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Corona-Variante Omikron : Der Horror wird Realität


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Neue Variante in Südafrika
Das tödliche Corona-Szenario


Aktualisiert am 27.11.2021Lesedauer: 5 Min.
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Coronavirus: Die Lage in Deutschland spitzt sich weiter zu, nun wurde in Südafrika auch noch eine neue Virusvariante entdeckt. (Quelle: reuters)
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Deutschland kämpft aktuell mit der Delta-Variante, doch B.1.1.529 könnte noch viel gefährlicher sein. Die europäischen Länder reagieren umgehend, aber Südafrika ist von der Panik überrascht.

Francois Geldenhuys ist frustriert und ratlos. Der 32-jährige Südafrikaner lebt und arbeitet in Berlin. Seit zwei Jahren wartet er auf eine passende Gelegenheit, seine Familie in Südafrika zu besuchen. "Ich lebe zwar hier, aber es gibt da noch ein anderes Leben in Südafrika, dem ich Aufmerksamkeit geben muss", sagt er im Gespräch mit t-online. "Im vergangenen Jahr konnte ich aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht nach Hause fliegen, deshalb wollte ich jetzt meine Familie besuchen." Nun ist Geldenhuys verunsichert, weiß nicht, ob er fliegen und dann wieder in Deutschland einreisen kann – er sei kein deutscher Staatsbürger, habe aber eine Arbeitserlaubnis für Deutschland. Von der Politik wünscht er sich nun vor allem eines: "Klarheit".

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Nach der Entdeckung der neuen Corona-Variante B.1.1.529 reagieren viele Regierungen in Europa besorgt, Fluglinien dürfen nur noch deutsche Staatsbürger und Menschen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis aus Südafrika nach Deutschland bringen. "Eine Reise macht für mich nur Sinn, wenn ich sicher sein kann, dass ich wieder zurückkommen kann", erklärt Geldenhuys. Die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit der Familie sei zwar groß, aber schließlich müsse er auch wieder arbeiten. "Es war ein richtig hektischer Freitag. Das alles kam aus dem Nichts."

Wie Geldenhuys wurden viele Reisende von den Maßnahmen nach der Entdeckung von B.1.1.529 überrascht. In Südafrika gibt es derzeit viel weniger Neuinfektionen als in Deutschland, nach einer schlimmen dritten Corona-Welle im Juni konnte das Land Luft holen – mit dem Frühling nahmen ab September auch die Covid-19-Erkrankungen deutlich ab. Daran hat bislang auch die neue Corona-Variante nichts geändert.

Dennoch ist die Situation gefährlich, besonders weil die Wissenschaft noch nicht viel über B.1.1.529 weiß. Momentan ist lediglich klar: Das, was bekannt ist, ist nicht gut. Noch gibt es keinen Grund für Panik, viele Länder reagieren aber präventiv mit Vorsicht – und zeigen damit, dass sie aus der bisherigen Pandemie gelernt haben. Im besten Fall ist ihre Reaktion auf die Variante eine Übung – eine Übung für den Ernstfall.

Angst vor B.1.1.529 in Deutschland

Für Vorsichtsmaßnahmen gibt es speziell in Deutschland viele Gründe. Das deutsche Gesundheitssystem ist schon im Angesicht der Delta-Variante arg in Bedrängnis. Die vierte Corona-Welle konnte bislang nicht gebrochen werden, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 444,3 (Stand: 27. November), viele Kliniken müssen schon jetzt Intensivpatienten verlegen und noch immer sind zu wenig Menschen geimpft. "Das Letzte, was uns jetzt noch fehlt, ist eine eingeschleppte neue Variante, die noch mehr Probleme macht", sagte der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn.

Auch mit Verweis auf die neue Variante forderten die Ministerpräsidenten Markus Söder und Michael Kretschmer schnellstmöglich eine deutliche Verschärfung der bundesweiten Corona-Maßnahmen – Söder befürwortete eine bundesweite Impfpflicht. Deutschland steuert momentan schon aufgrund der Delta-Variante auf eine Katastrophe zu, dabei ist B.1.1.529 in Europa und auch in der Bundesrepublik noch nicht verbreitet.

B.1.1.529 könnte die Lage noch verschlimmern. Die Variante könnte ansteckender sein und bekannte Impfstoffe könnten weniger wirksam sein. Das ist das Varianten-Szenario, vor dem sich Experten fürchten. Zwei Männer aus Hongkong, die sich mit der Mutante infiziert haben, weisen einem Forscher zufolge eine sehr hohe Viruslast auf.

Es bräuchte wohl bis zu drei Monate, bis die Hersteller der mRNA-Impfstoffe ihre Vakzine anpassen könnten. Es wäre eine neue Pandemie. Momentan gibt es aber schlichtweg zu wenig Erkenntnisse, um das sicher sagen zu können.

