Umstrittener Sieger Der Geistliche Al-Sadr gewinnt Wahl im Irak
Der Geistliche Al-Sadr hat mit seiner Liste die Parlamentswahl im Irak gewonnen. Regieren darf er aber nicht. Daher könnte der amtierende Regierungschef Al-Abadi noch eine Chance bekommen.
Der schiitische Geistliche Muktada al-Sadr hat die Parlamentswahl im Irak gewonnen. Seine Liste Sairun ("Wir marschieren") wird 54 der 329 Sitze im Parlament erhalten, teilte die Wahlkommission mit. Auf Platz zwei folgt ein Bündnis des Politikers Hadi al-Amiri, das den schiitischen Milizen nahesteht und enge Beziehungen zum benachbarten Iran hat.
Lediglich auf Platz drei kam der amtierende schiitische Regierungschef Haidar al-Abadi mit seiner Liste (42 Sitze). Das Ergebnis gilt nach der Wahl vom 12. Mai als überraschend.
Al-Sadr kann nicht Regierungschef werden
Für die Regierungsbildung ist Al-Sadr auf Koalitionspartner angewiesen. Hinter den Kulissen hat in Bagdad das Ringen um die Macht bereits begonnen. Als ein Partner Al-Sadrs gilt Al-Abadi. In der Vergangenheit hatte der Geistliche erklärt, er könne sich eine weitere Amtszeit Al-Abadis vorstellen.
Al-Sadr selbst kann nicht Regierungschef werden, da er bei der Wahl nicht antrat. Er hatte bereits angekündigt, mit einer Regierung aus Fachleuten die ausufernde Korruption im Land zu bekämpfen.
Al-Sadr dankte seinen Wählern für ihr Vertrauen und versprach ihnen, sie nicht zu enttäuschen. "Euer Votum ist eine Ehre", schrieb er in einem Tweet – kurz nachdem das Endergebnis bekannt wurde. "Der Irak und die Neuerung haben mit euren Stimmen gewonnen, wir werden euch nicht enttäuschen."
Es gibt Manipulationsvorwürfe
Wenn die Ergebnisse nach Überprüfung von Beschwerden einiger Kandidaten bestätigt sind, wird das Parlament seinen Präsidenten wählen, dann den Präsidenten für das Land. Nach der Militärinvasion der USA und dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein 2003 gab es ein informelle Übereinkunft, wonach der mit zeremoniellen Aufgaben betraute Präsident ein Kurde, der Parlamentspräsident ein Sunnit und der Ministerpräsident ein Schiit sein soll.
Es waren die ersten Wahlen, nachdem das Land im vergangenen Jahr seinen Sieg über die Terrormiliz Islamischer Staat erklärt hatte. Die im Irak weit verbreitete Korruption war im Wahlkampf eines der wichtigsten Themen Al-Sadrs. Sie trug entscheidend dazu bei, dass viele Iraker der Abstimmung fernblieben und die Beteiligung auf ein historisches Tief von 44,5 Prozent sank.
Al-Sadr ist umstritten
Der 44 Jahre alte Al-Sadr gilt als kontroverse Figur. Nach dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein 2003 bekämpfte seine Mahdi-Armee die US-Truppen. In den vergangenen Jahren wandelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker des politischen Establishments in Bagdad. Im Wahlkampf forderte der Geistliche Reformen und setzte auf soziale Themen. Für die Wahl ging er ein Bündnis mit den Kommunisten ein.
- dpa