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"Ein Schlag gegen Putin in Russland": Getöteter Militärblogger


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Russischer Kriegsblogger getötet
Das ist für Putin fatal


Aktualisiert am 04.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Militärblogger getötet: Video soll Moment vor der Explosion zeigen. (Quelle: t-online)
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Der Anschlag auf Kriegsblogger Wladlen Tatarskij in St. Petersburg löst Spekulationen aus. Sein Tod ist ein fatales Signal für Kremlchef Wladimir Putin.

Er verbreitete Hass im Netz und warb für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Nun ist der bekannte russische Militärblogger Wladlen Tatarskij tot. In einem Café in Sankt Petersburg – ein bekannter Treffpunkt für Kriegsunterstützer – detonierte am Sonntag eine Bombe. Tatarskij sei sofort tot gewesen, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Tass.

Wer steckt hinter dem Attentat? Und was bedeutet Tatarskijs Tod für Putins Machtgefüge?

Zu den möglichen Drahtziehern des Attentats gibt es zahlreiche Spekulationen. Tatarskij war ein Steigbügelhalter für Wladimir Putins Kriegsnarrativ und durch seine große Reichweite sehr nützlich für den Kreml. Deshalb ist sein Tod vor allem für die Ukraine von Nutzen. Aber auch in Russland war der Kriegsblogger umstritten, weil er die russische Armee für ihre Misserfolge in der Ukraine teilweise scharf kritisierte.

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Nur eines ist klar: Für Kremlchef Putin ist das Attentat ein fatales Zeichen. Entweder es operieren ukrainische Kräfte auf russischem Staatsgebiet und die Sicherheitskräfte sind nicht mehr in der Lage, Anschläge zu verhindern. Oder die inneren Konflikte in Russland lassen sich vom Kreml immer schwerer unter Kontrolle bringen. In jedem Fall ist der Tod Tatarskijs ein Angriff auf Putins Propaganda-Front.

Wer hat Tatarskij getötet?

Die Propagandisten des Kremls waren sich schnell einig, dass Kiew hinter dem Mordanschlag auf Tatarskij stecke. Aus seinem Hass auf die Ukraine hat Maxim Fomin, wie der rechtsextreme Kriegsblogger eigentlich hieß, schließlich nie einen Hehl gemacht. Vor allem russische Nationalisten jubelten Tatarskij zu, wenn er auf Telegram noch härtere Angriffe gegen die ukrainische Bevölkerung forderte. (Wer war Tatarskij? Ein Porträt)

Nun haben die russischen Propagandisten Angst – schließlich könnte es am Ende auch sie treffen. "In Russland ist man nicht vor seinen eigenen Leuten geschützt, geschweige denn vor Fremden", schrieb etwa der Propagandist Wladislaw Pozdnyakow am Sonntag auf Telegram. Die russischen Militärblogger sind besorgt und kritisieren die russischen Sicherheitsbehörden dafür, dass sie nicht beschützt werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

Dabei ist noch völlig unklar, ob die Ukraine hinter dem Anschlag steckt. Es gibt noch keine Ermittlungsergebnisse, und russische Veröffentlichungen stehen natürlich im Schatten der Kriegspropaganda. Viele Experten halten eine Verwicklung von Kiew aber für wahrscheinlich. "Es erinnert sehr an das Attentat auf Daria Dugina im vergangenen Jahr, wo dann auch eine ukrainische Täterschaft festgestellt wurde", sagt Politikwissenschaftler Gerhard Mangott im Gespräch mit t-online. Dugina, Bloggerin und Tochter des faschistischen russischen Ideologen Alexander Dugin, wurde im August 2022 von einer Autobombe getötet.

Gerhard Mangott ist Professor für Politikwissenschaft mit den Schwerpunkten Internationale Beziehungen und Sicherheit im postsowjetischen Raum an der Universität Innsbruck.

Das lässt natürlich andere Propagandisten fürchten, möglicherweise auch auf der Abschussliste zu stehen. Tatarskij gehörte zu den bekanntesten Kriegsbloggern, hatte über eine halbe Million Abonnenten auf Telegram. "Wladlen Tatarskij war ein Kriegsbefürworter und hat selbst gekämpft. Aber er war auch ein Kritiker der russischen Militärführung, der er Unvermögen und Versagen vorgeworfen hat", meint Mangott. Aber: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die russische Führung den Militärblogger auf diese Weise ausschaltet. Dass der Anschlag von einer russischen Widerstandsgruppe verübt sein soll, daran habe ich meine Zweifel."

"Akt des Ungehorsams gegenüber den USA"?

In der Tat spricht viel dagegen. Würde der Kreml einen Anschlag auf einen "patriotischen Abend" in einem Café zulassen, bei dem auch noch 32 weitere Menschen verletzt wurden, die sich dort regelmäßig unter dem "Z"-Symbol versammelten? Das ist eher unwahrscheinlich. Für Putin sind Blogger wie Tatarskij nützlich, und wenn er sie hätte einschüchtern wollen, hätten sie Besuch vom russischen Geheimdienst FSB bekommen oder man hätte sie gefangen nehmen lassen.

