Machtkämpfe seit mehreren Jahren Worum geht es im Ukraine-Krieg? – Einfach erklärt
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Russland hat die Ukraine an mehreren Fronten angegriffen und damit einen Krieg begonnen. Wie konnte der Konflikt so eskalieren?
Aus seinem Arbeitszimmer im Kreml heraus startete Präsident Wladimir Putin bei einer Fernsehansprache den verbalen Frontalangriff gegen die Ukraine. Er erkannte dabei auch die "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten an – und kündigte zum Entsetzen der Ukraine und des Westens an, russische Soldaten "zur Wahrung des Friedens" dorthin zu schicken. Wenige Tage später begann die russische Armee mit ihrem Angriff auf die Ukraine.
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Worum geht es in dem sich jahrelang anbahnenden Konflikt eigentlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum sind Russland und die Ukraine im Konflikt?
Dafür gibt es historische, aber auch strategische Gründe. Die Ukraine war bis 1991 eine von 15 Sowjetrepubliken – und ist seitdem ein eigenständiger Staat. Russlands Präsident Wladimir Putin will das offenbar rückgängig machen. Er sprach dem Nachbarn Ukraine die Souveränität zuletzt mehrfach ab – und erhob Anspruch auf das Land als Teil Russlands.
Eine Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung will sich hingegen lieber in Richtung Westen orientieren und befürwortet einen Beitritt in die EU und das westliche Militärbündnis Nato. Putin äußerte die Befürchtung, damit könne eine militärische Bedrohung in direkter Nachbarschaft entstehen. Russland unterstützte deshalb in der Vergangenheit prorussisch orientierte Politiker und Separatisten, die sich für einen engeren Anschluss der Ukraine an Russland einsetzen.
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Der Kernkonflikt entlud sich im Jahr 2013 in den Maidan-Protesten, bei denen Ukrainer die damalige Regierung zu Fall brachten und den Anschluss an die EU forderten. Daraufhin verleibte sich Russland 2014 die von seiner Schwarzmeerflotte genutzte Halbinsel Krim ein. Die Annexion sieht der Westen als völkerrechtswidrig an. Es kam auch zum Krieg in der Ostukraine, wo seit inzwischen fast acht Jahren prorussische Separatisten mit russischer Unterstützung gegen ukrainische Regierungstruppen kämpfen.
Die Minsker Waffenstillstands-Vereinbarungen aus den Jahren 2014 und 2015 sollten die Situation verbessern. Das erste sogenannte Minsker-Abkommen wurde nach monatelangen Gefechten im Donbass umgesetzt, einem großen Steinkohle- und Industriegebiet in der Ostukraine, das an Russland grenzt. Die Hauptziele: sofortige Waffenruhe, der Austausch von Gefangenen und humanitäre Hilfe. Wenig später flammten die Kämpfe erneut auf und das zweite Waffenstillstandsabkommen folgte.
Faktisch gab es auch in den vergangenen Jahren immer wieder Gefechte und Verstöße beider Seiten gegen das Abkommen. Putin bezeichnete es im Rahmen der Anerkennung der Separatistengebiete inzwischen als gescheitert.
Russland hat seit dem Frühjahr 2021 militärisch entlang der ukrainischen Grenze deutlich aufgerüstet. So sollen rund 150.000 russische Soldaten dort stationiert worden sein. Von der Nato, der auch Deutschland angehört, forderte Russland eine schriftliche Garantie, dass die Ukraine niemals aufgenommen wird. Nun will Russland militärisch Fakten schaffen.
Wer sind die Separatisten und was wollen sie?
Die prorussischen Separatisten wollen keine Einheit mehr mit der Ukraine bilden und sich von ihr absondern, die Verbindungen zu Putins Russland sind ausgeprägt. Bereits 2014 haben sie im Osten der Ukraine zwei sogenannte Volksrepubliken in Teilen der Regionen Luhansk und Donezk proklamiert. Sie gehören völkerrechtlich jedoch immer noch zur Ukraine und werden ausschließlich von Russland als eigenständig anerkannt.
Die beiden Gebiete liegen direkt an der russisch-ukrainischen Grenze und werden durch prorussische Milizen kontrolliert. Das spiegelt sich auch in der Organisation der selbsternannten Staaten wider. So ist Russisch in den Separatistengebieten offizielle Amtssprache, gezahlt wird mit Rubel.
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Doch nicht nur geografisch, sondern auch in Politik und Sprache stehen die Grenzgebiete bereits seit längerer Zeit Russland nahe. Die große Mehrheit der Bevölkerung dort bezeichnet sich als russische Muttersprachler, etwa 70 Prozent der Einwohner. Ethnisch ist allerdings nur ein Drittel der Bevölkerung russisch. Vor dem bewaffneten Konflikt in der Region war die politisch vorherrschende Kraft im Donbass die Partei der Regionen, eine prorussische Partei. Sie stellte mit Wiktor Janukowytsch bis 2014 den ukrainischen Präsidenten. Weitere Infos zu den ostukrainischen Separatisten lesen Sie hier.
Welche Position vertritt die Ukraine?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und auch schon sein Vorgänger, Petro Poroschenko, kamen mit dem Vorhaben ins Amt, den Konflikt in der Ostukraine zu beenden – militärisch ist das gegen die von Russland unterstützten Separatisten allerdings kaum zu bewältigen. Das Minsker Abkommen sah als Lösung weitgehende Autonomie für die Volksrepubliken vor, etwa eine eigene Polizei und Gerichtsbarkeit sowie sprachliche Selbstbestimmung und eine Amnestie für die Separatistenkämpfer. Fortschritte bei der Umsetzung gab es aber nur langsam und in weiten Teilen gar nicht.
Kiew will sich mit der Nato, der EU und einzelnen europäischen Staaten verbünden. Die Ukraine hatte 2019 einen Nato-Beitritt als Ziel in der Landesverfassung verankert. Das Ziel wird auch von einer Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Doch die Chancen auf eine Mitgliedschaft sind aus mehreren Gründen sehr gering. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Deutschlandfunk: Was Putins Anerkennung der Separatistengebiete bedeutet
- Tagesschau: Was dem Frieden im Wege steht
- Stiftung Wissenschaft und Politik: Der Donbas-Konflikt
- Europäischer Rat: Restriktive Maßnahmen der EU als Reaktion auf die Krise in der Ukraine
- Bundeszentrale für politische Bildung: Sanktionen in internationalen Beziehungen
- RND: Ukraine-Konflikt - Chronologie des Krieges
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche