Krieg gegen die Ukraine Moskau meldet vollständige Eroberung Mariupols
Russland behauptet, die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol vollständig unter Kontrolle zu halten. Doch das gilt nicht für das Stahlwerk Asowstal. Das will Putin nun offenbar nicht mehr stürmen lassen.
Seit Wochen hält die russische Armee die ukrainische Hafenstadt Mariupol belagert – sie ist Schauplatz dramatischer Kämpfe, das Leiden der Zivilbevölkerung ist enorm. Für Russland wäre die Eroberung ein wichtiger, auch symbolischer Erfolg. Nun behauptet Russland, Mariupol eingenommen zu haben.
Die Hafenstadt sei unter russischer Kontrolle, teilte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Donnerstag bei einem im Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin mit.
Jedoch stimmt dies nicht für das Fabrikgelände Asowstal, in dem sich ukrainische Kämpfer und auch Zivilisten verschanzt halten.
Präsident Putin ordnete an, das Stahlwerk nicht zu stürmen. Ein entsprechender Befehl solle zurückgenommen werden. Die Kämpfer in den Katakomben sollten die Waffen niederlegen. "Die russische Seite garantiert ihnen das Leben", sagte Putin. Er sprach von einem Erfolg und der "Befreiung Mariupols" und ordnete an, die beteiligten Militärs auszuzeichnen. "Sie sind alle Helden", sagte Putin.
Stahlwerk soll in kommenden Tagen eingenommen werden
Nach Darstellung Schoigus sind die ukrainischen Einheiten vollständig blockiert. Der Minister sagte, dass die Fabrik in drei bis vier Tagen ebenfalls eingenommen werden solle. Dort seien auch ausländische Söldner. So sprach etwa der tschetschenische Machthaber und Putin-Vertraute Ramsan Kadyrow schon am Dienstag davon, dass seine Kämpfer das Stahlwerk in Mariupol bald einnehmen würden.
Über die bislang angebotenen humanitären Korridore habe niemand das Werk verlassen, sagte Schoigu. Zuvor hatte die ukrainische Seite Verhandlungen vorgeschlagen über das Schicksal der Kämpfer und die Rettung von Zivilisten, die in dem Werk Zuflucht gesucht hätten.
Schoigu teilte zudem mit, dass die Stadt stark vermint sei. "Alle wichtigen Objekte der städtischen Infrastruktur, darunter auch der Seehafen und das Fahrwasser wurden nicht nur vermint, sondern auch noch blockiert durch Schwimmkräne", sagte er. Vielen ausländischen Schiffen sei dadurch die Ausfahrt verwehrt worden.
Baerbock: Lage in Mariupol "kaum zu ertragen"
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnt eindringlich, die noch verbliebenen Menschen in Mariupol zu evakuieren. Die Lage dort sei "kaum zu ertragen", sagt Baerbock in Tallinn. Die Menschen auch vom Gelände von Asowstal müssten die Stadt verlassen können. Die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck daran, dass es zur Bildung von humanitären Korridoren komme. Dazu sei die Bundesregierung mit den internationalen Partnern und auch mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz in Kontakt.
Man sehe aber immer wieder, dass kein Verlass auf Zusagen der russischen Regierung sei. "Die Menschen müssen die Stadt verlassen können", forderte Baerbock. "Die russische Bombardierung der Strecken und der Wege, die muss eingestellt werden, damit unschuldige Menschen in Sicherheit gebracht werden können."
Mariupol war schon kurz nach Beginn des von Putin am 24. Februar befohlenen Angriffskrieges gegen die Ukraine von russischen Truppen eingekreist worden. Die Stadt wurde bei den Gefechten weitgehend zerstört.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters