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Iran | Amnesty International prangert Folter von Kindern bei Protesten an


"Es ist abscheulich"
So grausam foltert das Mullah-Regime Kinder und Jugendliche

Von dpa, t-online, jpd, csi

Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Ein Kind hält ein Schild hoch bei Demonstrationen in London, England: Laut Amnesty zielt die Gewalt darauf, die Jugend des Landes zu unterdrücken und ihren Protest zu brechen.Vergrößern des Bildes
Ein Kind hält ein Schild hoch bei Demonstrationen in London, England: Laut Amnesty zielt die Gewalt darauf, die Jugend des Landes zu unterdrücken und ihren Protest zu brechen. (Quelle: IMAGO/Thomas Krych/imago-images-bilder)
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Seit Herbst 2022 erlebt der Iran die größte Protestwelle seit der Islamischen Revolution. Berichte offenbaren die Gewalt des Regimes – auch gegen Kinder.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sechs Monate nach Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran grausame Folter an Kindern und Jugendlichen dokumentiert. Demonstrantinnen und Demonstranten seien Schlägen, Auspeitschungen und Vergewaltigungen durch Sicherheitsbehörden ausgesetzt gewesen, berichtete Amnesty in einem in der Nacht zu Donnerstag veröffentlichten Bericht.

Laut Amnesty ziele die Gewalt darauf, die Jugend des Landes zu unterdrücken und ihren Protest zu brechen. Dieter Karg, Iran-Experte bei Amnesty in Deutschland, sagte laut Mitteilung: "Es ist abscheulich, dass Beamte ihre Macht auf diese Weise gegenüber schutzbedürftigen und verängstigten Kinder missbrauchen, ihnen und ihren Familien schwere Schmerzen und Ängste zufügen und sie mit schweren körperlichen und seelischen Narben zurücklassen."

Amnesty dokumentierte Gewalt vom Zeitpunkt der Festnahme, wo Kinder und Jugendliche in den Gefängnistransportern geschlagen und in den Haftanstalten gefoltert wurden. Dazu zählten auch Elektroschocks an Genitalien, die erzwungene Verabreichung unbekannter Tabletten sowie schwere Drohungen. Bevor sie freigelassen wurden, drohten Staatsbeamte den Kindern oft mit der Verhaftung ihrer Verwandten, falls sie sich beschwerten.

Mindestens 22.000 Menschen verhaftet

Laut Amnesty International wurden auch Kinder gefoltert, die nicht älter als zwölf Jahre alt waren. Ihren Bericht stützen die Menschenrechtler auf Zeugenaussagen Dutzender Inhaftierter und Angehöriger. Angesichts der überwiegend jungen Protestteilnehmerinnen und -teilnehmer geht Amnesty davon aus, dass Tausende Kinder inhaftiert waren. Erst vor wenigen Tagen hatte Irans Justiz offenbart, dass mindestens 22.000 Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen worden waren. Ein Großteil der Protestteilnehmer soll inzwischen freigekommen sein. Genaue Zahlen gibt es von staatlicher Seite nicht.

Neben den Berichten von Folter mehren sich auch die Berichte über Schüsse der Regimekräfte auf Kinder und Jugendliche. So sollen laut der Human Rights Activists News Agency (HRANA) mittlerweile mindestens 71 Kinder erschossen worden sein (Stand: Februar 2023). Der Informationsdienst "1500Tasvir" teilte bei Twitter ein Video von der seit sieben Tagen andauernden Beerdigung des zweijährigen Amir Ali Musa Kazemi. Der Junge wurde von den iranischen "Sicherheitskräften" ermordet.

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Auslöser der jüngsten Protestwelle im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Die 22-Jährige wurde Mitte September von den Sittenwächtern wegen des angeblichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen und starb wenige Tage später im Polizeigewahrsam. Wie genau es zu Aminis Tod kam, lesen Sie hier. Zu Beginn richteten sich die Proteste noch gegen die Kopftuchpflicht. Später forderten die Demonstranten den Sturz der Islamischen Republik. Inzwischen zeigt sich die politische und geistliche Führung wieder selbstbewusst.

Die meisten Demonstranten sind nicht älter als 25

Vor allem die junge Generation protestierte jüngst. Der Großteil soll nicht älter als 25 Jahre gewesen sein. Seit der Protestwelle im Herbst steht Irans Führung unter Druck wie noch nie seit der Islamischen Revolution 1979. Auch Monate nach den Aufständen setzen viele Frauen ihren Protest in anderer Form fort, etwa durch das demonstrative Ignorieren der Kopftuchpflicht.

Amnesty forderte eine Freilassung der inhaftierten Kinder und appellierte an die internationale Staatengemeinschaft: "Da es keine Aussicht auf wirksame unparteiische Untersuchungen der Folter von Kindern in Iran gibt, fordern wir alle Staaten wie auch die Bundesregierung auf, universelle Gerichtsbarkeit über iranische Beamte auszuüben", sagte Dieter Karg von Amnesty.

Iranische Aktivistin nach Freilassung verschwunden

Die bekannte iranische Aktivistin Sepideh Qoliyan verschwand Berichten zufolge kurz nach ihrer Freilassung aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis. Die genauen Umstände waren zunächst unklar. Laut dem Webportal Eslahatnews, das den Reformpolitikern nahesteht, wurde die politische Aktivistin am Mittwoch bei ihrer Heimreise festgenommen. Aktivisten und iranische Journalisten berichten in den sozialen Medien, dass "Sicherheitskräfte" das Auto der Familie auf einer Autobahn angriffen. Auf Twitter berichten mehrere Seiten, unter anderem die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights, dass die junge Frau nur wenige Stunden nach ihrer Freilassung erneut festgenommen wurde und wieder im Ewin-Gefängnis sitzt.

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Die 28-Jährige war am Mittwoch nach mehr als vier Jahren Haft aus dem berüchtigten Ewin-Gefängnis in der Hauptstadt Teheran entlassen worden. Die Aktivistin war erstmals Ende 2018 festgenommen worden, nachdem sie über Gewerkschaftsproteste berichtet hatte. Menschenrechtler klagten in der Vergangenheit immer wieder über ihre Haftbedingungen. Iranischen Medienberichten zufolge soll sie begnadigt worden sein.

Grünen-Politiker: Regime führt psychologische Kriegsführung

Der Bundestagsabgeordnete Max Lucks (Grüne) forderte die sofortige Freilassung der Aktivistin. "Das Regime in Teheran führt eine psychologische Kriegsführung gegen ihr eigenes Volk durch. Sie haben nur Angst vor freien und lauten jungen Frauen", sagte Lucks. Seine Forderung übermittelte Lucks als politischer Pate in einem Brief auch dem iranischen Botschafter in Berlin.

Kurz nach ihrer Freilassung zeigte ein Video die 28-Jährige ohne das verpflichtende Kopftuch mit offenem Haar. Sie trug ein buntes, traditionelles Kleid und hielt einen Blumenstrauß in der Hand. Gerichtet an Irans Obersten Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei schrie die Frau: "Wir bringen dich unter die Erde!"

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Human Rights Activists News Agency auf Instagram
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