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Ukraine-Krieg: Fremde Drohnen im Luftraum der Nato – Unfall oder Absicht?


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Sichtung über Polen
Drohnen im Luftraum der Nato – Unfall, Fehler oder Absicht?


15.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Überreste der Drohne, die in Zagreb abgestürzt ist: Sie durchquerte wohl zuvor Rumänien und Ungarn.Vergrößern des Bildes
Überreste der Drohne, die in Zagreb abgestürzt ist: Sie durchquerte wohl zuvor Rumänien und Ungarn. (Quelle: Pixsell/Slavko Midzor/imago-images-bilder)
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Über Polen ist eine Drohne gesichtet worden. Weitere Länder meldeten in der vergangenen Woche ähnliche Vorfälle. Greift der Ukraine-Krieg nun auch auf die Nato über? Ein Sicherheitsexperte gibt Antworten.

In den vergangenen Tagen sind Drohnen in den Luftraum mehrerer Nato-Länder eingedrungen. In Polen, aber auch in Rumänien wurden sie bereits gesichtet. Eins der Flugobjekte stürzte schließlich in Kroatien ab, es könnte sich um eine Fernaufklärungsdrohne handeln. Der Aufprall hinterließ einen tiefen Krater. t-online hat zusammengefasst, was über die Vorfälle bekannt ist – und bei einem Sicherheitsexperten nachgefragt, wie sie zu bewerten sind.

Der Reihe nach: Nach aktuellem Stand wurde die letzte Drohne in der Nacht zum Dienstag gesichtet. Sie soll in den polnischen Luftraum eingedrungen sein, nachdem sie über Jaworiw gekreist war, das berichtet "The Times". Demnach sei die Drohne von der Ukraine zunächst über Polen geflogen, bevor sie zurück in den ukrainischen Luftraum flog. Dort sei sie nach Angaben des ukrainischen Militärs von der ukrainischen Armee abgeschossen worden.

Möglicher Erkundungsflug Russlands

Möglich ist, dass Russland mit der Drohne die Folgen des Angriffs auf Jaworiw inspizieren wollte. Der Truppenübungsplatz war am Sonntag vonseiten Russlands attackiert worden, mehrere ausländische Kämpfer sollen getötet worden sein. Kiew widersprach dieser Darstellung später und sprach von "purer russischer Propaganda".

Nach ukrainischen Angaben gab es bei dem Angriff nordwestlich von Lwiw mindestens 35 Tote sowie 134 Verletzte. Die Angaben der Kriegsparteien ließen sich nicht unabhängig überprüfen. In Lwiw hatten zuletzt auch viele Menschen aus anderen Orten der Ukraine Zuflucht gesucht, da der Ort im Westen des Landes bislang als relativ sicher galt.

Nach Kroatien ermittelt auch Rumänien

Auch die rumänische Staatsanwaltschaft gab am Montag bekannt, dass sie eine strafrechtliche Ermittlung eingeleitet habe, nachdem ein "unbemanntes Flugzeug" im nördlichen Landkreis Bistrita-Nasaud gesichtet wurde. Das berichtet "Euronews". Demnach habe ein junger Mann die Drohne über einem Feld in der Nähe seines Hauses entdeckt, bevor sie in der kroatischen Stadt Zagreb niederging.

"Die Identität des Flugpiloten sowie die Herkunft der Drohne wird derzeit untersucht", so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im rumänischen Kreis Cluj. Demnach weise die Drohne keine Kennzeichnungen oder Identifikationsnummern auf.

Experte: Drohne wird von postsowjetischen Staaten genutzt


Wolfgang Richter ist Wissenschaftler für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit. In seiner Forschung beschäftigt er sich unter anderem mit dem Verhältnis der Nato zu Russland sowie ungelösten Territorialkonflikten in Europa. Außerdem forscht er zu den Auswirkungen neuer Militärtechnologien auf Strategie, Kriegsvölkerrecht und humanitäre Rüstungskontrolle.

Kroatien, das Land, in dem die Drohne beschlagnahmt wurde, identifizierte sie als Typ Tupolew M-141. Dabei handelt es sich um eine Aufklärungsdrohne, die in den 1980er Jahren in der Sowjetunion für die Fernaufklärung entwickelt wurde, erklärt Wolfgang Richter, Experte für Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), auf Anfrage von t-online. Sie werde in allen postsowjetischen Staaten genutzt, einschließlich der Ukraine. Richter nimmt jedoch an, dass es sich um eine modernisierte Variante der Drohne handle, da sie nach Angaben des kroatischen Verteidigungsministers Mario Banozic einen Gefechtskopf besaß.

Die 14 Meter lange und mehr als sechs Tonnen schwere Drohne stürzte am Donnerstagabend rund sechs Kilometer vom Zagreber Stadtzentrum und nur 200 Meter von einem Wohngebiet entfernt in einen Park. Dort hinterließ sie einen großen Krater. Etwa 40 in der Nähe geparkte Autos wurden beschädigt, Verletzte gab es nicht.

Das Gerät "kam aus Ungarn nach Kroatien, und laut dem (ungarischen) Premierminister Viktor Orbán kam es aus Rumänien nach Ungarn", sagte der kroatische Regierungschef Andrej Plenković am Freitag. Noch am selben Tag habe die Nato ihm zugesagt, in dem Vorfall zu ermitteln.

Unfall, Fehler oder Absicht?

Die Zwischenfälle wecken Befürchtungen, dass sich der russische Angriffskrieg ausweiten und möglicherweise auch auf die Nato übergehen könnte. Plenković sagte am Samstag jedoch, es sei unklar, "in wessen Besitz" die Drohne, die in Kroatien abstürzte, gewesen sei. Offen sei auch, ob der Flug in Richtung des Nato-Luftraums "ein Unfall, ein Fehler oder Absicht war". Sowohl die Ukraine als auch Russland hätten bestritten, die Drohne gestartet zu haben.

Doch können sich Drohnen einfach "verirren"? Oder steckt hinter der Überschreitung des Nato-Luftraums womöglich eine Provokation Russlands? Militärexperte Richter hält beides für möglich. "Ferngelenkte Drohnen können außer Kontrolle geraten. Aber auch ein Aufklärungseinsatz durch russische Streitkräfte ist denkbar. Russland möchte wissen, ob und wo es grenznahe Truppenkonzentrationen oder Luftverteidigungsstellungen der Nato gibt", sagt Richter t-online.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
  • Anfrage an Wolfgang Richter
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