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Habeck und Co. einig: Das steckt hinter Deutschlands neuer China-Strategie


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Balanceakt der Bundesregierung
Das steckt hinter Deutschlands neuer China-Strategie


Aktualisiert am 14.07.2023Lesedauer: 5 Min.
Annalena Baerbock spricht mit Robert Habeck vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts: Das Kabinett hat die künftige deutsche China-Strategie verabschiedet.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock spricht mit Robert Habeck vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts: Das Kabinett hat die künftige deutsche China-Strategie verabschiedet. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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Deutschland hat erstmals eine China-Strategie. Doch findet die Bundesregierung einen Weg im Umgang mit einer aggressiven chinesischen Führung oder bleibt das Strategiepapier unkonkret? Ein Überblick.

Endlich. Nach monatelangen Verhandlungen hat die Bundesregierung ihre China-Politik auf eine neue Grundlage gestellt. Das Kabinett hat am Donnerstag ihre 61 Seiten starke China-Strategie beschlossen, die Leitlinie für den künftigen Umgang mit der zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA und einer der stärksten Militärmächte sein soll.

Der Grundsatz lautet: China ist zwar Partner, aber auch Wettbewerber und systemischer Rivale.

Außenministerin Baerbock hatte am Mittwoch gesagt, von der Strategie solle die Botschaft ausgehen, "dass wir gemeinsam mit allen Partnern auf dieser Welt, mit allen Ländern auf dieser Welt in Frieden und Freiheit leben wollen – und dass wir zugleich nicht naiv sind". Einseitige Abhängigkeiten müssten als Lehre aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reduziert werden.

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Aber ist das Papier wirklich der große Wurf? Was verändert die Strategie für die Menschen in Deutschland? t-online gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragen:

Warum braucht Deutschland eine China-Strategie?

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat die Verletzbarkeit der deutschen Wirtschaft offenbart. Deshalb möchte die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft resilienter machen und dazu vor allem auch Handelsketten diversifizieren, um große Abhängigkeiten von einem internationalen Partner zu vermeiden.

Dabei rückt China ins Zentrum der Betrachtungen: 12 Prozent aller deutschen Importe stammen aus China, so viele wie aus keinem anderen Land. Aus den USA stammen gut 6 Prozent, aus Frankreich gut 5 Prozent.

Seit der Machtübernahme von Präsident Xi Jinping im Jahr 2013 wurde die chinesische Außenpolitik immer aggressiver. Offen droht die chinesische Regierung mit einer Invasion der Inselrepublik Taiwan und meldet im Südchinesischen Meer völkerrechtswidrige Gebietsansprüche an. Das führt zunehmend zu Konflikten und militärischen Muskelspielen, vor allem zwischen China und den USA.

Für Deutschland sind all diese Entwicklungen ein Alarmsignal. Die China-Strategie der Bundesregierung soll dieser Einschätzung Rechnung tragen.

Was steht in der China-Strategie?

"Mit der China-Strategie geben wir uns für unsere Beziehungen den Kompass", erklärte Außenministerin Baerbock am Donnerstag auf Twitter. Mit der neuen Strategie sende die Bundesregierung eine Botschaft: "Wir wollen mit China zusammenarbeiten." Baerbock weiter: "Denn wir brauchen China, aber China braucht auch uns in Europa."

Die China-Strategie besitzt keine Gesetzeskraft, soll aber als Orientierung für die künftige Ausgestaltung der Beziehungen zu Peking dienen. Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP hatten die Ausarbeitung der China-Strategie bereits im Herbst 2021 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Mit ihrer ersten China-Strategie reagiere die Bundesregierung darauf, dass sich China geändert habe – "und deswegen muss sich auch unsere China-Politik verändern", sagte Baerbock am Donnerstag in Berlin. "Wir zeigen zugleich, dass wir realistisch sind, aber nicht naiv."

Die Strategie berührt sicherheitspolitische Fragen ebenso wie Fragen der Wirtschaftsbeziehungen und der Einhaltung von Menschenrechten. Ein Überblick.

1. Weitere Zusammenarbeit mit China

Es geht für Deutschland im Prinzip darum, trotz aller Konflikte mit China einen Weg der Zusammenarbeit mit der Volksrepublik zu finden. In dem Papier steht: Die "systemische Rivalität" mit China bedeute nicht, dass keine Zusammenarbeit möglich sei. "Im Gegenteil: Die Bundesregierung sucht die Zusammenarbeit, zu fairen Bedingungen."

Die China-Strategie weist in dem Zusammenhang auf den verstärkten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Austausch mit China hin, von dem Deutschland und Europa sehr profitiert hätten. "Dem wachsenden Wohlstand und den Erfolgen bei der Armutsbekämpfung in China stehen Rückschritte bei bürgerlichen und politischen Rechten gegenüber", heißt es in dem Dokument weiter.

