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Ukraine-Krieg: Macron schließt Bodentruppen nicht aus – Partner reagieren


Westliche Bodentruppen in der Ukraine?
Kiew begrüßt Macrons Vorstoß – die Nato ist dagegen

Von t-online, dpa, afp, reuters, csi, sic

Aktualisiert am 27.02.2024Lesedauer: 5 Min.
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Tschechische Soldaten vor der Nato-Flagge (Archivbild): Die Idee des französischen Präsidenten für westliche Bodentruppen in der Ukraine stößt auf Widerstand. (Quelle: Vit Simanek/imago-images-bilder)
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließt die Aussendung westlicher Truppen in die Ukraine nicht aus. Die Aufregung um die Aussage ist groß.

Die Nato hat nach Bündnis-Angaben "keine Pläne für Nato-Kampftruppen" in der Ukraine. Das teilte ein Mitarbeiter der Allianz am Dienstag auf Anfrage in Brüssel mit. Er reagierte damit auf Überlegungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einer Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine. "Die Nato und ihre Verbündeten leisten der Ukraine beispiellose militärische Unterstützung", erklärte der Bündnismitarbeiter weiter. "Aber es gibt keine Pläne für Nato-Kampftruppen vor Ort in der Ukraine."

Die Ukraine hingegen hat Macrons Vorstoß am Dienstag begrüßt. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak erklärte, Macrons Äußerungen zeigten ein Bewusstsein für "die Risiken, die Europa durch ein militaristisches, aggressives Russland drohen". Der Beginn einer Debatte über die Möglichkeit einer direkten Unterstützung der Ukraine durch Streitkräfte solle "als Wunsch angesehen werden, die richtigen Akzente zu setzen, die Risiken deutlicher hervorzuheben". Wichtig sei derzeit, die Lieferung von Militärausrüstung an die Ukraine zu beschleunigen.

Scholz widerspricht Macron

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Überlegungen des französischen Präsidenten eine klare Absage erteilt. Auch für die Zukunft gelte, "dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden gibt, die von europäischen Staaten oder Nato-Staaten dorthin geschickt werden", sagte Scholz am Dienstag bei einem Besuch in Freiburg. Mehr dazu lesen Sie hier.

Auch der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hat eine mögliche Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine als derzeit "kein Thema" bezeichnet. Kristersson sagte am Dienstag dem schwedischen Rundfunk SVT: "Das ist im Moment überhaupt kein Thema." Derzeit "sind wir damit beschäftigt, fortschrittliche Ausrüstung in die Ukraine" zu schicken, fuhr der Regierungschef fort.

Macron hatte sich am Montagabend nach einer Ukraine-Hilfskonferenz in Paris zu einem möglichen Einsatz von Bodentruppen durch sein Land geäußert. Nichts sei ausgeschlossen, um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, sagte der Staatschef. Es habe bei dem Treffen von über 20 Staats- und Regierungschefs zwar keine Einigkeit zum Einsatz von Bodentruppen gegeben, aber im künftigen Kriegsverlauf könne nichts ausgeschlossen werden.

Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné hat die Aussagen von Präsident Emmanuel Macron zu einer möglichen Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine etwas zurechtgerückt. Man müsse neue Unterstützungswege in den Blick nehmen, die auf sehr präzise Bedürfnisse antworteten, sagte Séjourné am Dienstag in der französischen Nationalversammlung. Er denke da vor allem an Cyberabwehr, die Produktion von Waffen in der Ukraine und die Minenräumung. "Einige dieser Handlungen könnten eine Präsenz auf ukrainischem Territorium erforderlich machen, ohne die Schwelle zur kriegsführenden Macht zu erreichen", sagte er.

Séjourné betonte: "Angesichts der russischen Angriffe und der Destabilisierung Europas, die sie hervorrufen, muss die Unterstützung der Ukraine zunehmen." Die Frage nach Munitionslieferungen sei dringlich. Man müsse koordiniert vorgehen, um mehr zu produzieren und neue Fähigkeiten liefern zu können.

Kreml: "Absolut nicht im Interesse dieser Länder"

Es gebe keine Anfrage der ukrainischen Seite nach Bodentruppen, gab Kristersson weiter an. Deswegen sei das Thema nicht aktuell, fügte er hinzu – ohne die Möglichkeit gänzlich auszuschließen. Stockholm hat vor etwa einer Woche weitere Militärhilfen für die Ukraine in Form von Ausrüstungsgegenständen im Wert von 633 Millionen Euro angekündigt, darunter Artilleriemunition, Kriegsschiffe, Flugabwehrsysteme und Granaten.

Bundeskanzler Olaf Scholz selbst hatte einen Einsatz der Bundeswehr in der Ukraine erst am Montag abgelehnt und davor gewarnt, dass die Nato nicht Kriegspartei werden dürfe. In Prag erklärte Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala ebenfalls, er erwäge nicht, Truppen in die Ukraine zu schicken.