Ein Tatmotiv hätten dagegen ukrainische Kräfte. "Das ist ein Schlag gegen Putins Szene in Russland, die seinen Krieg besonders propagiert und ideologisch unterfüttert", so Mangott. Insofern sei es für die Ukraine ein Zeichen: ein "unsympathischer Mensch", der zu Gewalt und Hass gegen die Ukraine aufgerufen hat, wurde "ausgeschaltet". "Einen Agitator auszulöschen, der via Telegram sehr viele Leser erreicht, ist von symbolischer Bedeutung für die Ukraine."

Aber warum streitet Kiew jegliche Verwicklung in den Fall ab? Das hat wahrscheinlich zwei Gründe: Erstens kann die ukrainische Führung den Eindruck erwecken, dass die innere Sicherheit in Russland in Gefahr sei – das schwächt Putins Rückhalt in der russischen Gesellschaft. Andererseits sind derartige Operationen im westlichen Ausland umstritten. "Nach dem Attentat auf Dugina hatten angeblich die USA die Ukraine gewarnt, derartige Operationen auszuführen", sagt Mangott. "Wenn das stimmt und es nun wieder ukrainische Täter waren, dann war dies ein Akt des Ungehorsams der Ukraine gegenüber den Vereinigten Staaten."

"Keine Anzeichen für eine Widerstandsgruppe"

Trotzdem ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass russische Täter den Blogger getötet haben. "Er war eine prominente Figur unter den nationalistischen Kriegsbloggern, aber auch nicht mehr als andere", schreiben die Analysten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW). "Seine Ideologie und Aktivitäten unterschieden sich nicht von denen der meisten russischen Blogger, insofern war er niemand, der Kiews besondere Aufmerksamkeit verdient hätte.". Dem ISW zufolge galt der Anschlag womöglich eher dem Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin.

"Seine Ermordung könnte eine Warnung an Prigoschin sein, der die offizielle Linie des Kremls zum Ukraine-Krieg zuletzt immer häufiger infrage stellte", so das ISW. Tatsächlich hat sich Tatarskij in seinen Beiträgen auf Telegram häufig kritisch über das russische Verteidigungsministerium geäußert und eine härtere Art der Kriegsführung gegen die Ukraine gefordert – ganz im Sinne des Wagner-Chefs. Hinzu kommt, dass der Anschlag in einem Café verübt wurde, das Prigoschin gehört: "Tatarskij war an dem Tag noch auf einer anderen Veranstaltung, aber dort geschah nichts. Es sieht so aus, als sei das Café von Prigoschin gezielt ausgesucht worden", so das ISW.

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Der Wagner-Chef selbst widersprach auch umgehend der offiziellen Linie des Kremls zu dem Attentat. Er glaube nicht, dass das "Kiewer Regime" für Tatarskijs Tod verantwortlich sei, schrieb Prigoschin auf Telegram. Er vermute dahinter eine Gruppe von Radikalen, die mit der Regierung nichts zu tun habe – ob mit der russischen oder der ukrainischen, das ließ er offen. Das hält Politikwissenschaftler Mangott allerdings für unwahrscheinlich: "Es gibt keine Anzeichen für eine Widerstandsgruppe, die gegen Putin in Russland operiert", erklärt er t-online. "Der russische Oppositionelle Ilya Ponomarjow spricht zwar aus Kiew immer über eine bewaffnete Untergrundbewegung in Russland. Aber dafür gibt es keine Belege, und es ist wahrscheinlich, dass er das erfindet."

Letztlich bleibt unklar, wer für das Attentat verantwortlich ist. Beide Seiten, ukrainische und russische Kräfte, hätten theoretisch Motive und gleichzeitig ein Interesse an Intransparenz. Vor diesem Hintergrund muss auch die Verhaftung von Darja Trepowa gewertet werden. Für die russischen Behörden sei die Frau für das Bombenattentat verantwortlich, aber über sie ist wenig bekannt. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Putin nun möglichst einen Sündenbock braucht. Er muss dem Anschein entgegenwirken, die Situation nicht unter Kontrolle zu haben. Sonst wirkt er schwach.

Verwendete Quellen
  • understandingwar.org: Russian Offensive Campaign Assessment, April 2 (englisch; Stand: 3. April 2023)
  • Eigene Recherche auf Telegram
  • tass.ru: В Петербурге при взрыве в кафе "Стрит-фуд бар № 1" погиб военкор Владлен Татарский (rus.)
  • ria.ru: В МВД подтвердили гибель Владлена Татарского при взрыве в кафе в Петербурге (rus.)
  • Eigene Recherche
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