2. Deutsche Wirtschaftsbeziehungen zu China

Die Bundesregierung will aber mit ihrer neuen China-Strategie vor allem auch die deutsche Wirtschaft stärker in die Pflicht nehmen. Jene Unternehmen, "die sich in hohem Maße vom chinesischen Markt abhängig machen", müssten "in Zukunft das finanzielle Risiko verstärkt selbst tragen", sagte Baerbock am Donnerstag. Zu dieser Strategie gehöre, "dass die Verantwortlichkeiten für riskante unternehmerische Entscheidung klar bleiben".

Es ist der eigentliche Kern des Papiers: Die Bundesregierung appelliert an Unternehmen, ihre Wertschöpfungsketten breiter aufzustellen und sich eben nicht in eine existenzielle Abhängigkeit zu China zu begeben oder bereits bestehende Abhängigkeiten zu lösen. Es werde auf Dauer nicht funktionieren, wenn Unternehmen "in guten Zeiten auf die unsichtbare Hand des Marktes vertrauen und in schwierigen Zeiten, in Krisenzeiten nach dem starken Arm des Staates verlangen", sagte Baerbock in einer Rede vor dem auf China-Studien spezialisierten Merics-Institut in Berlin.

Einer der zentralen Punkte der Strategie sei das "De-Risking" – also das Bemühen, einseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten von China abzubauen und damit das Risiko für Deutschland zu mindern. Keineswegs werde aber eine wirtschaftliche Abkoppelung von China anvisiert, betonte die Ministerin.

Ein weiteres Ziel der Strategie sei der Ausbau von "Rohstoffpartnerschaften" außerhalb Chinas – etwa in Afrika, Lateinamerika oder dem Indopazifik, sagte Baerbock. Sie wies darauf hin, dass die EU 98 Prozent der Seltenen Erden für Elektromotoren und Generatoren aus China importiere. Dies müsse sich ändern.

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3. Kampf gegen chinesische Spionage

Die Bundesregierung kündigt einen harten Kurs gegen chinesische Spionage an. "Die gegen Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten nehmen insbesondere im Cyberraum immer weiter zu", heißt es dazu in dem Papier. "Wir treten jeglichen analogen und digitalen Spionage- und Sabotageaktivitäten chinesischer Dienste sowie staatlich gesteuerter Gruppierungen in und gegen Deutschland entschieden entgegen."

Die Bundesregierung werde sicherstellen, dass Deutschlands Souveränität nicht durch Repression gegen hier lebende chinesische Staatsangehörige verletzt werde. "Dies gilt insbesondere für sogenannte 'Überseepolizeistationen' und andere Einrichtungen,
die ähnliche Zielsetzungen verfolgen. Wir treffen national und auf europäischer Ebene geeignete Gegenmaßnahmen."

4. China und Menschenrechte

Im Strategiepapier wirft die Bundesregierung der Regierung in Peking vor, Menschenrechte zu relativieren und mit ihrer Machtpolitik im Indopazifik das Völkerrecht auszuhebeln. "Mit Sorge betrachtet die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen und dabei auch Grundfesten der regelbasierten Ordnung, wie bspw. die Stellung der Menschenrechte, zu relativieren", heißt es.

Im Indopazifik beanspruche China immer offensiver eine regionale Vormachtstellung und stelle dabei völkerrechtliche Grundsätze infrage. "Seine Wirtschaftskraft setzt China gezielt ein, um seine politischen Ziele zu verwirklichen. Chinas Beziehungen zu vielen Staaten in seiner Nachbarschaft und darüber hinaus haben sich durch dieses robuste Vorgehen sehr verschlechtert." Die Bundesregierung weist auch darauf hin, dass Chinas Entscheidung, das Verhältnis zu Russland auszubauen, für Deutschland von unmittelbarer sicherheitspolitischer Bedeutung sei.

5. Taiwan

Die Bundesregierung will außerdem die Beziehungen zu Taiwan ausbauen, ihre sogenannte Ein-China-Politik aber nicht ändern. "Die Ein-China-Politik bleibt Grundlage unseres Handelns. Diplomatische Beziehungen bestehen nur mit der Volksrepublik China", schreibt die Ampel in der Strategie. Deutschland unterhalte mit Taiwan aber in vielen Bereichen enge und gute Beziehungen und wolle diese auch erweitern. Man unterstütze zudem "die sachbezogene Teilnahme" des demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen.

Die Bundesregierung warnt in der Strategie aber auch vor einer chinesischen Invasion in Taiwan. "Eine Veränderung des Status quo in der Straße von Taiwan darf nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Eine militärische Eskalation würde auch deutsche und europäische Interessen berühren."

Verwendete Quellen
  • ifw-kiel.de: Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China: Bei einzelnen Produkten kritisch
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, rtr und afp
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