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Polen ist nervös: Was planen Putin und Lukaschenko mit den Wagner-Söldnern?


Was planen Lukaschenko und Putin?
Polen ist nervös – und damit nicht allein

Von t-online, sje

Aktualisiert am 02.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin: Der belarussische Machthaber vermittelte bei der Wagner-Revolte.Vergrößern des Bildes
Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin: Der belarussische Machthaber vermittelte bei der Wagner-Revolte.
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Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze wird immer angespannter. Warschau fürchtet die Wagner-Söldner im Nachbarland. Ähnlich denkt man auch weiter nördlich.

Polen erhöht die Zahl der Soldaten an der Grenze zu Belarus – zum wiederholten Male. Der Grund diesmal: Zwei belarussische Hubschrauber, die in der Nähe der Grenze trainiert hätten, hätten den polnischen Luftraum verletzt. So zitierte die polnische Nachrichtenagentur PAP am Dienstagabend das Verteidigungsministerium in Warschau. Die Hubschrauber hätten die Grenze in der Nähe von Bialowieza in sehr geringer Höhe überflogen. Sie seien von Radarsystemen so nur schwer zu erfassen gewesen.

Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak habe angeordnet, neben mehr Soldaten nun auch Kampfhubschrauber und weitere Ressourcen an der Grenze bereitzustellen. Zahlen wurden nicht genannt. Die Nato sei über den Vorfall informiert worden. Aus Minsk hieß es dagegen: Die Vorwürfe seien "weit hergeholt". Polen benutze sie lediglich als Vorwand für eine Truppenverstärkung.

Es ist nicht die erste Verstärkung des Grenzschutzes seitens Polen. Die Armee hatte bereits in den vergangenen Wochen zusätzliche Truppen vom Westen in den Osten des Landes verlegt. Denn seitdem sich Kämpfer der russischen Privatarmee Wagner in Belarus aufhalten, herrscht Unruhe in Polen und anderen Nato-Staaten.

Russland könnte das Baltikum vom Rest der Nato abschneiden

Noch am Samstag hatte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gesagt, durch Truppenbewegungen von Wagner-Söldnern in Belarus in Richtung seines Landes werde die Situation an der Grenze "noch bedrohlicher". "Wir haben Informationen, dass mehr als hundert Söldner der Wagner-Gruppe in Richtung der Suwalki-Lücke vorgerückt sind, unweit von Grodno in Belarus", sagte er PAP zufolge. Hier lesen Sie mehr zu seinen Äußerungen.

Grodno liegt im Westen von Belarus, rund 15 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Bei der Suwalki-Lücke handelt es sich um einen Korridor auf polnischem und litauischem Gebiet zwischen Belarus und der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad. Im Ernstfall könnte Russland die Baltenstaaten durch dessen Einnahme vom restlichen Nato-Gebiet abschneiden.

Video | Über diese Lücke könnte Putin das Bündnis angreifen
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Quelle: t-online

Daher ist Polen in seiner Besorgnis nicht allein: Litauens Präsident Gitanas Nauseda äußerte sich am Montag ähnlich. Die Präsenz der Wagner-Söldner im Nachbarland stelle eine ernsthafte Bedrohung dar, sagte das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und Nato-Landes der Agentur BNS zufolge am Montag bei einem Besuch am Grenzübergang Medininkai.

Es gebe zwar keine Anzeichen für eine Provokation – aber es sei doch "wirklich zu verlockend", die Anwesenheit der berüchtigten Truppe seitens Belarus nicht zu nutzen. Derartige Aktionen könnten sich sowohl gegen Polen oder Litauen als auch gegen das ebenfalls an Belarus grenzende Lettland richten.

Befürchtung: Wagner-Söldner getarnt als Migranten

Litauen teilt eine fast 680 Kilometer lange Grenze mit Belarus. Die Lage ist zudem angespannt, weil Migranten aus Krisengebieten über die Grenze nach Litauen als EU-Land gelangen wollen, was von den belarussischen Behörden geduldet oder sogar befördert wird. Nauseda warnte, Wagner-Söldner könnten sich als Migranten ausgeben und so illegal nach Litauen einreisen. Vize-Innenminister Arnoldas Abramavicius sagte bereits am Freitag: "Es könnte sich um Gruppen von Flüchtlingen, irregulär überstellten Migranten handeln, mit dem Ziel, an der Grenze eine Art Unruhe zu stiften."