Experten warnen vor verfrühter Panik

Derzeit können Experten nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob die Variante aus Südafrika kommt. In der südafrikanischen Provinz Gauteng, in der die Variante entdeckt wurde, steigen zwar die Fallzahlen rasant an, doch der direkte Zusammenhang mit B.1.1.529 ist noch nicht nachgewiesen. Deshalb warnen auch Experten vor Panik. "Es kann sein, dass ein Superspreader-Ereignis im Zusammenhang mit B.1.1.529 fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass (die neue Variante) Delta verdrängt", zitiert die Organisation Science Media Centre die britische Expertin Sharon Peacock.

Fest steht: Es wird in vielen Ländern nicht ausreichend sequenziert. Mit dem Aufkommen von B.1.1.529 wird nun in Südafrika viel mehr getestet werden, sodass ein Anstieg der Fallzahlen zu erwarten ist. Letztlich sind sich Virologen und Epidemiologen noch uneinig darüber, inwiefern die deutlichen Veränderungen bei B.1.1.529 im Vergleich zu anderen bekannten Varianten des Coronavirus zu einer Schwächung des Impfschutzes führen. Außerdem ist unklar, ob sich die neu entdeckte Variante gegenüber Delta in Europa durchsetzen wird.

"Nicht schon wieder wir"

Deshalb sind die Reisebeschränkungen durch europäische Länder Vorsichtsmaßnahmen, die viele Reisende überraschend treffen – das gilt auch für Deutsche in Südafrika. "Ich habe Angst, auch wenn ich noch nicht alle Informationen über die neue Virusvariante habe. Ich will nicht in Südafrika festsitzen", sagt Richard zu t-online. Er ist gerade dort und wartet auf Rückmeldung durch seine Fluggesellschaft. "Viele Südafrikaner denken: Oh nein, nicht schon wieder wir. Warum gibt es ausgerechnet wieder in Südafrika eine Mutante?"

Viele Menschen, die es gewohnt sind, mit Blick auf Inzidenzen die Gefahr zu erkennen, sind gegenwärtig ratlos in dem Land. Die Reaktion vieler europäischer Länder ist nach Ansicht des südafrikanischen Gesundheitsministers "unberechtigt". Bisher sei unklar, ob die Variante B.1.1.529 ansteckender sei als andere Varianten, sagte Joe Phaahla am Freitagabend während einer virtuellen Pressekonferenz.

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Maßnahmen wie Einreiseverbote würden völlig gegen existierende Normen und Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verstoßen, sagte Phaahla. Man habe mit den Mitteilungen am Donnerstag lediglich Erkenntnisse südafrikanischer Wissenschaftler schnellstmöglich teilen wollen. Auch sei ungeklärt, ob Corona-Impfstoffe gegen die neu entdeckte Virusvariante weniger wirksam sein könnten.

Südafrika handelte transparent

Südafrika verhielt sich nach Entdeckung der Variante vorbildlich. Die Behörden informierten umgehend internationale Institutionen, sodass viele Länder darauf reagieren konnten. Aber auch wenn B.1.1.529 gefährlich ist und der Umgang mit dieser Variante zumindest eine Übung, muss die internationale Gemeinschaft aufpassen, nicht falsche Anreize zu setzen. Südafrika erlebt momentan die negativen Folgen der eigenen Transparenz, dabei ist es die Transparenz, die sich viele Länder beispielsweise von China in dieser Pandemie wünschen.

Wie in vielen anderen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent sind in Südafrika noch zu wenig Menschen geimpft – gerade mal 23 Prozent der Bevölkerung wurde schon doppelt immunisiert. Das hängt auch damit zusammen, dass man sich anfangs auf den Impfstoff von Astrazeneca verließ, der gegen die erste südafrikanische Variante B.1.351 nur unzureichend wirkte. Letztlich gewinnen aber in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern die Impfkampagnen nicht an Fahrt, weil ein Großteil der Impfstoffe in den Industriestaaten ist – und ärmere Staaten viel zu wenig abbekommen.

Mehr als auf die Herdenimmunität hofft Südafrika deswegen auf den kommenden Sommer – und darauf, dass B.1.351 nicht so ansteckend ist, wie einige Experten befürchten. Auch Francois Geldenhuys möchte nun erst einmal auf Informationen warten. "Ich hätte mir ein wenig mehr Zurückhaltung und weniger Panik gewünscht", sagt der 32-Jährige. Er sei verwundert darüber, wie schnell das Thema so "unheimlich" geworden sei, obwohl es man noch gar nicht so viel wisse – vor allem, weil Südafrika so abhängig vom Tourismus sei. Dagegen hat Geldenhuys bislang nicht den Eindruck, dass seine Freunde und Familie in Südafrika große Angst vor der Variante haben. "Die sind geimpft und haben mehr Angst davor, dass ich nicht kommen kann", meint er.

Eine Stunde nach dem Gespräch wird sein Rückflug, der ihn nach seinem Besuch in Südafrika wieder nach Deutschland bringen sollte, gestrichen.

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