Und auch der Kreml reagierte: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte zu Journalisten, eine Entsendung von Truppen "ist absolut nicht im Interesse dieser Länder, darüber müssen sie sich bewusst sein." Dass die Möglichkeit nun diskutiert werde, sei ein "sehr wichtiges neues Element" in dem Konflikt, fügte Peskow hinzu.

Strack-Zimmermann: "Wird Putin freuen"

In Deutschland stieß Macrons Aussage ebenfalls auf Ablehnung. Grünen-Chef Omid Nouripour sagte, der Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine steht nicht zur Debatte. "Es ist überhaupt kein Thema. Es ist kein Thema in der Diskussion in Deutschland und auch nicht in einem Bündnis", sagte Nouripour am Dienstag bei ntv. Über die Äußerungen von Macron vom Vortag sagte Nouripour: "Ich habe einen launigen Macron erlebt, der einfach sagen wollte: Ich will nichts ausschließen."

Laut der Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger überschreite Frankreich mit der Äußerung Macrons eine Linie, die Deutschland, aber auch andere Länder wie die USA, klar gezogen hätten. Brugger kritisierte im Deutschlandfunk, die Worte Macrons lenkten von anderen wesentlichen Dingen ab, die zur Unterstützung der Ukraine gemeinschaftlich beschlossen worden seien. Dazu gehörten etwa die Lieferung weiterer Waffen sowie der Verhängung neuer Sanktionen gegen Russland.

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erneuerte in dem Zusammenhang ihre Kritik an Kanzler Scholz. "Deutschland muss diese Einschätzung definitiv nicht teilen, aber auffällig ist schon: Macron gibt den Antreiber. Der Bundeskanzler den Bremser", sagte Strack-Zimmermann t-online. "Für Europa übrigens fatal. Was für ein Bild, die Freunde argumentieren völlig unterschiedlich. Wird Putin freuen."

SPD-Außenexperte spricht von "Phantomdebatte"

Der SPD-Außenexperte Michael Roth nannte den möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen "eine Phantomdebatte". "Ich kenne auch niemanden, der ernsthaft den Einsatz von westlichen Soldatinnen und Soldaten in der Ukraine fordert", sagte Roth t-online.

Stattdessen sollte sich die Debatte lieber darum drehen, was die Ukraine wirklich brauche, so Roth. "Denn wenn die Ukraine ausreichend Waffen, Munition und Ausbildung von ihren westlichen Partnern bekommt, dann kann sie sich selbst verteidigen. Das hat sie in den vergangenen zwei Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt."

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Dazu macht der SPD-Politiker vier konkrete Vorschläge: Zum einen sollte die sogenannte Buy-European-Klausel wegfallen, die den Einkauf von Munition auf dem Weltmarkt beschränkt. Zudem sollte die Rüstungsindustrie hochgefahren werden. Des Weiteren sollte die EU einspringen, falls die Ukraine-Hilfen im US-Kongress weiterhin blockiert werden und letztlich müsse die Koordinierung und Arbeitsteilung bei der militärischen Unterstützung verbessert werden.

Ähnlich ablehnend wie Roth reagierte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. "Ich bin strikt gegen ein Bundeswehrmandat für die Ukraine", sagte der SPD-Politiker im Radiosender NDR-Info. Deutschland leiste bei Waffenlieferungen materiell enorm viel.

Gysi: "Macron ist offenkundig nicht mehr zu retten"

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), reagierte ebenfalls ablehnend auf Macrons Äußerungen. Westliche Bodentruppen in der Ukraine stünden nicht zur Debatte, sagte Frei im rbb-Inforadio. Entscheidend seien aber weitere Waffenhilfen für die Ukraine, um sich gegen Russland zu verteidigen.

Die AfD-Bundestagsfraktion erteilte den Überlegungen zur Entsendung von Soldaten aus Nato-Staaten eine kategorische Absage. In einer Mitteilung der Fraktion hieß es, man verurteile "die geschichtsvergessenen Eskalationen und fordert die Bundesregierung auf, endlich durch diplomatische Initiativen für eine schrittweise Entspannung einzutreten".

Scharfe Kritik kam aus der Linkspartei. "Macron ist offenkundig nicht mehr zu retten. Wenn ein Nato-Staat oder gar mehrere Nato-Staaten Bodentruppen in die Ukraine entsenden, haben wir den 3. Weltkrieg. Das ist völlig indiskutabel", warnte Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Linken-Gruppe im Bundestag. Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch nannte "die Wichtigtuerei von Macron" einen "gefährlichen Wahnsinn, der Europa anzünden würde".

Verwendete Quellen
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