Ähnliche Warnungen gab es zuvor auch aus Polen – zumal das Thema Migration auch die polnisch-belarussischen Beziehungen belastet. Ministerpräsident Morawiecki sagte am Samstag, in diesem Jahr seien bereits 16.000 versuchte Grenzübertritte von Migranten aus Belarus festgestellt worden. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin wollten diese "nach Polen durchdrücken".

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Der polnische Regierungssprecher Pjotr Müller warnte vor einem Zusammenwachsen beider Probleme an der Ostgrenze. Die Wagner-Leute seien "gewöhnliche Schläger" und in kriminelle Aktivitäten verwickelt, sagte er. "Also könnten sie auch dafür verantwortlich sein, zumindest den Migrationsdruck zu erhöhen."

Der Auftrag der aus Russland verlegten Wagner-Kämpfer in Belarus sei noch unklar, erklärte Stanislaw Zaryn, Sprecher des polnischen Geheimdienstkoordinators, gegenüber der Agentur PAP in der vergangenen Woche. "Aber wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sie gegen Polen eingesetzt werden."

Polen erwägt "vollständige Isolierung von Belarus"

Litauen und Polen überlegen nun, ihre Grenzen zum gemeinsamen Nachbarland zu schließen. Litauens Vize-Innenminister Abramavicius bestätigte am Freitag: "Diese Überlegungen sind real. Die Möglichkeit, die Grenze zu schließen, besteht."

Zuvor hatte Polens Innenminister Mariusz Kaminski von der Möglichkeit einer "vollständigen Isolierung von Belarus" gesprochen. Bereits jetzt ist der reguläre Verkehr an der Grenze aufgrund der von Warschau und Minsk gegenseitig verhängten Sanktionen extrem eingeschränkt. Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski kündigte an, Polen werde die Grenze zu Belarus weiter befestigen. Seit 2022 sind an der etwa 400 Kilometer langen Grenze bereits 186 Kilometer mit einem 5,5 Meter hohen Zaun versehen worden.

Lukaschenko feixt nach Treffen mit Putin

Der belarussische Machthaber Lukaschenko hatte zuletzt bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin betont, dass Minsk die Lage "unter Kontrolle" habe. "Sie bitten darum, in den Westen zu ziehen, ... nach Warschau, Rzeszow", sagte Lukaschenko zu Putin. "Aber natürlich halte ich sie im Zentrum von Belarus, wie wir es vereinbart haben."

Am Dienstag zitierte ihn dann die staatliche Nachrichtenagentur Belta, dass die Polen "dafür beten, dass wir (die Wagner-Kämpfer) festhalten und sie versorgen". "Sonst wären sie ohne uns durchgesickert und hätten Rzeszow und Warschau in Schutt und Asche gelegt." Die Polen sollten ihm danken, statt ihm Vorwürfe zu machen.

Wagner-Söldner sollen Aktionsplan ausarbeiten

Zuvor hatte sein Land in der vergangenen Woche bekannt gegeben, an den Grenzen zur Ukraine und zu Polen eine Sicherheitsüberprüfung durchzuführen – unter Beteiligung der Wagner-Söldner. Innenminister Iwan Kubrakow habe sich mit Kommandeuren der russischen Söldnergruppe Wagner in einem Ausbildungszentrum getroffen, um einen "klaren Aktionsplan" auszuarbeiten, erklärte das belarussische Innenministerium. Es zitierte Kubrakow mit den Worten, "angesichts der schwierigen Lage an den Grenzen" des Landes sei es "besonders wichtig, auf mögliche Herausforderungen und Bedrohungen vorbereitet zu sein".

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Das autoritär regierte Belarus ist eng mit Russland verbündet. Machthaber Lukaschenko hatte nach dem kurzzeitigen Aufstand der Wagner-Söldner in Russland Ende Juni eine Vereinbarung mit dem Kreml vermittelt, die vorsah, dass Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ins Exil nach Belarus gehen sollte. Seine Söldner wurden vor die Wahl gestellt, entweder den russischen Streitkräften beizutreten oder ebenfalls nach Belarus zu gehen. Lukaschenko gab später an, Wagner-Kämpfer in seinem Land aufgenommen zu haben.

Belarus ist zwar nicht direkt an Moskaus Ukraine-Offensive beteiligt, hatte Russland aber erlaubt, belarussisches Staatsgebiet als Ausgangspunkt für seinen Einmarsch in das Nachbarland im vergangenen Jahr zu nutzen. Immer wieder werden auch jetzt noch russische Raketen aus Belarus in die Ukraine abgefeuert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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