"Schlaglicht auf Russlands Mangel" T-62: Jetzt fährt Russland das ganz alte Gerät auf
Russland hat in der Ukraine einen großen Teil seiner Panzer verloren, jetzt schickt Putin Material aus der Mitte des 20. Jahrhunderts in die Schlacht. Was hat die Mobilisierung des T-62 zu bedeuten?
Seinen letzten großen Auftritt hatte der T-62 im Krieg gegen Afghanistan in den 80er-Jahren, doch die Niederlage der Sowjetarmee gegen die Mudschaheddin konnte der Panzer nicht abwenden. Jetzt schickt Moskau das antiquierte Modell offenbar erneut in die Schlacht, wie das ukrainische und das britische Verteidigungsministerium übereinstimmend berichten.
"Die T-62-Panzer werden beinahe mit Sicherheit besonders gefährdet sein durch Panzerabwehrwaffen", kommentierte die Regierung in London den Vorgang. "Ihre Anwesenheit auf dem Schlachtfeld wirft ein Schlaglicht auf Russlands Mangel an modernem, einsatzbereitem Gerät", so London weiter. Dieses auf Twitter verbreitete Video soll einen Zug in Russland mit T-62 auf dem Weg in die Ukraine zeigen:
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"Der T-62 ist vielleicht alt, aber immer noch tödlich"
Der Modellname zeigt das Problem schon an: Die Serienproduktion des T-62 begann im Jahre 1962. Bislang hat Russland gegen die Ukraine vor allem die moderneren Typen T-72, T-80 und T-90 eingesetzt. Doch die Verluste sind enorm, mehr als 1.300 russische Kampfpanzer haben die Ukrainer nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges zerstört. Aber ist die Mobilisierung des T-62 wirklich ein Akt der Verzweiflung, wie die britische Einschätzung nahelegt?
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"Das bedeutet nicht, dass Russland keine anderen Panzer mehr auf Lager hat", gibt der US-Militäranalyst und Russlandexperte Michael Kofman zu bedenken. "Die T-62 kommen in Reserveverbänden zum Einsatz, ihre Mobilisierung deutet also eher auf die Einberufung von Reservisten hin. Diese sollen die Verluste in der aktiven Truppe ausgleichen. Und der T-62 ist vielleicht alt, aber immer noch tödlich".
"Langsamer, weniger Feuerkraft, dünnere Panzerung"
Es sei außerdem unwahrscheinlich, dass Russland die ältesten T-62 reaktiviert, schreibt der Militärexperte Chris Owens auf Twitter. Wahrscheinlicher sei ein Einsatz des T-62M, einer Version, die 1983 modernisiert wurde. Russland habe schätzungsweise 60 bis 120 Exemplare des T-62 modernisiert, so Owens. Doch selbst die T-62M seien ihren Nachfolgemodellen in vieler Hinsicht unterlegen, so Owens: "Sie sind langsamer, haben weniger Feuerkraft, eine dünnere Panzerung, keine automatische Nachladevorrichtung und keine Fähigkeit zum Nachtkampf."
Auch logistisch könnte der T-62 der russischen Invasionsarmee Probleme bereiten, glaubt Owens: "Die T-72, T-80 und T-90 haben alle eine gemeinsame Entwicklungslinie, viele Teile und die Munition sind austauschbar. Den T-62 im Feld zu unterhalten, wird für Russland deutlich schwieriger und wird die logistischen Probleme verschärfen."
Eines hat der T-62 allerdings mit seinen Nachfolgemodellen gemeinsam: einen fatalen Konstruktionsfehler. Auch beim T-62 lagert ein Teil der Munition direkt unter dem Geschützturm. Selbst bei einem indirekten Treffer kann sich die Munition entzünden und eine katastrophale Explosion auslösen. Dieser sogenannte Schachtelteufel-Effekt wurde in den vergangenen Wochen häufig dokumentiert. "Bei all den Panzerabwehrraketen in der Ukraine dürfte sich der T-62 als Todesfalle für die Besatzung herausstellen."
- Twitterbeitrag von Chris Owens
- Eigene Recherche