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Russische Invasion - Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage


Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Von dpa
Aktualisiert am 10.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Ein Minenwarnschild in einem zerstörten Park in Borodjanka nach dem Abzug der russischer Truppen.Vergrößern des Bildes
Ein Minenwarnschild in einem zerstörten Park in Borodjanka nach dem Abzug der russischer Truppen. (Quelle: Celestino Arce Lavin/ZUMA/dpa./dpa)

Kiew (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Forderung nach einem Importstopp von Öl aus Russland bekräftigt.

"Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte er in einer Videobotschaft. Ukrainischen Angaben zufolge kamen bei russischen Angriffen an mehreren Orten des Landes viele Zivilisten ums Leben, etliche wurden verletzt.

Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen von Selenskyj mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges. "Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden - nein, das wird so nicht passieren", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen.

Unterdessen hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "die abscheulichen Kriegsverbrechen des russischen Militärs" im Kiewer Vorort Butscha und anderswo in der Ukraine verurteilt. Er habe den Menschen in der Ukraine die Solidarität und volle Unterstützung Deutschlands ausgesprochen, teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann mit.

Die Bundesregierung werde zusammen mit ihren internationalen Partnern alles daran setzen, dass die Verbrechen schonungslos aufgeklärt und die Täter identifiziert würden, um sie vor nationalen und internationalen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen. Selenskyj schrieb auf Twitter, dass er mit Scholz auch über "antirussische Sanktionen, Verteidigungs- und finanzielle Unterstützung für die Ukraine" gesprochen habe.

Dutzende tote Zivilisten westlich von Kiew gefunden

Nach dem Abzug russischer Truppen sind auch westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew Dutzende tote Zivilisten in einem Massengrab gefunden worden. "Nahe der Tankstelle von Busowa haben wir heute noch tote Zivilisten in einer Grube gefunden", sagte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht im ukrainischen Fernsehen. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem etwa 15 Kilometer von der Hauptsatdt entfernt Leichen bei einem Dutzend beschossener Autos gefunden worden.

Die russischen Truppen hatten in den ersten Kriegstagen versucht, die ukrainische Hauptstadt zu blockieren. Sie waren jedoch an der Hauptverbindungsstrecke nach Westen von ukrainischen Einheiten gestoppt und zurückgedrängt worden. Mittlerweile werden in immer mehr Orten Massengräber mit Zivilisten gefunden. Die Vereinten Nationen hatten bereits mehr als 1700 tote Zivilisten registriert. Sie gehen jedoch ähnlich wie die ukrainische Regierung in Kiew von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus.

Luhansk-Gouverneur: Russen-Angriff "eine Frage von Tagen"

Der Gouverneur des Gebiets Luhansk geht von einer baldigen Offensive der Russen im Osten der Ukraine aus. "Es ist eine Frage von Tagen", sagte Serhij Hajdaj der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". "Sie stellen sich an der Grenze neu auf und bombardieren uns weiter. Sie kennen keine Moral mehr: Sie machen Krankenhäuser, Schulen und Häuser dem Erdboden gleich." Der russische Präsident Wladimir Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Auf die Frage, was nun bevorstehe, sagte Hajdaj: "Die Hölle." Er erinnerte an Butscha oder Mariupol, wo seit Wochen schlimme Angriffe und Kriegsverbrechen beobachtet werden. "Bei uns wird es noch viel schlimmer", sagte der Gouverneur. Anders als in anderen Teilen des Landes gebe es in Luhansk für die Ukrainer kaum noch Bunker, in denen sie Schutz suchen können. "Wir verstecken uns in den Kellern. Ich versuche, alle meine Mitbürger zu überzeugen, von hier weg zu gehen."

Pontifex fordert österliche Waffenruhe

Papst Franziskus fordert eine Waffenpause während der Osterzeit gefordert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche nutzte die erste große Messe auf dem mit rund 50.000 Gläubigen gefüllten Petersplatz seit Beginn der Corona-Pandemie für einen Friedensappell. "Stellt die Waffen beiseite, beginnt eine österliche Waffenruhe", sagte der Pontifex am Palmsonntag in Rom. "Aber nicht, um Waffen neu zu laden und mit dem Kämpfen weiterzumachen, nein. Eine Waffenruhe, um zum Frieden zu gelangen, dank ehrlicher Verhandlungen, bereit auch, Opfer zu bringen für das Wohl der Menschen."

Zivilisten als Schutzschilde - Briten sehen Beweise

Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes gibt es nach dem russischen Abzug aus dem Norden der Ukraine Beweise, dass nicht am Kampfgeschehen beteiligte Menschen auf unverhältnismäßige Weise zur Zielscheibe geworden sind. Es gebe Massengräber, Geiseln seien als menschliche Schutzschilde gebraucht und zivile Infrastruktur vermint worden, teilte das britische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag bei Twitter mit.

Zudem versucht Moskau nach britischen Erkenntnissen, seine zunehmenden Verluste an Soldaten im Ukraine-Krieg mit dem Einsatz früherer Militärbediensteter aufzufangen. Die russischen Streitkräfte bemühten sich darum, ihre Truppenstärke durch Personal aufzustocken, das in den vergangenen zehn Jahren aus dem Militärdienst ausgeschieden ist, teilt das britische Verteidigungsministerium auf Twitter mit. Zu den Bemühungen, mehr Kampfkraft zu gewinnen, gehöre auch der Versuch, Kräfte in der von russischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien in der Republik Moldau zu rekrutieren.

Moskau: Hunderttausende nach Russland geflüchtet

Nach Militärangaben in Moskau sollen mehr als 700.000 Menschen aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk sowie anderen Teilen der Ukraine seit dem 24. Februar nach Russland evakuiert worden sein. Allein am Samstag hätten knapp 27.000 Menschen die umkämpften Regionen Richtung Russland verlassen, sagte Generaloberst Michail Misinzew. Aus der seit Anfang März umkämpften südukrainischen Hafenstadt Mariupol seien 134.000 Menschen gerettet worden. Die Zahlen sind nicht unabhängig zu prüfen.

Ukraine stellt Handelsbeziehungen mit Russland ein

Wegen des Angriffskriegs verhängte die Ukraine unterdessen ein Handelsembargo gegen Russland. "Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar", sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Die Regierung schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Ein Teilimportstopp für russische Waren gilt bereits seit 2015. Kiew transportiert aber weiter täglich bis zu rund 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen. Dafür zahlt Russland Durchleitungsgebühren an die Ukraine.

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