Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro verweigert seinem Nachfolger die letzte Geste
Die Brasilianer haben einen neuen Präsidenten. Doch die Einführung von Regierungschef Lula wurde teils von seinem rechtsradikalen Vorgänger überschattet.
Luiz Inácio Lula da Silva ist am Sonntagabend deutscher Zeit als neuer Präsident Brasiliens vereidigt worden. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes, der eine dritte Amtszeit antritt. Ende Oktober hatte der linksgerichtete Lula sich in einer Stichwahl knapp gegen seinen rechtsradikalen Konkurrenten und Amtsvorgänger Jair Bolsonaro durchgesetzt.
"Meine Botschaft ist heute eine der Hoffnung und des Wiederaufbaus", sagte Lula in seiner Antrittsrede. An seiner Vereidigung in der Hauptstadt Brasília nahmen rund 300.000 Unterstützer und mehr als ein Dutzend Staats- und Regierungschefs teil, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Anders als üblich, blieb sein Amtsvorgänger Jair Bolsonaro den Feierlichkeiten jedoch fern. Der rechte Ex-Militär reiste bereits am Freitag mit seiner Familie in die USA, wo er laut Webseiten für die Verfolgung von Flugrouten mit einer Militärmaschine in Orlando gelandet sein soll.
Laut eines Amtsblatts, das noch vor der Ernennung Lulas veröffentlicht wurde, hatten auch zahlreiche Mitglieder von Bolsonaros Kabinett sowie etliche Regierungsmitarbeiter die Erlaubnis erhalten, "den künftigen Ex-Präsidenten" vom 1. bis 30. Januar nach Miami zu begleiten. Dort sollten diese ihm demnach mit "Rat, Sicherheit und persönlicher Unterstützung" zur Seite stehen. Bis zuletzt hatte Bolsonaro das Wahlergebnis zu Lulas Gunsten nicht anerkannt.
Widerstand bis zum letzten Tag
In Bolsonaros Abwesenheit übernahm sein Stellvertreter Hamilton Mourão die Staatsgeschäfte in den letzten Tagen vor dem Regierungswechsel. Er weigerte sich jedoch, bei der Zeremonie am Sonntag an Bolsonaros Stelle die Präsidentenschärpe an Lula zu übergeben. Dies gehöre nicht zu seinen Pflichten, so das Büro des damaligen Vizepräsidenten.
Die Feierlichkeiten fanden unter erhöhten Sicherheitsbedingungen statt, nachdem an Heiligabend ein Anschlag vereitelt wurde, der mutmaßlich von Anhängern Bolsonaros verübt werden sollte. Auch kurz vor Lulas Vereidigung kam es am Sonntag zu einem Zwischenfall, bei dem ein Mann verhaftet wurde, der sich mit einem Sprengsatz und einem Messer Zugang zur Esplanade in der Hauptstadt Brasília verschaffen wollte. Dort feierten Hunderttausende bereits Stunden vor Lulas Vereidigung den Regierungswechsel.
"Brasilien ist zurück auf der internationalen Bühne"
Kurz vor der Amtseinführung Lulas hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den neuen Präsidenten am Samstagabend zu einem Gespräch getroffen. Dabei sei es unter anderem um die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Brasilien sowie um den Schutz des brasilianischen Regenwaldes gegangen, so Steinmeier am Sonntag.
"Es ist gut zu wissen, dass Brasilien zurück ist auf der internationalen Bühne", sagte er über den Regierungswechsel im Land. "Wir brauchen eine brasilianische politische Führung, die ihre Rolle spielen wird – nicht nur in der wirtschaftlichen Kooperation, sondern auch beim Schutz des Weltklimas." Er habe mit Freude festgestellt, dass Lula gewillt sei, mit Brasilien genau diese Rolle zu erfüllen.
Steinmeier teilte mit, dass Deutschland kurzfristig 35 Millionen Euro für den Amazonas-Fonds zum Schutz des Regenwaldes bereitstellen werde. Mit Blick auf die wirtschaftliche Kooperation zwischen Brasilien und der EU habe Lula betont, dass er die Entscheidung Bolsonaros rückgängig machen und in die Verhandlungen über das Mercosur-Handelsabkommen wieder einsteigen werde.
Neues Kapitel für Beziehung mit Deutschland
Während der Amtszeit von Bolsonaro war das Verhältnis zwischen Deutschland und Brasilien angespannt. Weil Bolsonaro nichts gegen die zunehmende Abholzung des Regenwaldes unternahm, setzte die Bundesregierung die Zahlungen an den Amazonas-Fonds zum Schutz der Region vorübergehend aus. Lulas Ankündigungen dürften den Umwelt- und Klimaschutz des Landes nun deutlich stärken.
Lula hatte das größte Land Lateinamerikas bereits von 2003 bis 2010 regiert. Seine Regierung profitierte damals vom Rohstoffboom und konnte über große Sozialprogramme Millionen Menschen aus der Armut holen. Allerdings blühte auch die Korruption. Lula wurde selbst wegen Korruption und Geldwäsche zu einer langen Haftstrafe verurteilt, das Urteil wurde später allerdings wieder aufgehoben. Bei der Stichwahl im Oktober setzte er sich gegen seinen rechten Vorgänger Bolsonaro durch.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- tagesschau.de: "Auf nach Florida - Bolsonaro verlässt Brasilien"