Spekulationen vor Besuch bei Biden Wird sie die erste Frau an der Nato-Spitze?
Wer bekommt den Posten an der Spitze der Nato? Seitdem ihr Besuch bei US-Präsident Biden bekannt ist, wird die dänische Regierungschefin als Top-Kandidatin gehandelt.
Der Besuch von Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen im Weißen Haus am Montag bringt die Gerüchteküche zum Brodeln. "Krönt US-Präsident Joe Biden Frederiksen zur Nato-Generalsekretärin?", fragt sich nicht nur die dänische Presse. Amtsinhaber Jens Stoltenberg will nach gut neun Jahren an der Spitze der Allianz aufhören, und über eine Frau auf dem Posten wird im Militärbündnis schon länger nachgedacht.
Seit der Termin bei Biden bekannt wurde, wird Frederiksen als Top-Kandidatin gehandelt. Sie ist 45, Sozialdemokratin, und regiert Dänemark seit rund vier Jahren. Das gilt als vielversprechendes Profil.
Besonders aufmerksam wird im Brüsseler Hauptquartier registriert, dass die dänische Regierung kurz vor der US-Reise der Ministerpräsidentin eine Verdreifachung ihrer Verteidigungsausgaben ankündigte. Mehr als 140 Milliarden dänische Kronen (19 Milliarden Euro) will Kopenhagen dafür innerhalb von zehn Jahren in die Hand nehmen. Damit hielte Dänemark auch die Bündnisvorgabe ein, zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Auch zusätzliche Militärhilfen an die Ukraine sollen fließen.
Wäre erste Frau in dem Amt
Frederiksen wäre die erste Frau an der Spitze der Nato, die 2024 ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Gibt Biden sein Placet, könnte Frederiksen auf dem bevorstehenden Nato-Gipfel in Litauen am 11. und 12. Juli offiziell gekürt werden.
Dafür allerdings müssten sich die Europäer im Bündnis auf die Dänin verständigen. Nach den ungeschriebenen Nato-Regeln haben sie Anspruch auf das Amt, denn die USA stellen traditionell den Oberbefehlshaber. Seit dem vergangenen Sommer ist dies der Vier-Sterne-General Christopher Cavoli.
Auf dem Kandidatenkarussell fahren indes viele mit: Dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte und dem Spanier Pedro Sánchez werden große Ambitionen nachgesagt, auch die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas wird immer wieder genannt. Aus dem Rennen scheint dagegen der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Dessen Land dürfe nicht für den Brexit belohnt werden, heißt es aus Nato-Staaten, die auch in der EU sind.
Hat auch Ursula von der Leyen Ambitionen?
Auch der Name einer Deutschen hält sich hartnäckig: Ursula von der Leyen. Die frühere Verteidigungsministerin hat aber vermutlich ein größeres Interesse daran, an der Spitze der mächtigen EU-Kommission zu bleiben, meint ein Insider.
Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat der Nato-Generalsekretär zwar deutlich an Sichtbarkeit gewonnen. Aber hauptsächlich ist er – oder sie – Sprachrohr für die Mitgliedstaaten. In Konfliktfällen ist er auch als Vermittler gefragt, so wie Stoltenberg im Beitrittsstreit zwischen Schweden und der Türkei.
Neben dem Geschlecht spielen auch regionale Überlegungen eine Rolle. So haben die Osteuropäer durch den Ukraine-Krieg stark an Selbstbewusstsein gewonnen. Sie waren unter den 13 Generalsekretären seit der Nato-Gründung 1949 noch nie vertreten. Gegen Frederiksen spreche, dass mit Anders Fogh Rasmussen noch bis 2014 ein Däne das Amt innehatte, heißt es aus ihren Reihen.
Vielleicht geht das Rennen auch ganz anders aus, sagen Diplomaten. Sie schließen nicht aus, dass Stoltenberg um ein weiteres Jahr gebeten wird. Schon nach Beginn des Ukraine-Kriegs ließ er sich im Frühjahr 2022 beknien und verzichtete zugunsten der Nato auf den prestigereichen Posten des Zentralbankchefs in seiner Heimat Norwegen.
- Nachrichtenagentur AFP