Kritik an Olaf Scholz Koalitionskrach über Waffenlieferungen spitzt sich zu
Deutschland will der Ukraine mit mehr Geld helfen, schwere Waffen sollen aber nicht geliefert werden. Zum Start in die neue Woche reißt die Kritik aus den eigenen Reihen der Koalition daran nicht ab – im Gegenteil.
Nach der Zusage weiterer finanzieller Militärhilfe für die Ukraine beharren Politiker von Grünen und FDP auf der Lieferung schwerer Waffen an das Land. Militärhilfe könne "die schnelle Lieferung auch schwerer Waffen nicht ersetzen", sagte der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter. FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärte, Deutschland müsse die Ukraine "umgehend auf allen Wegen mit schweren Waffen" unterstützen.
Die Bundesregierung liefert bislang keine schweren Waffen, etwa Panzer, an die Ukraine, was Vertreter des Landes seit längerem fordern. Zu Begründung verweist sie unter anderem auf notwendige Absprachen mit Partnerländern sowie darauf, dass ukrainische Soldaten nicht für die Geräte ausgebildet seien.
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FDP-Politikerin kritisiert Scholz
Am Freitag war bekannt geworden, dass die Regierung ihre finanzielle Militärhilfe für die Ukraine aufstocken will. Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses, lobte dies in der "Rheinischen Post", forderte aber erneut auch die Lieferung schwerer Waffen. Dies verlangte auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Strack-Zimmermann. Die Lieferung schwerer Waffen sei "kein Kriegseintritt, das ist schlicht notwendige Hilfe zur Selbsthilfe", schrieb sie am Montag auf Twitter.
In einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" kritisierte sie erneut Kanzler Olaf Scholz. "Schön wäre es, er würde dann sein Schweigen brechen und erklären, was er eigentlich will", so Strack-Zimmermann. Sie bemängelte, "dass die Kommunikation gegenüber der Ukraine, gegenüber unseren Verbündeten, aber auch ins eigene Land hinein überschaubar ist".
Die Bundesrepublik habe bereits in größerem Umfang militärisches Material an die Ukraine geliefert, rede aber nicht im Detail darüber. "So überlässt das Kanzleramt anderen die Interpretation und erzeugt damit ein Bild eines zögerlichen Landes", sagte Strack-Zimmermann.
CDU-Politiker Röttgen: Olaf Scholz trickst
Ähnliche Stimmen kamen auch aus der Union. "Die Ukraine kann sich nur mit angemessenen Waffen gegen die bevorstehende russische Großoffensive verteidigen. Geld hilft erstmal gar nicht", sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen der "Rheinischen Post". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wolle "nicht liefern, sagt es aber nicht, sondern trickst", beklagte er. "Über dieses Verhalten ist nicht nur die Ukraine maßlos enttäuscht. Ich weiß nicht, wann eine Bundesregierung schon einmal größeren außenpolitischen Schaden verursacht hat als in der gegenwärtigen Lage, in der es schicksalhaft um die Zukunft Europas geht."
Gabriel verteidigt Scholz mit umstrittenem Gastbeitrag
Während in der Ampelkoalition vor allem Politikerinnen und Politiker von Grünen und FDP für die Lieferung schwerer Waffen plädieren, ist die SPD von Kanzler Scholz hier eher skeptisch. "Der offen ausgetragene Streit in der Koalition um die Waffenlieferungen in die Ukraine schadet dem Ansehen unseres Landes in der ganzen Welt", sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz der Funke Mediengruppe.
Dagegen verteidigte der frühere SPD-Außenminister Sigmar Gabriel Scholz. Man müsse "sich die Konsequenzen einer Ausweitung dieses Krieges bewusst" machen, schrieb er in einem am Sonntag veröffentlichten Gastbeitrag für den "Spiegel". Daher sei es richtig, dass die Regierung schwere Waffen "nur in Abstimmung mit den Vereinigten Staaten von Amerika an die Ukraine liefern kann".
In dem Gastbeitrag verteidigte Gabriel außerdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Streit um dessen geplatzten Besuch in Kiew. Die Absage aus Kiew sei "beispiellos und irritiert", urteilte Gabriel. Kritische Äußerungen des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, zu Steinmeier seien "bösartig".
Melnyk konterte, bösartig sei vor allem die "jahrelange Putin-freundliche Politik" gewesen, die Gabriel und seine "SPD-Kumpane" betrieben hätten. Diese Politik habe "den barbarischen Vernichtungskrieg" gegen die Ukraine "erst herbeigeführt", schrieb er auf Twitter.
- Nachrichtenagentur AFP