Asylpakt mit Ruanda Großbritannien will sich bei Abschiebungen über Gericht hinwegsetzen
Der Asylpakt mit Ruanda sorgt für Streit. Der britische Premier hält trotzdem daran fest – und will zur Not auch Gerichte ignorieren.
Großbritanniens Premier Rishi Sunak will einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit seinem Asylpakt mit Ruanda ignorieren. Das sagte der konservative Politiker bei einer Pressekonferenz in London kurz vor Beginn neuer Beratungen im Parlament über sein Ruanda-Gesetz. Trotzdem sehe er sein Land nicht im Konflikt mit internationalem Recht.
Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden.
Bald erster Flug nach Afrika
Sunak sagte: "Sobald das Gesetz verabschiedet ist, werden wir mit dem Prozess beginnen, diejenigen abzuschieben, die für den ersten Flug vorgesehen sind." Die erste Maschine werde voraussichtlich in zehn bis zwölf Wochen abheben. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für Frühling angekündigt.
Sunak sagte, für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten. Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig.
"Müssen zur Verantwortung gezogen werden"
Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden. Der Gesetzentwurf steckt derzeit im Verfahren zwischen Unterhaus und Oberhaus fest, das mehrheitlich Bedenken dagegen hat. Sunak wies die Parlamentarier seiner Partei in beiden Häusern jedoch an, solange zu tagen, bis es verabschiedet ist. Zugeständnisse schloss er dabei aus. "Ohne Wenn und Aber. Diese Flüge werden nach Ruanda abheben", so der Premier.
UN-Menschenrechtsexperten haben Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden aufgerufen, sich nicht an solchen Programmen zu beteiligen. Menschen nach Ruanda oder in ein anderes Land zu bringen, von wo aus sie womöglich in ihre Heimat zurück gezwungen werden, könne gegen das Recht auf Schutz vor Folter, und andere erniedrigende Behandlungen, verstoßen.
"Wenn Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden staatliche Entscheidungen umsetzen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, müssen sie für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden", teilten die UN-Sonderberichterstatter mit.
- Nachrichtenagentur dpa