine schleichende Militarisierung, die im Westen kaum wahrgenommen wird. Indien und China liefern sich seit Jahren einen hektischen Wettbewerb beim Aufbau militärischer Infrastruktur in der Grenzregion. Die Aufrüstung zeigt, dass beide Seiten scheinbar die Friedenszeit strategisch nutzen möchten, um ihre logistischen Fähigkeiten für einen möglichen Krieg zu stärken.

Kompromiss nicht in Sicht

Vor diesem Hintergrund sehen Experten in den Gesprächen zwischen Modi und Xi noch keinen Grund für großen Optimismus. Erst muss ein Kompromiss gefunden werden und eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu Grenzfragen hat bislang keine Ergebnisse erzielt. "Modi betonte, dass die Aufrechterhaltung von Frieden und Ruhe in den Grenzgebieten sowie die Einhaltung und Achtung des LAC für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Indien und China von wesentlicher Bedeutung sind", sagte Indiens Außenminister Vinay Kwatra beim Brics-Gipfel in Südafrika. Die "Line of Actual Control" (LAC) ist eine schlecht definierte De-facto-Grenze zwischen den Atommächten.

Das Problem: China möchte diese Grenze nicht anerkennen. Peking beansprucht etwa 90.000 Quadratkilometer eines Gebietes, das sich unter der Kontrolle Neu-Delhis befindet. "Beide Seiten sollten die Gesamtinteressen ihrer bilateralen Beziehungen im Auge behalten und die Grenzfrage angemessen behandeln, um gemeinsam Frieden und Ruhe in der Grenzregion zu gewährleisten", erklärte das chinesische Außenministerium.

Doch was ist "angemessen"? Eine finale Einigung ist noch nicht in Sicht. Es gibt zwar Spekulationen um eine mögliche Pufferzone, doch Modi ist nur bedingt kompromissbereit. Immerhin würde er mit territorialen Abschreibungen an China den aus indischer Sicht schleichenden chinesischen Landraub legitimieren – und das würde Modi innenpolitisch schaden.

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Rückschläge für China

Hinzukommt geopolitisches Ringen zwischen beiden Ländern: In den vergangenen Jahren musste Neu-Delhi zusehen, wie die Volksrepublik Gebietsansprüche im Süden und Osten Asiens anmeldete und wie die chinesische Volksbefreiungsarmee immer weiter aufgerüstet wurde.

China gewann auch in der Region an Einfluss. Das geschah vor allem durch die chinesische "Belt and Road Initiative (BRI), den umfassenden chinesischen Wirtschaftsplan für Infrastrukturentwicklung. Ein Großteil der Länder in Südasien wurde Teil dieser Initiative und plötzlich waren auf den Malediven, in Nepal, Sri Lanka und natürlich in Pakistan – dem Erzfeind Indiens – chinafreundliche Regierungen an der Macht. Peking sicherte sich dadurch den Zugang zu wichtigen Häfen entlang des Indischen Ozeans.

Das verstand Modi als Alarmsignal. Die indische Führung wirft China vor, mit einem Netz von Allianzen Indien zu umzingeln. In der Tat sah es mit Blick auf den Himalaja für Indien deswegen viele Jahre nicht gut aus, die indische Armee war der chinesischen deutlich unterlegen.

Doch das Blatt hat sich langsam gewendet.

Nun unterhält Indien enge Beziehungen zu den Malediven, Nepal und Sri Lanka und hat seine guten Beziehungen zu Bangladesch gefestigt. Mittlerweile hat Neu-Delhi ähnlich viel Einfluss auf die Taliban in Afghanistan, und die Beziehungen zu Pakistan haben sich nicht weiter verschlechtert. Auch militärisch rüstet Indien auf und orientiert sich immer weiter in Richtung der Nato – ein weiterer Rückschlag für China.

All dies deutet auf einen wichtigen Wendepunkt in Südasien hin. Indien verliert im geostrategischen Wettbewerb mit China in der Region keinen Boden mehr – kann diesen möglicherweise sogar gewinnen. Xi Jinping sieht sich plötzlich mit Nachbarstaaten konfrontiert, die eine chinesische Vorherrschaft ablehnen. Das könnte China dazu bringen, sich mit Indien arrangieren zu müssen. Denn im Gegensatz zu seinem Verbündeten Wladimir Putin setzt Xi nicht auf militärische Himmelfahrtskommandos – und das ist eine Chance für Frieden in der Region.

Verwendete Quellen
  • foreignpolicy.com: India Is Pushing Back Against China in South Asia (engl.)
  • edition.cnn.com: India’s Modi and China’s Xi agree to ‘intensify efforts’ (engl.)
  • sz.de: Aufrüsten im Eis
  • gisreportsonline.com: Rising tensions along the Indian-Chinese border (engl.)
  • foreignpolicy.com: India Can’t Cut the Cord From China (engl.)
  • spiegel.de: Truppen lieferten sich offenbar Scharmützel an der Grenze
  • faz.net: Neuer Zwischenfall im Himalaja
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