Überraschende Reise Scholz trifft Selenskyj heute Abend in Paris
Bundeskanzler Olaf Scholz reist überraschend nach Paris. Der Grund: Ein spontanes Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft sich überraschend am heutigen Mittwoch mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, in Paris. Dies erfuhr t-online aus Regierungskreisen. Das Treffen wird gegen Abend stattfinden, auch der französische Präsident Emmanuel Macron wird daran teilnehmen. Zuvor hatte der Élysée-Palast mitgeteilt, dass Selenskyj in der französischen Hauptstadt erwartet werde.
Macron und Scholz hatten Selenskyj im Juni zusammen in Kiew besucht und ihm dort ihre Unterstützung für den EU-Kandidatenstatus zugesagt.
Am Mittwochmittag hatte Selenskyj Großbritannien besucht – es war seine zweite Reise ins Ausland seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor fast einem Jahr. Dort traf er unter anderem den britischen Premierminister Rishi Sunak.
Der ukrainische Präsident bedankte sich bei einer Rede im britischen Parlament für die Unterstützung Großbritanniens im Kampf gegen Russland. "London stand an der Seite Kiews vom ersten Tag an", sagte Selenskyj in London. Er fügte hinzu, das Land habe alle Verbündeten vereint, als dies absolut unmöglich erschien. Explizit bedankte sich der Präsident auch bei Ex-Premier Boris Johnson, der mehrfach in die Ukraine gereist und zu einem engen Partner Selenskyjs geworden war.
Großbritannien will Kampfjet-Piloten ausbilden
Die britische Regierung hatte im Zusammenhang mit dem Besuch angekündigt, dass sie der Ukraine eine Ausbildung unter anderem für fortgeschrittene ukrainische Kampfjet-Piloten anbieten werde.
Im Dezember war Präsident Selenskyj in Washington gewesen. Am Donnerstag wird der ukrainische Präsident in Brüssel erwartet. Am selben Tag treffen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel zu einem Gipfel. Es bestehe die Möglichkeit, dass ein Sonderplenum des EU-Parlaments stattfinde, an dem Selenskyj persönlich teilnehme, hieß es dazu aus Parlamentskreisen.
"Für die Ukraine steht allerdings viel mehr auf dem Spiel"
Erst am Freitag hatten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel den ukrainischen Präsidenten in Kiew getroffen. "Für die EU ist die Symbolik von Selenskyjs Brüssel-Besuch sehr wichtig", sagt Bruno Lété von der US-Denkfabrik German Marshall Fund. "Für die Ukraine steht allerdings viel mehr auf dem Spiel." Lété erwartet, dass sich der ukrainische Präsident auf drei Forderungen an die EU konzentriert: "die Mitgliedschaft, Panzer und Sanktionen".
Die Einigung der EU-Länder auf das zehnte Sanktionspaket seit dem russischen Angriff wird laut Diplomaten kommende Woche erwartet. Es dürfte neue Einreise- und Vermögenssperren gegen russische Verantwortliche umfassen und Schlupflöcher bei der Ausfuhr von Gütern nach Russland schließen, die militärisch wie zivil genutzt werden können.
"Die Ukraine gehört zu Europa, ihre Zukunft liegt in der Europäischen Union, und dieses Versprechen gilt!", hatte Scholz am Mittwoch in seiner Regierungserklärung zum EU-Sondergipfel im Bundestag betont. Uneinigkeit besteht allerdings über den Zeitplan: Selenskyj dringt auf ein Eilverfahren mit Aufnahme der Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr. Brüssel und Berlin sehen dies mit großer Skepsis und verweisen auf nötige Reformen in der Ukraine, etwa beim Kampf gegen die Korruption.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa