Kritik am Bundeskanzler CDU wirft Scholz nach Rede "Parteitaktik" vor – SPD dementiert
Olaf Scholz hat sich am 8. Mai in einer Rede an die Bevölkerung gewandt – und die Position der Bundesregierung zum Krieg in der Ukraine erläutert. Scharfe Kritik kommt aus der Opposition.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Sonntag, dem Gedenktag an das Ende des Zweiten Weltkrieges, in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung gewandt und Deutschlands Unterstützung für die Ukraine betont. Doch seine Worte kamen nicht bei allen gut an: Sowohl der ukrainische Botschafter als auch die Opposition kritisieren den Kanzler scharf. Beistand erhält Scholz aus seiner Partei.
"Wir freuen uns ja, wenn der Bundeskanzler sich mal äußert und eine Position bezieht. Aber ich finde, er hat das gestern mit wenig Leidenschaft getan", sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Viel Neues habe Scholz nicht gesagt.
Er habe den Eindruck, dass eher Parteitaktik hinter der Rede gestanden habe, sagte Czaja mit Hinweis auf das schlechte Wahlergebnis der Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein und die anstehende Landtagswahl am kommenden Sonntag in Nordrhein-Westfalen. Scholz schicke zudem nun mit Außenministerin Annalena Baerbock "die Einzige mit Format nach Kiew".
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Kühnert und Klingbeil stellen sich vor Scholz
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies beide Vorwürfe zurück. "Wir sollten aufhören, so zu tun, als ob alle Unterstützung an der Frage einer Reise hängt", sagte er. Auch Grünen-Bundesgeschäftsführerin Emily Büning betonte, dass der Kanzler selbst entscheiden müsse, wann der beste Zeitpunkt für eine Reise sei. Es sei gut, dass Baerbock nun in die Ukraine reise.
Auch SPD-Parteichef Lars Klingbeil sprang seinem Parteikollegen bei: Der Bundeskanzler tue alles dafür, damit Deutschland im Krieg in der Ukraine nicht selbst zur Kriegspartei werde. Dieses "klare Versprechen" habe Scholz der Bevölkerung in seiner TV-Ansprache vom Sonntagabend gegeben, sagte Klingbeil am Montag im ARD-"Morgenmagazin".
Außerdem habe der Kanzler deutlich gemacht, dass Deutschland der Ukraine weiter helfen werde. "Wir stehen solidarisch an der Seite des Landes, das angegriffen wird – durch Sanktionen, durch Waffenlieferungen, durch politischen Druck", betonte Klingbeil.
Auch hinsichtlich eines weiteren Aspekts sei die Rede Scholz' gut gewesen: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Russland die Geschichte verfälscht. Und wir dürfen nicht zulassen, dass Putin versucht, die Interpretationshoheit über diesen 8. Mai, aber auch über den Krieg zu erlangen", sagte er. Deshalb sei es richtig gewesen, dass Scholz mit seiner Fernsehansprache deutlich gemacht habe, "warum wir in diesen Tagen, in diesen Wochen an der Seite der mutigen Ukrainerinnen und Ukrainer stehen und warum wir ihnen helfen".
Melnyk: "Da haben wir leider nicht viel Neues gehört"
Auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk war von der Fernsehansprache von Bundeskanzler Scholz zum Jahrestag des Weltkriegsendes in Europa enttäuscht. Man hätte sich in der Rede "viel mehr Konkretes" dazu gewünscht, wie der Bundestagsbeschluss zur Lieferung schwerer Waffen umgesetzt werden solle, sagte Melnyk am Sonntag in der ARD-Sendung "Anne Will". "Da haben wir leider nicht viel Neues gehört."
Die Zusage der Bundesregierung, sieben Panzerhaubitzen – moderne Artilleriesysteme – an die Ukraine zu liefern, nannte Melnyk eine "gute Entscheidung". Zugleich machte er klar, dass er deutlich mehr erwarte. "Wenn wir den Bundeskanzler hören, der sagt, Russland darf nicht gewinnen, das heißt, dass man alles, wirklich alles unternehmen sollte, (...) um uns zu helfen in dieser schwierigen Situation, in diesem Krieg, der schlimmste Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg", forderte der Diplomat.
"Keine weitere Aussicht"
Hitler-Deutschland habe auch nur besiegt werden können, weil die USA und andere Länder der Sowjetunion im Rahmen des Lend-Lease-Gesetzes Tausende Flugzeuge und Panzer geliefert hätten, sagte Melnyk. "Und wir reden über sieben Panzerhaubitzen und keine weitere Aussicht." Weitere "historische Entscheidungen" des Bundestags und der Bundesregierung wären wichtig, um mit allem zu helfen, was die Ukraine benötige.
Scholz hatte seine Rede am Sonntag zum Gedenktag an das Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 gehalten. In Russland wird der Tag des Sieges über den Nationalsozialismus an diesem Montag gefeiert, mit einer Militärparade und einer Rede von Putin. Er hat den Überfall auf die Ukraine damit begründet, das Land vom Nazismus befreien zu wollen – für den Vorwurf gibt es allerdings keine tragfähigen Anhaltspunkte.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters